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WMC: Mehr als nur Smartphones

wmc: mehr als nur smartphones

Mobilfunk im Mittelpunkt: Am Messegelände in Barcelona, wo dieser Tage mal wieder der MWC stattfindet

In Deutschland funken die digitalen Handynetze seit gut drei Jahrzehnten, fast jeder besitzt heute ein Smartphone mit Onlinezugang. Doch erst Corona hat nach Einschätzung der Unternehmen gezeigt, dass ohne Smartphone offenbar gar nichts mehr geht. „Mobilfunk hat es uns allen wirklich ermöglicht, die Pandemie irgendwie zu überleben“, schwärmt John Hoffman vom Branchenverband GSMA, der die Interessen von Mobilfunkanbietern, Netzwerkherstellern und Geräteproduzenten weltweit vertritt. Oh­ne die Mobilplattformen keine Ausbildung der Kinder und keine Möglichkeit, Geschäfte zu machen – so stellt sich eine Industrie als überlebenswichtig dar.

Entsprechend zuversichtlich geht man den Mobile World Congress an, die größte Mobilfunkmesse der Welt, die am Montag in Barcelona beginnt. Es ist eine Veranstaltung auf dem Weg zurück zu alter Pracht. Doch die Vor-Pandemie-Größe ist noch längst nicht wieder er­reicht. Vier Jahre ist es her, dass der MWC im normalen Rahmen stattfand mit deutlich mehr als 100.000 Fachbe­suchern. 2020 wurde er abgesagt, 2021 und 2022 erheblich abgespeckt abgehalten. Dieses Mal hofft man auf immerhin 80.000 Besucher in der katalanischen Metropole, mehr als 2000 Aussteller aus 180 bis 190 Ländern und gut 1000 Kongresssprecher.

So sehr die Branche im Vorfeld trommelt: Die Probleme bleiben die alten. Seit vielen Jahren klagen die Telekommunikationsanbieter, dass sie zu kurz kommen. Zwar stellen Mobilfunknetze für die Wirtschaft einen enormen und immer größeren Wert dar, doch bei den Betreibern der Infrastruktur macht sich das geschäftlich nicht bemerkbar. Als Maßzahl gilt der durchschnittliche Um­satz je Nutzer, kurz Arpu. Er liegt bei 7,99 Dollar monatlich, doch die Tendenz weist nach unten, und dies seit Jahren. „Die Vorteile der Mobilfunknetze sind unverhältnismäßig stark an die Dienste von Drittanbietern geflossen, die auf den Netzen aufbauen, und nicht an die Netzbetreiber selbst“, sagt Analyst John Strand.

Datenverkehr hat sich in zwei Jahren verdoppelt

Wie rasch das Datenvolumen zu­nimmt, ermittelt regelmäßig der Netzausrüster Ericsson in seinem „Mobility Report“. Nach den neuesten Zahlen hat sich allein zwischen dem dritten und dem vierten Quartal 2022 der Datenverkehr in den Mobilfunknetzen um 10 Prozent gesteigert. „In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass sich der Datenverkehr in den Mobilfunknetzen in nur zwei Jahren verdoppelt hat“, konstatiert Ericsson.

Das verwundert kaum, wenn man betrachtet, wie mobiles Internet inzwischen Alltag geworden nicht. Der deutsche Digitalverband Bitkom hat ermittelt, das praktisch alle Nutzer eines Smartphones mit diesem Gerät auch ins Internet gehen – nur 4 Prozent nicht, und zu dieser Quote gehören vor allem Senioren. Eine Mehrheit von 47 Prozent gab in einer Umfrage an, das monatliche Inklusiv-Datenvolumen reiche nicht aus. Im Durchschnitt verfügen deutsche Nutzer über ein Datenvolumen von 5,5 Gi­gabyte. „Vor allem die steigende Nutzung von Videostreaming und der Trend zu Videotelefonie sorgen für immer hö­here Erwartungen der Menschen an ei­ne zuverlässige und schnelle Mobilfunkversorgung“, sagt der Deutschlandchef des Mobilfunkers Telefónica, Markus Haas. Wie angesichts dessen zwischen Anbietern wie Netflix oder Instagram und den Telekom-Unternehmen ein Ausgleich geschaffen werden kann, das dürfte abermals ein Thema in Barcelona sein. Voraussichtlich eines, das wie schon seit einem Jahrzehnt auch nach dem MWC weiter einer Lösung harrt, die alle Seiten zufriedenstellt.

Falthandys sollen in Zukunft eine größere Rolle spielen

Auf der Mobilfunkmesse geht es jedoch nicht nur um trockene regulatorische Fragen. Im Blickpunkt stehen wie immer auch die neuesten Smartphones. Manche Anbieter haben ihre Flaggschiffprodukte schon vorher präsentiert, darunter der Marktführer Samsung mit seiner Galaxy-S23-Reihe. Manche suchen in Barce­lona die große Öffentlichkeit. Dort warten auf die Besucher nicht nur die Standardformen, sondern auch Falthandys. Dieses bisher teure Nischendesign dürfte nach Einschätzung führender Branchenmanager – wie Samsungs Smartphone-Chef TM Roh – eine immer wichtigere Rolle auf dem Markt spielen. Unter anderem setzt die einstige Huawei-Marke Honor auf Foldables und stellt in Barcelona ein entsprechendes Modell vor.

Eines der Topthemen auf der Messe ist daneben der neue Mobilfunkstandard 5G, obwohl er eigentlich spätestens seit dem vergangenen Jahr zum Mainstream gehört. 5G ist inzwischen selbst in Smartphones der Mittelklasse eingebaut. Doch gerade das diesjährige Messemotto „Ve­locity“ (Geschwindigkeit) will demons­trieren, dass es um mehr geht als nur um Hardware, die „schneller“ funktioniert als der 5G-Vorgänger 4G/LTE, der freilich noch immer die Handywelt dominiert. Die Branche ist nun auf der Suche nach Anwendungsfällen, um die Möglichkeiten des schnellen Mobilfunkstandards auch auszuspielen. Auf Interesse dürften „use cases“ aus den Bereichen Gesundheit, Verkehr und virtuelle/erweiterte Realität treffen, in denen superkurze Internet-Reaktionszeiten entscheidend sind.

Schon vor dem offiziellen Messestart am Montag hat Nokia am Sonntag die Blicke auf sich gezogen – vor allem auf sein neues Logo. Vorstandschef Pekka Lundmark trug es auf einem T-Shirt und erläuterte, warum sich die Finnen von ihrem bekannten blauen Schriftzug trennen. „In den Köpfen der meisten Menschen sind wir immer noch eine erfolgreiche Mobiltelefonmarke, aber das ist nicht das, worum es bei Nokia geht“, sagte der Chef des Konzerns, der sich heute auf Netzwerkausrüstung konzen­triert. Zwar gibt es noch immer Nokia-Handys. Die aber werden seit Jahren vom Lizenznehmer HMD Global verkauft. „Wir wollen eine neue Marke auf den Markt bringen, die sich sehr stark auf Netzwerke und die industrielle Digitalisierung konzentriert, was etwas völlig anderes ist als die Handys der Vergangenheit“, stellte nun Lundmark klar.

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