Arbeiten an der neuen Rheinbrücke bei Duisburg im November 2023
Die Modernisierung von Autobahnen und maroden Brücken wird in den kommenden Jahren deutlich teurer als bisher gedacht. Nach internen Berechnungen der Autobahn GmbH fehlen in den kommenden vier Jahren insgesamt rund 9,7 Milliarden Euro für Neu- und Ausbau, Erhalt und Betrieb aller Bundesfernstraßen. Dies hat das bundeseigene Unternehmen der F.A.Z. auf Anfrage mitgeteilt. Grund für den Kostenschub ist vor allem das Brückenmodernisierungsprogramm, mit dem Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) in den nächsten Jahren rund 4500 marode Bauwerke sanieren muss.
Damit reiht sich der Straßenverkehr in die lange Liste von Infrastrukturvorhaben, für die die Mittel aus dem Bundeshaushalt erhöht werden müssten. Schon seit Monaten ist der Investitionsstau beim Schienennetz der Deutschen Bahn ein großes Gesprächsthema. In den kommenden Jahren stellt der Bund dafür mehr als 30 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung. Aber bei vielen Autobahnbrücken ist die Lage ähnlich schwierig. Als Mahnung dient in diesem Zusammenhang stets die Rahmedetalbrücke, die im Dezember 2021 aus Sicherheitsgründen von einem Tag auf den anderen für den Autobahnverkehr gesperrt werden musste und seitdem das Leben der Anwohner stark und anhaltend beeinträchtigt. Der Verkehr wird seitdem unter anderem durch die Stadt Lüdenscheid umgeleitet. Im vergangenen Mai wurde das marode Bauwerk gesprengt, seitdem laufen die Arbeiten für einen Neubau.
Infrastrukturfonds als Lösung?
Nach der Bahn meldet deshalb jetzt auch die Autobahn GmbH Mehrbedarf an. Neben der Lücke bei der Finanzierung der Brücken gibt es auch bei den Bundesstraßen zusätzlichen Bedarf, so ist die Finanzierung der Fehmarnsundquerung im Zusammenhang mit dem Ausbau der B 207 nicht geklärt. Dazu seien zusätzliche Mittel erforderlich. Den internen Berechnungen zufolge fehlen bei allen Bundesfernstraßen schon im nächsten Jahr 1,3 Milliarden Euro, bis zum Jahr 2028 wird der Bedarf um 3,4 Milliarden Euro wachsen. Die derzeit schwächelnde Wirtschaft könnte die Lage noch verschärfen, wenn der Bund deutlich weniger Geld mit der Lkw-Maut einnimmt als geplant: Im vergangenen Jahr waren es 426 Millionen Euro weniger.
Die fehlenden Haushaltsmittel dürften die bestehenden Probleme bei der Brückensanierung noch weiter verschlimmern. Anfang Januar schlug der Bundesrechnungshof Alarm und warnte, dass das Bundesverkehrsministerium die ehrgeizigen Ziele in seinem Brückenmodernisierungsprogramm verfehlen werde. Die zuständige Autobahn GmbH sei personell nicht in der Lage, diese zu erreichen. Außerdem bearbeite das Unternehmen zu viele andere, weniger dringliche Projekte. Auch beim Bedarf gehen die Meinungen auseinander: Nach Auffassung des Bundesrechnungshofs sind mit mehr als 5000 Bauwerken auch mehr Brücken vom Verfall bedroht als nach den bisherigen Plänen des Verkehrsministeriums.
„Die Brückenmodernisierung ist die derzeit dringendste Aufgabe der Autobahn GmbH für die Straßenverkehrsinfrastruktur. Sie muss personell und finanziell in die Lage versetzt werden, diese Aufgabe zu bewältigen“, heißt es in einem Bericht der Kontrolleure. Beides könne der Deutsche Bundestag unterstützen. Er könnte einerseits Haushaltsmittel für zusätzliche Stellen bei der Autobahn GmbH bewilligen und andererseits mehr Haushaltsmittel für die Erhaltung zur Verfügung stellen. Zur Gegenfinanzierung könnte der Haushaltsgesetzgeber beim Neu- und Ausbau sparen. Gelinge es der Autobahn GmbH nicht, umzusteuern, drohten weitere Autobahnsperrungen – mit Konsequenzen für Pendler und Anwohner.