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Zukunftsforscher Tristan Horx - „Die Generation Z ist entweder sehr woke oder will einen Lamborghini“

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Die Generation Z will, dass sich Leistung lohnt – sagt Zukunftsforscher Tristan Horx IMAGO/Westend61

Über die Generation Z sind viele Ansichten im Umlauf, insbesondere, sie wäre faul und würde Arbeit nicht besonders ernstnehmen. Der Zukunftsforscher Tristan Horx mag das so nicht bestätigen und erklärt im Interview, was die Post-Millenials wirklich antreibt und wie wir alle auf absehbare Zeit arbeiten werden.

FOCUS online: Herr Horx, die Generation Z, also die zwischen 1995 und 2010 Geborenen, hat noch sehr viel Zukunft vor sich. In der öffentlichen Wahrnehmung gilt sie allerdings als faul, arbeitsunwillig und freizeitorientiert. Stimmt das Klischee?

Tristan Horx: Das hat man bis zur Antike zurück immer über die nächste Generation gesagt. Diese Skepsis wiederum ist nur allzu menschlich und kommt wahrscheinlich daher, dass man weiß, eines Tages nur ein Tourist in der Welt der Nachfolger zu sein.

Was zeichnet junge Menschen aus?

Horx: Die jüngere Generation hat einfach diesen Drang zur Rebellion und auch zum Hinterfragen von bestehenden Modellen. Das führt dann zu Irritationen bei den Älteren, die sich nicht wirklich damit auseinandersetzen wollen, sondern lieber die genannten Stereotype bedienen. Das hängt heute auch damit zusammen, dass die Älteren sehr erfolgreich mit traditionellen Arbeitsmodellen gefahren sind. Also acht Stunden am Tag, 40 Stunden die Woche, Büro und kein Homeoffice.

Was will die Gen Z wirklich?

Horx: Die Gen Z will, wie alle anderen Generationen auch, dass sich Leistung lohnt. Was die Bildungsstandards betrifft, ist das die höchstinformierte Generation, die es jemals gab. Die sind verdammt smart, haben das halbe Wissen des Internets aufgesogen und wollen entgegen dem Klischee nicht auf der faulen Haut liegen, sondern Leistung bringen.zukunftsforscher tristan horx - „die generation z ist entweder sehr woke oder will einen lamborghini“

Zukunftsforscher Tristan Horx www.tristan-horx.com / Klaus Vyhnalek, www.vyhnalek.com

Wie homogen ist diese Gruppe?

Horx: Sie ist in der Tat sehr heterogen. Die Generation Z ist entweder sehr „woke“ oder will einen Lamborghini. Insofern ist es eigentlich gar nicht möglich, eine ganze Generation über einen Kamm zu scheren.

Quiet Quitting: „Ich finde: Wenn man gehen will, sollte man laut gehen“

Die Babyboomer gehen bald in den Ruhestand oder sind es schon, die Gen Z drängt auf den Arbeitsmarkt. Was erwartet sie dort?

Horx: Der Arbeitsmarkt befindet sich aktuell in einem massiven Wandel. Die neueste Entwicklung geht dahin, dass die Arbeitnehmer vorgeben können, was sie wollen und brauchen. Es gibt aufgrund des demografischen Wandels schlichtweg zu wenige Junge, die den vielen Älteren folgen könnten. Das stärkt die Verhandlungsbasis enorm. Mich stimmt das dahingehend optimistisch, dass sich die Arbeitswelt den Bedürfnissen des Einzelnen anpasst.

Wir erleben also gerade eine Verschiebung?

Horx: Die Generation Y, also meine Generation, hat vergeblich versucht, mehr Vertrauen, mehr Sinn und Flexibilität in die Arbeitswelt zu bringen. Die Gen Z hat dieses Scheitern aufmerksam registriert und daraus abgeleitet, nicht alles der Arbeit unterzuordnen und beispielsweise knallhart um 17 Uhr den Stift fallen zu lassen und in den Feierabend zu starten. Für mich ist das aber eine Trotzreaktion und wird sich mit der Zeit auch wieder legen.

Ist Trotzreaktion das deutsche Wort für Quiet Quitting?

Horx: Im Grunde ist Quiet Quitting eine Form von Resignation. Dieses Phänomen gibt es sehr wohl. Nach dem Motto: Ich sitze meine acht Stunden ab und dann will ich meine Ruhe. Das ist jedoch sehr gefährlich und geht teilweise so weit, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitgeber aktiv sabotieren, weil sie so frustriert wird. Ich finde: Wenn man gehen will, sollte man laut gehen. Damit sich vielleicht in Zukunft etwas zum Besseren ändert.

Wie sieht die Arbeitswelt der Zukunft aus?

Horx: Lassen Sie uns vom Jahr 2040 ausgehen. Automatisierung und Digitalisierung werden dann immer mehr Berufe durchdrungen haben. Künstliche Intelligenz wie etwa ChatGPT wird ein wesentlicher Faktor der Arbeitswelt sein. Das Interessante daran ist, dass neue Technologien diesmal nicht die Berufe im unteren Einkommenssegment bedrohen, sondern im oberen.

Das heißt?

Horx: Ihr Beruf, mein Beruf sind in der Tat bedroht, nicht aber der der Kindergärtnerin oder Krankenpflegerin. Der Markt wird richtig aufgemischt. Bis 2040 werden wir aber aufgrund der Automatisierung in absoluten Zahlen weniger Arbeitszeit haben. Alle Studien zeigen ohnehin, dass in kreativen Berufen die Produktivität nach vier Stunden nachlässt. Weniger ist mehr.

„Bin sicher, dass wir bald nur noch 30 Stunden pro Woche arbeiten“

Wie lange werden wir im Jahr 2040 arbeiten?

Horx: Arbeiten nach Zeit ist mir eigentlich viel zu schematisch. Aber wenn man mal in dieser Logik bleiben möchte: Ich bin sicher, dass wir bald nur noch 30 Stunden pro Woche arbeiten. Immer mehr Berufe werden sich von abgesessener Zeit als Produktivitätsindikator abkoppeln.

Chefs, gerade solche im Mittelstand und bei kleineren, oft familiengeführten Unternehmen, ticken in der Regel vollkommen anders. Da sind doch die Konflikte programmiert?

Horx: Deswegen bin ich auch sehr viel beim Mittelstand unterwegs. Die merken natürlich extrem, dass sich die Boomer (Anm.d.Red: Nachkriegsjahrgänge bis 1964) in den Ruhestand verabschieden und es erhebliche Probleme gibt, die Stellen adäquat nachzubesetzen. Weil einfach zu wenig Flexibilität und zu sehr auf pure Anwesenheit geachtet wird. Dadurch verspielt der Mittelstand seinen Vorteil der Agilität. So manch große Player sind da viel weiter, weil sie wissen, was sie ihren Mitarbeitenden bieten müssen.

„Die Boomer haben unwahrscheinlich viel vorangebracht“

„Boomer“ wird von der Generation Z als Schimpfwort gebraucht. Warum?

Horx: Die Boomer haben unwahrscheinlich viel vorangebracht. Beispielsweise was Frauenrechte betrifft, was die Rechte von Homosexuellen betrifft oder den Umweltschutz. Wir stehen auf den Schultern von Giganten. Das Problem ist, dass die Generationen untereinander wenig Berührungspunkte haben und sich deshalb misstrauisch beäugen und gegenseitig diskreditieren.

Wie könnte man das ändern?

Horx: Man könnte zum Beispiel in Unternehmen eine Generationenquote einführen. Heißt: Auf der Führungsebene muss jemand aus der Generation Z oder Y sein – auf Augenhöhe. Das würde ich auch der Politik empfehlen. Eine Geschlechterparität gibt es ja schon. Für die Parteien ist das aber leider nicht sehr interessant, weil wir so einen Überhang an älteren Menschen haben. Eine zweite Möglichkeit wäre, einen Generationenübersetzer in Unternehmen zu etablieren. Denn: Wir wollen eigentlich alle dasselbe, nur kommunizieren brachial aneinander vorbei und tragen deshalb Scheinkonflikte aus.

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