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Motorrad Vergleich: Indian Challenger Dark Horse, BMW R18 B und Harley-Davidson Road Glide ST, Test, PS, Preis

Riesenhubraum, mächtiges Drehmoment, fetter Auftritt: Die Bagger von Indian, BMW und Harley- Davidson stehen für gelassenes Cruisen mit kleinem Gepäck. Welches der Dickschiffe hält den Kurs?

Leichtmatrosen haben auf diesen Luxusdampfern nichts verloren. Bagger gehören zur Königsklasse der bekofferten Cruiser. Elegant, edel, ausladend – die wichtigsten Vertreter dieses Segments sind optisch eine Klasse für sich. Auch wenn sie aus unterschiedlichem Holz geschnitzt sind. Indian schickt mit Springfield, Chieftain und der von uns getesteten Challenger gleich drei Modelle ins Rennen. Harley-Davidson hält mit Road Glide ST und Street Glide ST dagegen. BMW Motorrad fährt beiden mit der BMW R 18 B in die Parade. In puncto Hubraum und Drehmoment stinkt nur ein einziges Großserienmodell (Triumph Rocket 3, 2500 cm3, 221 Nm) gegen sie an. Indian bestückt die Challenger Dark Horse (nahezu alle Anbauteile sind mattschwarz) mit seinem 1768 cm3 großen PowerPlus-Twin, 121 PS (90 kW) und 178 Nm bei 3800 Umdrehungen pro Minute. BMW Motorrad setzt auf den größten Boxermotor in der Geschichte des Unternehmens – 1802 cm3, 91 PS (67 kW) und 158 Nm bei 3000 Touren. motorrad vergleich: indian challenger dark horse, bmw r18 b und harley-davidson road glide st, test, ps, preis

Die übersieht keiner im Rückspiegel: Das Bagger-Trio macht auf dicke Hose.


Harley-Davidson toppt hubraummäßg alles mit seinem Milwaukee Eight 117 V-Twin: 1923 cm3, dazu 105 PS (77 kW) und 168 Nm bei 3500/min. Derart bestückt, sind die drei Bagger leistungsmäßig – trotz ihres Gewichts von bis zu fast 400 Kilogramm – über jeden Zweifel erhaben. Einmal in Fahrt, bewegen sie sich mit der Leichtigkeit eines Zehnkämpfers durch den Verkehr. Für ein sicheres Fahrgefühl sorgt nicht zuletzt die geringe Sitzhöhe: 672 Millimeter sind es bei der Indian, 715 mm bei der Harley, 720 mm bei der BMW. Beide Füße auf den Boden zu bringen, ist also kein Problem. Auf zum Vergleich! (Das sind die heißesten Motorrad-Neuheiten fürs Jahr 2023)

Sitzen und Ergonomie

Lässig nach vorn gestreckte Beine – das gehört für eingefleischte Cruiserfans untrennbar zur artgerechten Fortbewegung auf einem schweren US-Bike. Indian macht hier so gesehen alles richtig: Als einzige Maschine in unserem Bagger-Vergleich setzt die Challenger auf lange Haxen, die zudem stilecht auf großzügig bemessenen Trittbrettern ruhen. Harley-Davidson hat bei der Road Glide ST ebenfalls ab Werk Trittbretter montiert. Sie fallen allerdings kürzer aus als bei der Indian – und befinden sich eine Nuance weiter hinten und gefühlt weiter oben. Dem Sitzkomfort schadet das nicht: Tief entspannt nehmen Biker:innen hinterm breiten Harley-Lenker Platz. Der neigt sich auffällig geschwungen weit und relativ tief gen Fahrersitz. Fast schiebt man die Road Glide damit durch die Kurven. Etwas eigentümlich, diese Haltung, aber durchaus reizvoll, weil sie gut zur knorrigen Harley passt. motorrad vergleich: indian challenger dark horse, bmw r18 b und harley-davidson road glide st, test, ps, preis

Indian und Harley-Davidson haben einen Touchscreen, BMW-Steuerung via Multi-Controller links am Lenker.


BMW Motorrad geht mit seiner BMW R 18 B einen eigenen Weg: Durch die mächtigen Boxerzylinder, die rechts und links seitenkofferweit herausragen, bleibt dem Fahrer nur die klassische Sitzposition – Beine gerade runter, wie bei allen BMW-Boxermaschinen. Das ist zwar grundsätzlich nicht schlecht, aber im Bagger-Segment schon ungewöhnlich. Wer auf der BMW die Beine lässig nach vorn strecken will, findet im Zubehör Trittbretter und Zylinderauflagen. Beides dient in erster Linie der Optik, den Fahrkomfort erhöhen sie nicht wirklich. Die Sitzbänke sind bei allen dreien ausgesprochen bequem ausgelegt – und bei Harley auf Solobetrieb.

Technik und Innovation

Den Technikvergleich der drei Bagger entscheidet BMW Motorrad für sich. Die R 18 B gehört zu den ganz wenigen Motorrädern, die bereits mit Abstandsradar geordert werden können (ACC, 500 Euro), eine Notruf-Funktion (automatisch und manuell) ist serienmäßig. Gegen Aufpreis gibt es unter anderem das empfehlenswerte Headlight Pro mit Tagfahrlicht und adaptivem Kurvenlicht (490 Euro) sowie eine praktische Rückfahrhilfe (980 Euro). Marshall-Soundsystem ist Serie, Zusatzboxen für die Seitenkoffer und mehr Bums kosten 750 Euro.
Indian berechnet für seinen adaptiven “Pathfinder” LED-Scheinwerfer inklusive Kurvenlicht-funktion 818 Euro extra, zwei LED-Zusatzscheinwerfer samt Halterung kosten weitere 623 Euro. motorrad vergleich: indian challenger dark horse, bmw r18 b und harley-davidson road glide st, test, ps, preis

Die zierliche Verkleidung der BMW R 18 B dreht beim Lenken mit.


Die elektronisch einstellbare Vorspannung der Hinterradaufhängung schlägt mit 1429 Euro zu Buche. Diskofans können die beiden Serienboxen in der Verkleidung durch eine Soundanlage mit 9-Band- Equalizer ersetzen (929 Euro) oder mit zwei PowerBand-Audio-Plus- Paketen für die Satteltaschen (3417 Euro) oder/und die untere Verkleidung (3359 Euro) richtig die Akustiksau rauslassen. So ausgestattet, liegt der Challenger-Neupreis flugs bei über 40.000 Euro. Harley-Davidson spendiert “Grand American Touring”-Modellen wie der Road Glide ST serienmäßig ein kurvenoptimiertes ABS samt Antriebsschlupfregelung, dazu das Boom!Box-GTS-Infotaimentsystem mit Farb-Touchscreen. Alle drei Bagger bieten Fahrmodi. Cooles Naming bei BMW: Rock, Roll, Rain.

  • Motor, Bauart/Zylinder: Boxer/2
  • Hubraum: 1802 cm³
  • kW (PS) bei U/min: 67 (91)/4750
  • Nm bei U/min: 158/3000
  • Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
  • Antrieb: Kardan
  • Bremsen vorn/hinten: 2x 300-mm-Scheibe/300 mm
  • Reifen vorn/hinten: 120/70 R 19 / 180/65 B 16
  • Gewicht: 398 kg
  • Sitzhöhe: 72 cm
  • Preis (exkl. Auslieferung): 27.760 Euro


Design und Details

Alle Wege führen nach Rom. Das gilt auch für die Bedienung der Road Glide ST. Rechts und links am Lenker sitzt jeweils ein kleiner Joystick, mit dem im Bordmenü vor- und zurückgesurft werden kann. Dazu gibt es eine Sprachbedienung via gekoppeltem Smartphone sowie on top den Touchscreen mit integrierter Navigation. Der thront oberhalb des großen runden Tachos und Drehzahlmessers. Rechts und links vom Touchscreen hat Harley noch Voltmesser und Tankanzeige platziert, fertig ist die urig-funktionale Kommandozentrale mit Handmade- Charme. Zum Leben erweckt wird sie mit einem knorrig-klobigen Drehschalter, der auch das Lenkerschloss aktiviert. motorrad vergleich: indian challenger dark horse, bmw r18 b und harley-davidson road glide st, test, ps, preis

117 – diese Zahl zeigt: Hier schlägt der große Milwaukee Eight. Verbrauch: 6,2 l/ 100 km.


Das Indian-Cockpit wirkt im Vergleich aufgeräumt und kompakt. Oben unter dem elektrisch einstellbaren Windschild sitzen zwei klar gezeichnete, gut ablesbare Rundinstrumente für Tempo und Drehzahl. Beide haben ein kleines Display, das über Relevantes wie Tankstand, eingelegten Gang und Kilometerstand informiert. Darunter, großformatig und mit fünf Direktwahltasten gesegnet, der Touchscreen: vollfarbig, sieben Zoll groß, mit bildschirmfüllender Routenführung. Apple-User können per Apple CarPlay den Bildschirm kapern und Maps, Siri etc. nutzen. BMW hält auch bei der Bagger an seinem Multi-Controller fest. Das Dreh- und Drückrad am linken Lenkerende regelt alles von der Lautstärke bis zur Einstellung der Assistenzsysteme. Navigiert wird über die BMW Motorrad Connected App. Das 10,25 Zoll große Farb- TFT-Display bietet gefühlt die beste Auflösung – und betont die hochwertige Gesamtanmutung der detailverliebten BMW.

Motor und Sound

Bescheidenheit ist Baggern fremd. Das gilt auch für den Sound. Wer so pompös aussieht, darf sich auch schon von Weitem ankündigen, lautet die Losung bei allen dreien. Und mit Verlaub: Wer so viel Power zwischen den Rädern hat, der braucht auch nicht zu flüstern. Das wäre geradezu albern. Gleichwohl halten sich alle drei beim Fahrgeräusch vornehm zurück: 74 dB(A) sind es bei der Indian Challenger, 75 bei der BMW R 18 B, 76 bei der Harley-Davidson Road Glide ST. motorrad vergleich: indian challenger dark horse, bmw r18 b und harley-davidson road glide st, test, ps, preis

Schwergewichte unter sich: Die BMW wiegt vollgetankt 398 kg, die Harley-Davidson 382 kg, die Indian 377 kg.


Im Stand liegen alle drei im tolerablen Bereich: Harley begnügt sich mit 91 dB(A), Indian mit 93, BMW bollert mit 95 Dezibel. Auch in puncto Höchstgeschwindigkeit heimst BMW Motorrad den höchsten Wert ein: 180 km/h Spitze steht in den Papieren. Indian gibt die Challenger Dark Horse mit 177 km/h an, Harley-Davidson bescheinigt der Road Glide ST 175 km/h Spitze. Mehr als genug für diese Art von Motorrädern. Die Art und Weise, wie die drei Bagger losstürmen, ist einfach nur beeindruckend – aus dem Stand wie auch in Fahrt: rau und urwüchsig die Harley, unbändig die BMW, erstaunlich kultiviert die Indian. Die Challenger verkneift sich die Milwaukee-Vibrationen der Road Glide ST und den Big- Boxer-Hüftschwung der “Berlin Built”-BMW R 18 B. Arme langziehen ist bei allen drei gesetzt. Wer zwischendurch nicht wenigstens einmal laut “Yiehaa” schreit, hat keinerlei Gespür für Kraftübertragung. Bei BMW erfolgt die per Kardan, bei Indian per Zahnriemen, bei Harley-Davidson per Kette. Sechs Gänge sind Ehrensache.

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