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Teslas 4680-Zellen haben NCM811-Chemie und reine Graphit-Anode

Analyse einer Zelle ergibt eine hohe Energiedichte von 272 bis 294 Wh/kg

Munro Live zerlegt derzeit eine Batterie des Tesla Model Y mit 4680-Zellen. Wie die einzelnen 4680-Batteriezellen aufgebaut sind, analysiert derweil The Limiting Factor. Erste Ergebnisse präsentiert der Youtube-Channel nun im obigen Video.

Die 4680-Zelle (mit 46 mm Durchmesser und 80 mm Länge) wurde an der University of California (UC) in San Diego untersucht. Laut chemischer Analyse enthält das Kathoden-Material fast kein Aluminium. Es handelt sich also weder um eine NCA-Chemie (Nickel, Cobalt, Aluminium) noch um eine NCMA-Zelle (mit zusätzlich Mangan).

Kathode mit NCM811-Chemie, Anode ohne Silicium

Dagegen liegt der Nickelgehalt bei 82 Prozent. Das lässt auf eine NCM811-Chemie schließen, bei der das aktive Kathodenmaterial 80 Prozent Nickel und je 10 Prozent Cobalt und Mangan enthält. Die Menge an Cobalt und Mangan wird im Video allerdings nicht genannt.

Die Analyse der Anode ergab, dass sie kein Silicium enthält; als aktives Material dient ausschließlich Graphit. Das ist eine Überraschung, denn laut Mark Kane von InsideEVs.com wird bei modernen Anoden normalerweise 10 bis 15 Prozent Silicium zugesetzt, um Speicherkapazität und Energiedichte zu erhöhen.

Eine weitere Überraschung ist, dass bei der Anode schon die neue Trockenbatterie-Technik (Dry Battery Electrode, DBE Technology von Maxwell, siehe Artikel von InsideEVs.com) verwendet wird, bei der Kathode aber nicht. Genauer soll das in einem späteren, vertiefenden Video von The Limiting Factor erklärt werden.

98 Wattstunden pro Zelle

Die Speicherkapazität der Zelle wurde nicht durch Laden und Entladen bestimmt, sondern aus der Kapazität eines kleinen Stücks der Anode hochgerechnet – keine exakte Methode, aber eine erste Näherung. Dabei ergab sich ein Wert etwa 26 Amperestunden. Wenn man das mit der Zellspannung von vermutlich 3,7 bis 3,8 Volt multipliziert, ergibt sich eine Speicherkapazität von 96,7 bis 99,3 Wattstunden. Mit dem Gewicht der analysierten Zelle (355 Gramm) ergibt sich daraus eine recht hohe Energiedichte von 272 bis 296 Wh/kg.

teslas 4680-zellen haben ncm811-chemie und reine graphit-anode

Die so ermittelte Speicherkapazität der Zelle von 97 bis 99 Wh passt zu dem Wert von 98 Wh, den Troy Teslike im Februar für die ersten 4680-Zellen angab. Damit speichert eine heutige 4680-Zelle mehr als fünfmal so viel Energie wie eine 2170-Zelle. Und die Speicherkapazität der 4680er-Zellen soll noch steigen. 2024 soll eine Zelle 108 Wh speichern können. Damit würde dann eine Energiedichte von 333 Wh/kg erreicht.

Zahl der Zellen beim Model Y SR und LR

Das Model Y mit 4680-Zellen gibt es offenbar in zwei Versionen, wie aus einem Bericht von InsideEVs.com vom April hervorgeht: Das Model Y Standard Range AWD hat eine 68-kWh-Batterie, während das Model Y Long Range AWD 82 kWh hat. Die 68 kWh liegen nahe an den kürzlich per App ermittelten 67 kWh bei einem Tesla Model Y aus Texas. Auf Basis der von The Limiting Factor ermittelten Kapazität der einzelnen 4680-Zellen von 98 Wh ergibt sich die Zahl der Zellen der beiden Modelle:

  • Model Y Standard Range AWD: 690 Zellen (69 x 10) und 67 kWh (bei 98 Wh pro Zelle)
  • Model Y Long Range AWD: 828 Zellen (69 x 12) und 81 kWh (bei 98 Wh pro Zelle)

Dickeres Stahlgehäuse für mehr Stabilität

Die Analyse der 4680-Zelle ergab außerdem, dass sie ein viel dickeres Stahlgehäuse als eine 2170-Zelle haben. Trotz des dickeren und damit schwereren Gehäuses ist die Energiedichte nicht kleiner, sondern eher größer als bei einer 2170-Zelle vergleichbar, wie die Werte in der folgenden Grafik zeigen:

teslas 4680-zellen haben ncm811-chemie und reine graphit-anode Die dicke 4680-Zelle (links) hat ein dickeres Gehäuse als eine 2170-Zelle

Die hohe Energiedichte kommt laut The Limiting Factor möglicherweise daher, dass auch die Elektroden besonders dick sind und damit mehr aktives Material enthalten. Die Kathode scheint bei der 4680-Zelle tatsächlich dicker zu sein:

  • Kathodendicke bei einer 2170-Zelle: 60-70 Mikrometer
  • Kathodendicke bei einer 4680-Zelle: 85 Mikrometer

Dass die Wand der 4680-Zellen so dick ist, verwundert nicht, denn Tesla will diese Zellen ja (anders als die 2170-Zellen) in einer structural battery verwenden. Da die Strukturbatterie zur Steifigkeit der Karosserie beiträgt, kann Tesla Gewicht bei der Karosse Gewicht einsparen, wodurch die Energiedichte auf Ebene des Fahrzeugs deutlich höher sein dürfte – sonst würden die neuen Zellen ja keinen Vorteil bringen.

Tabless-Zelle für höhere Leistungsabgabe

Neben der höheren Energiedichte haben die 4680-Zellen allerdings noch einen Vorteil: Durch ein so genanntes Tabless-Design soll eine Zelle sechsmal so viel Leistung wie eine 2170er-Zelle. Wie das funktioniert, wird im folgenden Video von EEVblog lustigerweise anhand einer Klo-Rolle erklärt:

Hier die Kurzversion: Normale zylindrische Zellen haben nur einen einzigen Anschlussstreifen (ein “Tab”) pro Elektrode – einen oben an der Kathode und einen unten an der Anode. So müssen die Elektronen diagonal durch die Jelly Roll wandern, wenn sie von einem Pol zum anderen wollen. Das bedeutet weite Strecken und führt zu einem hohen Innenwiderstand.

Tesla dagegen verlängert bei seinen Tabless-Zellen die Kathode nach oben und die Anode nach unten. So muss ein Elektron bei der 80 mm hohen 4680-Zelle nur mehr die 80 mm von oben nach unten wandern. Das führt zu einem geringeren Innenwiderstand, und so kann die Zelle mehr Leistung abgeben.

Da die überstehenden Enden der verlängerten Kupfer-Kathode nach innen geklappt werden, führt das Tabless Design zu einer blumenartigen Struktur, die Tesla bei seinem Battery Day gezeigt hatte. Über diese Kupferfläche am Boden der Zelle lässt sie sich auch besser kühlen als eine Zelle mit nur einem Tab unten, wie im obigen EEVblog-Video erklärt:

teslas 4680-zellen haben ncm811-chemie und reine graphit-anode

Und wie geht es nun bei The Limiting Factor weiter? Nun, die analysierte 4680-Zelle stammt laut Video aus der Pilotanlage im kalifornischen Fremont (Kato Road Facility), wo Tesla selbst 4680-Zellen herstellt. Die Zelle ist bereits sechs Monate alt – möglicherweise hat Tesla den Aufbau der Zelle inzwischen schon verbessert. Daher will sich The Limiting Factor demnächst eine neuere Zelle aus dem Model Y besorgen, das von Munro Live zerlegt wird. Dann darf man auf eine genauere Analyse hoffen.

Quelle: InsideEVs.com

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