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Toyota GR Corolla im ersten Test: Wirklich GR-oßartig?

Der große Bruder des GR Yaris kommt nicht zu uns. Sehr schade eigentlich

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Unser amerikanischer Kollege Jeff Perez hat das Auto in Utah gefahren. Der GR Corolla wird nicht nach Deutschland kommen (dafür haben wir den GR Yaris), dennoch denken wir, dass das Thema für viele unserer Leser interessant sein könnte. Hier schildert Jeff seine ersten Eindrücke des neuen Allrad-Hot-Hatch.

Wenn ich Ihnen vor zehn Jahren gesagt hätte, dass Toyotas bestes Performance-Auto ein Corolla ist, dann hätten Sie mich vermutlich für völlig verrückt erklärt. Das Musterbeispiel für “Jeder kann sich einen leisten” ist nun ein verdammt heißer Kompaktsportler und dafür hat es genau zwei Buchstaben gebraucht: Ein G und ein R.

Zugegeben, der Name Gazoo Racing ist auch in den USA nicht neu. Der Toyota GR86 (früher als Scion FR-S bekannt) vergrößerte unseren Appetit auf bezahlbare Performance-Autos, dann folgte der GR Supra mit deutlich mehr Schmalz. Nun rundet der Toyota GR Corolla die Performance-Ménage-à-trois mit einem schlagkräftigen Dreizylinder, einem exzellenten Handling und einem Basispreis von spürbar unter 40.000 US-Dollar ab.

Überblick 2023 Toyota GR Corolla Circuit
Motor 1,6-Liter-Dreizylinder-Turbo
Leistung 300 PS / 370 Nm
0-60 MPH 5,0 Sekunden
Basispreis $35,900 + $1,095
Testwagen-Preis $45,000 (est.)

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Wähle deinen Kämpfer

Der kurvige, 2,2 Meilen lange East Course des Utah Motorsport Campus ist im Prinzip wie gemalt für die ersten Gehversuche im 2023er GR Corolla. Achso ja, das Auto kommt übrigens in drei verschiedenen Ausstattungen auf den Markt – neben “Core” uns “Circuit” wird es auch die streng limitierte Morizo Edition geben.

Die meisten Käufer werden sich ganz klar für ein Core- oder Circuit-Modell entscheiden, allein schon weil das Topmodell Morizo (warum kriege ich plötzlich Hunger auf spanische Wurst?) nur 200-mal gebaut wird und nahezu 50.000 Dollar kostet.

Die Varianten Core und Circuit nutzen den gleichen 1,6-Liter-Dreizylinder-Turbo wie der GR Yaris, hier allerdings mit 300 PS und 370 Nm Drehmoment (plus 39 PS, plus 10 Nm). Von 0-60 mph (0-96 km/h) geht es so in gut 5,0 Sekunden. Trotzdem hat das Auto von Haus aus nicht so viele Hummeln im Hintern wie etwa ein Hyundai Veloster N (bei uns also quasi der i30 N). Gefühlt zumindest.

Das liegt sicher am großen Turbo, der braucht, bis er in die Gänge kommt. Das Peak-Drehmoment liegt erst bei 3.000 Touren an. Beim Veloster passiert das nach der Hälfte. Und die volle Leistung bringt der Corolla bei 6.500 U/min, bevor er bei 7.200 U/min in den Begrenzer läuft. Das ist ja fast schon Sauger-esk.

Dieses Auto verrichtet seine beste Arbeit zwischen dem dritten und dem vierten Gang, irgendwo Richtung Drehzahl-Limit. Der Dreipötter fühlt sich obenrum deutlich wohler als im unteren Drehzahlbereich. Dort entwickelt er reichlich Power und Drehmoment und obendrein eine exzellent klangsalvende Auspuff-Note, die volles Rohr aus den drei Endrohren feuert.

Einzige Getriebe-Option bei allen drei Versionen ist eine manuelle 6-Gang-Box und selbige ist herausragend. Anders als in der Schalt-Supra sind die Schaltwege knackig und schnell. Die Kupplung lässt sich einfach modulieren und das serienmäßige Rev-Matching-System macht semi-erfolgreichen Hacke-Spitze-Versuchen ein Ende.

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Im Core-Modell muss man ab Werk mit einem offenen Differenzial leben, aber gegen Aufpreis erhält man die auch schon aus dem GR Yaris bekannten Sperrdiffs an beiden Achsen und dieses Geld sollten Sie auch ausgeben. Im Circuit und im Morizo sind die Sperren Serie.

Immer dabei im Corolla ist das GR-Four-Allradsystem mit adaptiver Kraftverteilung. Auch das dürfte GR Yaris-Fans bekannt vorkommen. Im Normal-Modus schickt das Auto 60 Prozent des Drehmoments an die Vorderachse, in Sport wiederum gehen 70 Prozent nach hinten. Die Fahrstufe Track offeriert einen neutralen 50:50-Split.

Entscheidet man sich für die hecklastige Auslegung, ist es einfach ein Riesen-Spaß, den ‘Rolla durch die Gegend zu werfen. Er tänzelt und schlängelt sich seinen Weg durch die Kurve, die Michelin Pilot Sport 4S pfeifen und wimmern und das Heck übernimmt den Großteil der Drecksarbeit.

Wenn Sie den GR Corolla aber in all seiner Professionalität erleben wollen, dann schalten Sie einfach die Traktionskontrolle (partiell) aus, drücken Sie das Auto in “Track” und in das, was Toyota “Expert”-Mode nennt und erleben Sie die neutrale 50:50-Verteilung, in der sich das Auto definitiv am fokussiertesten anfühlt.

Wegen der perfekten Aufteilung der Motorkraft fühlen sich Kurven spürbar schneller an und es gibt deutlich weniger Bewegung im Heck.

Natürlich fehlt dem GR Corolla nach wie vor die natürliche Leichtigkeit des Seins, die sein heckgetriebene Verwandter GR86 mitbringt. Wir reden hier immer noch von einem qua Prinzip eher frontgetriebenen Kompaktsportler. Karosseriebewegungen sind vorhanden, mehr als es mir persönlich lieb ist. Außerdem könnten Lenkung und Fahrwerk ein bisschen besser kommunizieren; eine gewisse Ungewissheit lässt sich nicht wegdiskutieren, wenn du eine Kurve mal härter ansteuerst.

Unglücklicherweise konnte ich das Auto nahezu ausschließlich auf dem Track fahren. Entsprechend schwer ist es, zu beurteilen, wie sich das Auto als Daily Driver anstellen würde. Toyota gewährte uns immerhin einen zehnminütigen Stint auf den Straßen rund um die Rennstrecke und auf einem provisorischen Autocross-Kurs. Dort zeigte der Corolla durchaus Beherztheit, was erahnen lässt, dass er auch im Alltag ordentlich Fahrspaß bereitstellen wird. Aber bis wir uns ein wenig Zeit auf öffentlichen Straßen organisieren können, will ich keine endgültige Aussage treffen.

Morizo heißt Mehr

Trotzdem kann ich mich in einem Punkt festlegen. Sollten Sie vorhaben, Ihren GR Corolla häufiger in Richtung Rennstrecke zu entführen, kann es nur eine Option geben und die heißt Morizo.

So unterhaltsam und dynamisch der Core und der Circuit auch sein mögen, der GR Corolla Morizo beamt das Thema Performance auf ein komplett neues Level. Es ist ungefähr so, als würden Sie einen Golf GTI fahren und danach in einen Golf R steigen.

Zu den Upgrades zählen die sonst optionalen Sperrdiffs an beiden Achsen, eine Gewichtsreduktion aufgrund des Wegfalls der Rückbank – und ja, der Morizo ist ein Zweisitzer -, eine Tieferlegung, ein strafferes Fahrwerks-Setup, eine kürzere Getriebeübersetzung, Michelin Pilot Sport 2-Pneus … und mehr Drehmoment. Selbiges wächst von 370 auf nun 400 Nm. Und das spürt man auch.

Der Morizo geht vom Start weg mit mehr Kawumm zu Werke und gibt obendrein einen wilderen, ungezügelteren Sound zum Besten. Allein, wenn man nur vom ersten in den zweiten schaltet, erkennt man sofort, wie sich die kürzere Getriebeabstufung auf das Schalterlebnis auswirkt. Und selbst ein – seien wir ehrlich – winziges Detail, wie das großartige Alcantara-Lenkrad, verglichen mit dem dicken Standard-Kranz, macht halt schon einen entscheidenden Unterschied.

Die leichte Unschärfe der Core- und Circuit-Modelle, die in der Kurve evident wurde, ist hier völlig verschwunden. Der Morizo pfeilt mit dem zusätzlichen Grip der Cup 2-Pellen und der strafferen Federung geradezu in die Kurven. Und genau das verleiht ihm eine neue, schärfere, interessantere Persönlichkeit. Der Morizo ist straffer, flacher und hat sich besser im Griff als der Core und der Circuit.

Das zusätzliche Drehmoment lässt sich auch dank des zusätzlichen Grips besser nutzen, sprich: Du kannst aggressiver aus Kurven herausbeschleunigen und vor langen Geraden zusätzliche Geschwindigkeit aufnehmen. Auf der Hauptgeraden des East Circuit kamen die Core- und Circuit-Modelle im dritten Gang vor dem Kurveneingang eigentlich nicht Richtung roter Bereich. Im Morizo hingegen musstest du eigentlich schon in den Vierten schalten.

So gut wie alles am Morizo fühlt sich definierter an. Und ja, wir sprechen hier auch über die Optik. Lüftungsschlitze auf der Motorhaube, schärfere 18-Zoll-Räder und ein “GR-Four”-Emblem auf dem Kühler heben den Morizo optisch vom Rest der Modellreihe ab. Und Lackierung kann er irgendwie auch besser. Das Matt mit dem Dach aus Carbon hat er exklusiv. Die Innenausstattung mit schwarzem Leder und roten Nähten kriegen Sie allerdings auch im Circuit-Modell.

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Feuriger Fünftürer

Die Leistung des GR Corolla ist das, was die meisten Leute anziehen wird. Das Schöne ist: Der Wagen kann trotzdem das meiste, was man von einem Alltagsauto erwarten und brauchen wird. Ein 8,0-Zoll-Touchscreen mit kabellosem Apple CarPlay und Android Auto gehört ebenso zur Serienausstattung wie ein digitales 12,3-Zoll-Instrumentendisplay. Und Toyotaa Safety Sense 3.0. Zu dessen Features zählen unter anderem ein automatischer Notbrems-Assistent, ein adaptiver Tempomat und ein Spurhalteassistent.

Preislich ist das Ganze auch recht interessant. Die Basis startet bei 36.995 $, inklusive 1.095 $ für die Überführung. Der inzwischen eingestellte Hyundai Veloster N war mit 33.595 $ nur geringfügig erschwinglicher. Zudem schlägt der Corolla den mindestens 45.185 $ teuren Golf R um fast 10.000 Dollar (davon können wir in Deutschland nur träumen; Anmerkung der Redaktion). Wenn der neue Honda Civic Type R auf den Markt kommt, wird er zu Beginn vermutlich ebenfalls teurer sein.

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Der besser ausgestattete Circuit ist mit 43.995 $ immer noch vergleichsweise günstig. Das Spitzenmodell Morizo kostet 50.995 $. Aber auch von diesem Morizo-Modell werden im ersten Jahr nur 200 Stück in den USA erhältlich sein, Sie sollten sich also beeilen, wenn Sie einen haben wollen.

Dass ein Corolla überhaupt so gut sein kann, egal in welcher Ausstattung, ist schon ziemlich fantastisch. Toyotas Performance-Revival in den USA – angeführt vom FR-S/86/GR86 und dem GR Supra – erreicht mit dem GR Corolla seinen Höhepunkt. Er ist in jeder Hinsicht ein großartiger Hot Hatch.

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