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Teslas 4680-Zellen: Warum immer noch kein Silicium in der Anode?

Elon Musk versprach 20 Prozent mehr Reichweite durch Silicium, aber Tesla nutzt die Technik noch nicht

Silicium in der Anode von Batteriezellen soll die Reichweite und die Ladegeschwindigkeit deutlich erhöhen. Deswegen schwärmte Elon Musk beim Battery Day 2020 davon. Doch auch zwei Jahre später enthalten die neuen 4680-Zellen von Tesla kein Silicium. Warum nicht, das erklärt nun ein Video von The Limiting Factor.

Beim Battery Day hieß es, dass eine Anode mit Silicium zu 20 Prozent mehr Reichweite führen könnte. Doch seit der Youtube-Kanal von Jordan Giesige die Kathodenchemie der 4680-Zelle detailliert beschrieb, wissen wir, dass die Anode kein Silicium enthält.

teslas 4680-zellen: warum immer noch kein silicium in der anode?

20 Prozent mehr Reichweite (oder Energiedichte) durch Silicium-Anoden, siehe Grafik links auf diesem Chart vom Battery Day

Normale Lithium-Ionen-Zellen besitzen reine Graphit-Anoden. Der Vorteil des Materials: Lithium kann sich leicht zwischen die Kohlenstoff-Schichten dieser Verbindungen einlagern. Das ist, wie wenn man ein Buch in ein Regal stellt: Der Abstand zwischen den Regalbrettern (den Kohlenstoff-Schichten) ändert sich nicht. So entstehen auch keine Spannungen in der Anode – gut für die Langlebigkeit der Zelle (die Zyklenfestigkeit).

Es gibt aber auch einen Nachteil: In der Anode liegt das Lithium-Kohlenstoff-Verhältnis nur bei 1:6. Es können also nicht allzu viele Lithium-Ionen aufgenommen werden, so dass die Energiedichte gering ist.

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Neunmal so hohe Energiedichte durch Silicium-Anoden

Silicium in der Anode führt bei der Aufnahme von Lithium-Ionen zu einer höheren Energiedichte: Nach Angaben von Tesla ist sie neunmal so hoch wie bei Graphit. Der Nachteil ist eine Volumenaufweitung, die zu einer geringeren Zyklenlebensdauer führt.

Der Ausweg, den Tesla beim Battery Day im September 2020 präsentierte: Das Silicium wird mit einem ionenleitfähigen Polymer sowie einem elastischen Bindemittel kombiniert. Damit soll sich die Struktur des Siliciums stabilisieren lassen:

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Dass Tesla solche Silicium-Anoden gleich bei Einführung der 4680-Zellen verwenden würde, war unwahrscheinlich. Erwartet wurde eine schrittweise Erhöhung des Silicium-Anteils. Gar kein Silicium in der Anode zu finden, war jedoch eine Überraschung.

Allerdings wurde auch so eine Energiedichte von etwa 250 bis 300 Wh/kg erreicht. Dieser Wert ist so hoch wie bei Zellen, die Silicium in der Anode enthalten. Wie ist das möglich? Offenbar hat Tesla die Dicke der Kathode um etwa 20 bis 25 Prozent erhöht – und mehr aktives Kathodenmaterial erhöht die Energiedichte.

Auch die Ladegeschwindigkeit ist nicht geringer

Und wie steht es mit der Ladegeschwindigkeit? Reine Graphit-Anoden haben hier ein Verkehrsstau-Problem: Die Lithium-Ionen tun sich bei zunehmenden Ladestand (SOC) immer schwerer, einen freien Platz im Kohlenstoffgitter des Graphits zu finden. So verringert sich die Laderate bei steigendem SOC immer weiter.

Lassen sich die 2170-Zellen, die laut The Limiting Factor Silicium enthalten (wenn auch nur vier Prozent), also schneller laden? Offenbar nicht: Tom Moloughney brauchte bei einem Model 3 mit 2170-Zellen (mit Silicium) 32 Minuten für einen Ladehub von 0-80%. The Kilowatts benötigte bei einem Model Y mit 4680-Zellen (ohne Silicium) exakt genauso lange, wie Jordan in seinem Video ausführt.

Ein Grund, warum das Laden nicht länger dauert, könnte die Trockenbeschichtung sein, die Tesla bei der Anode bereits anwendet – die so genannte DBE-Technik (Dry Battery Electrode). Diese Technik verbessert die Ionenleitfähigkeit gegenüber der üblichen Nassbeschichtung der Elektroden.

Auch wenn die Anoden in den 4680-Zellen derzeit noch kein Silicium enthalten: In den nächsten Jahren wird der Silicium-Gehalt wohl auf bis zu 10 Gewichtsprozent wachsen; 20 bis 30 Prozent sind wohl das Maximum in den nächsten fünf Jahren, schätzt Jordan.

Aber natürlich wird die Energiedichte der Zelle nicht nur durch die Anode bestimmt (sie macht nur etwa 22 Prozent aus), sondern auch durch die Kathode. Hier sind NMC-Zellen derzeit am besten. Allerdings ist deren Zyklenfestigkeit nicht so hoch wie bei LFP-Kathoden.

Zellen mit NMC-Kathoden und siliciumhaltigen Anoden sind also gut für die Energiedichte (und die Reichweite), während LFP-Kathoden mit Graphit-Anoden eine hohe Zyklenfestigkeit besitzen. So scheint Tesla derzeit zwei Wege zu beschreiten – einen für mehr Energiedichte/Reichweite und einen für mehr Langlebigkeit.

Dass Tesla derzeit noch kein Silicium in den 4680-Anoden einsetzt, stellt derzeit noch kein Problem für die Energiedichte dar – konventionelle Zellen haben keine höhere Energiedichte.

Der Battery Day vom Herbst 2020 hat nach wie vor Relevanz, daher hier nochmal das Video zu dem Event:

Quelle: The LImiting Factor auf Youtube

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