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V8 im Doppelpack, Teil 1: Ford Mustang Mach 1

Autos mit V8 Motor sind dieser Tage eine Seltenheit geworden. „Zum Glück“, schreien die einen, „tragisch“ meinen die anderen. Wir wollen uns an dieser Diskussion gar nicht großartig beteiligen und stattdessen zwei aktuelle Exemplare zum Test ausführen. Im ersten von zwei Teilen bitten wir den Ford Mustang Mach 1 zum Rendezvous.

Gute Nacht, lieber V8?

Etwas über 120 Jahre. So könnte die Antwort auf die Frage lauten, wie lange sich der V8 bereits im Automobilbau hält. 1902 vom französischen Ingenieur Léon Levavasseur entwickelt, schaffte es der V8 in den 1910ern in Luxuswagen der Marke Cadillac. Erst in den 1930ern bekam die breite Masse Zugang, als Ford den V8 im Ford V8 verbaute. Von Straßenkreuzern über Luxuslimousinen bis hin zu Sportwagen, in allen Fahrzeugtypen wurde der V8 bis heute verbaut. Sogar als Diesel in SUVs fand er seinen Einsatz.

Aber wieso wurde? Er wird ja noch verbaut. Richtig. Nicht nur im von uns gefahrenen Mustang Mach 1 der sechsten Generation. Auch in der siebenten Version des Kult-Ponys kommt (unter anderem) ein V8 zum Einsatz. Doch ringsherum wird es lichter. Selbst der neue Mercedes-AMG C 63 verweigert einen V8 und sogar einen Sechszylinder, geht direkt von der letzten Generation auf die jetzige in einen Vierzylinder-Turbobenziner über, der von einem E-Motor gestützt wird. Der Aufschrei ist groß. Hat er seine Systemleistung von 680 PS doch nur, wenn die Akkus voll sind. Ansonsten fährt man mit 476 PS durch die Gegend und wird dank 2,1 Tonnen Eigengewicht sogar von einem GTI verblasen. Und wer weiß, wie es beim nächsten M5 aussehen wird. Ohne jetzt den Teufel an die Wand zu malen, aber das könnte eine der letzten Gelegenheiten sein, einen blubbernden V8 zu fahren.

Stichwort: Ford Mustang Mach 1

Eines gleich vorweg: Über Umwelt und Verbrauch wollen wir keine großen Worte verlieren. Das ist nicht sein Metier. Wobei beim Mach 1 mit entsprechender „polar-bear friendly“ Fahrweise schon mal eine 9 vor dem Komma beim Verbrauch stand. Man kann ihn also auch „sparsam“ bewegen, wenn man will. Nur bedeutet sparsam dann auch ein bisschen „Spaß-arm“.

Denn sobald man im Mach 1 sitzt und den Startknopf in der Mittelkonsole drückt, vergisst man alles um sich herum. Das Aggregat erweckt zum Leben, lässt die Karosse und die Straße beben. An jeder Ampel, bei jedem Stopp, vibriert das Auto. Und zwar nicht in einem billigen, negativen Sinn. Sondern, weil sich der Mustang unter seiner Kraft einfach ein wenig schütteln muss. Dazu noch dieser betörende Klang.

Mehr Sein als Schein

Das Kultimage, das dem Ford Mustang anhaftet, lastet schwer auf den geschwungenen Schultern des orangen Mach 1. Er flitze in mehr als 500 Filmen und wer weiß wie vielen Serien über Leinwände und Bildschirme. Jeder kennt ihn und will ihn haben. Also fast jeder. Während des Testzeitraums gab’s für den ’stang nur Daumen nach oben von anderen Verkehrsteilnehmern.

Doch kann er seinem Ruf als Kult-Karre gerecht werden? Ja und nein. Zuerst zum Ja: Kaum ein anderer Sportwagen hat mir in den letzten Jahren so viel Spaß bereitet. Da wäre zum einen die wahnsinnig knackige und direkte Schaltung des manuellen 6-Gang-Getriebes. So kurze Schaltwege gibt es nicht mal im Mazda MX-5. Und das noch dazu in einem Amerikaner. Was kommt als Nächstes? Eine direkte Lenkung? Soweit sind sie da noch nicht, wobei sich der 1,8 Tonnen schwere Ford präzise und leicht in die Kurven legen lässt. Aber Achtung: Der kleinste Druck aufs Gaspedal genügt, und die Fuhre geht selbst im dritten Gang beim Ausfahren aus einem Kreisverkehr quer. Kurz in die Gegenrichtung direktiert und man ist wieder auf Kurs.

An dieser Stelle muss natürlich der V8 erwähnt werden. In unserem Fall entspringt er der modularen Small Block Motorenfamilie von Ford, mit Hubräumen zwischen 4,6 und 6,8 Litern. Der Mach 1 greift auf den 5,0 Liter (5038 ccm) großen V8 Namens „Coyote“ zurück. Der Aluminiumblock besitzt eine 87-mm-Drosselklappe und den modifizierten Shelby GT350-Krümmer samt Kaltlufteinlass mit spezieller Kalibrierung. Klingt ziemlich technisch. In Wahrheit müsst ihr nur folgendes wissen: Unter der gewölbten Haube sorgen 460 PS für Radau, geben ihre Kraft an die Hinterachse weiter und katapultieren den Mach 1 in ohrenbetäubenden 4,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Schluss ist erst bei 267 Sachen. Die 529 Nm Drehmoment schieben und schieben – Gangwechsel – und schieben weiter.

v8 im doppelpack, teil 1: ford mustang mach 1

Dabei kann man es im Ford Mustang Mach 1 auch mal langsamer angehen. Das Fahrwerk, schön sportlich-straff, kann auch Komfort und lädt deswegen auch zum Cruisen und Gleiten ein. Die engen Racaro-Sportsitze hingegen weniger. Womit wir zu den negativen Punkten kommen…

Mehr Schein als Sein

So ein Testauto aus dem Pressefuhrpark wird meist nicht sonderlich gut behandelt. Die Profile der Reifen lassen vermuten, dass ich zu den wenigen Testfahrern gehört haben dürfte, die aus Respekt vor fremdem Eigentum keinen Burnout gewagt haben. Das sehen andere Kollegen freilich anders. Warum ich euch das erzähle: Weil der Testwagen zum Testzeitpunkt schon über 24.000 Kilometer auf dem Tacho hatte. Er ging in rund 10 Monaten durch sicher mehr als 20 Hände. Und die haben ihre Spuren hinterlassen. So wirkt das Lenkrad nach all den „Fettfinger-Attacken“ wortwörtlich speckig und hier und da knarzt ein Teil, das dies ab Werk vermutlich nicht tut. All das muss in die Bewertung des Innenraums einfließen.

Doch unabhängig aller Abnutzung muss leider gesagt werden, dass die Amerikaner bei Materialien und  Verarbeitung immer noch den Rotstift angesetzt haben. Das gilt sowohl bei den Materialen (etwas zu viel Plastik) als auch der Verarbeitungsqualität. Wer deutsche Sportwagen gewohnt ist, muss die Erwartungen etwas herunterschrauben beim Mustang.

Das kostet der Ford Mustang Mach 1

Doch wer deutsche Sportwagen gewohnt ist, der weiß auch um deren Preise. Einen V8 mit mehr als 400 PS gibt es sowohl bei Mercedes-Benz als auch bei BMW. Doch starten der SL 55 mit 476 PS und der BMW M850i mit 530 PS, jenseits der 150.000 Euro. Der Mach 1 beginnt derzeit (Januar 2023) bei 91.710 Euro. Kein Schnäppchen, doch für die gebotene Leistung mehr als vertretbar. Der Testwagen bringt es mitsamt Recaros (leider nur manuell einstellbar, trotz Preis von 2.565,80 €) und den Leichtmetallrädern (1.745 € Aufpreis) auf exakt 97.559,82 Euro. Wer es etwas günstiger und mit 449 PS nur etwas schwächer möchte, kann sich auch den normalen Mustang GT für 78.735,40 Euro anlachen.

Fazit

Was für ein Auto, dieser Ford Mustang Mach 1. Optisch und motorisch ein Leckerbissen, der nur bei der Verarbeitung im Innenraum ein wenig zu wünschen übrig lässt. Immerhin hilft der V8 dabei, nicht nur die Alltagssorgen, sondern auch die paar Wermutstropfen zu vergessen. In Teil zwei werden wir sehen, was die Deutschen mit V8 so machen: Im BMW M50i xDrive Gran Coupe.

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