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Tesla und VW: Der Elektroauto-Preiskampf hat begonnen

Die meisten E-Autos können sich nur Gutverdiener leisten. Nun senken Tesla und VW die Preise für Einstiegsmodelle. Wird E-Mobilität endlich für die Masse erschwinglich?

tesla und vw: der elektroauto-preiskampf hat begonnen

Tesla hat den Preis für sein Model 3 deutlich reduziert. Der Beginn einer Rabattwelle?

Preisnachlässe sind bei Neuwagen keineswegs unüblich. Der Rabattwettlauf, den sich derzeit die E-Auto-Konkurrenten Volkswagen und Tesla liefern, ist gleichwohl bemerkenswert. Beide haben die Preise für ihre Einstiegsmodelle kräftig reduziert. VW kündigte an, dass der ID.3 bald für 39.995 Euro zu haben sein werde, also für ganze 4.000 Euro weniger. Dabei hatten die Wolfsburger die Preise erst im Dezember noch erhöht.

Der plötzliche Sinneswandel hat seine Gründe: Volkswagen musste offensichtlich schnell reagieren, nachdem Marktführer Tesla seinerseits die Preise reduziert hatte, und das rigoros: Das Model 3 ist neuerdings für 43.990 Euro erhältlich (minus 6.000 Euro). Das Model Y kostet in der Basisversion sogar satte 9.100 Euro weniger (jetzt 44.890 Euro).

Werden Elektroautos endlich bezahlbar? Bislang waren kaum Modelle unter 40.000 Euro zu haben. Es ist auch die Preispolitik der Hersteller, die die angestrebte Verkehrswende behindert: Gerade deutsche Premiummarken wie Mercedes oder Audi setzen lieber auf hochpreisige Luxuselektroautos mit hohen Gewinnmargen. Aber kleine, sparsame und bezahlbare E-Autos? Fehlanzeige.

Verkauft sich der VW ID.3 schlecht?

Beim Institut Schmidt Automotive Research in Berlin zeigt man sich “überrascht” von den doch deutlichen Preissenkungen bei VW und Tesla. Erst vergangene Woche sei bekannt geworden, dass der VW-Konzern derzeit allein für Westeuropa einen Auftragsbestand von 1,8 Millionen Fahrzeugen habe, sagt Marktanalyst Matthias Schmidt. An Nachfrage scheint es also nicht zu mangeln.

Doch Aufträge können storniert werden. Zwar konnte der Volkswagen-Konzern seinen Umsatz 2022 erneut steigern – trotz Ukraine-Kriegs, Energiekrise und anhaltender Rohstoff- und Lieferkettenengpässe. Der Großteil der 8,26 Millionen verkauften Fahrzeuge sind jedoch nach wie vor Verbrenner.

Bei Elektroautos dominiert der VW-Konzern zwar Europa – wenn man Plug-in-Hybride einbezieht –, aber nicht den Weltmarkt. Der Preisnachlass für den ID.3 könnte ein Indiz dafür sein, dass sich VWs Einstiegselektroauto nicht so gut verkauft wie gewünscht. Schon 2022 war nicht der kompakte ID.3 der Elektro-Bestseller der Niedersachsen, sondern der SUV ID.4. Der kostet mindestens 46.335 Euro. Und für den ID.4 hat VW keinen Preisnachlass angekündigt.

Wenn die Preissenkungen nur beim ID.3 stattfinden, könnte dies eine klassische Marketingstrategie zur Ankurbelung der schwächelnden Nachfrage darstellen, sagt Marktanalyst Matthias Schmidt. Oder aber Volkswagen wolle mit den Preissenkungen den älteren Bestand an ID.3-Modellen abbauen, bevor eine Überarbeitung kommt. “Das lässt ebenfalls auf einen hohen Lagerbestand schließen, was seltsam klingt”, sagt Schmidt. Also ist die Preissenkung beim ID.3 wohl doch am wahrscheinlichsten eine Reaktion auf die Preissenkungen bei Tesla: “Möglicherweise sind deswegen etliche Kunden zu Tesla abgesprungen, und VW hat mit einer hohen Stornierungsrate zu kämpfen”, sagt Schmidt.

Elektroautos immer noch deutlich teurer

Die Preisnachlässe könnten den E-Auto-Absatz in Deutschland befeuern. Zwar will die Bundesregierung bis 2030 mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw auf die Straße bringen. Doch diese Pläne sind, wenn nicht illusorisch, doch zumindest sehr ambitioniert, auch weil Normalverdiener sich die meisten Modelle schlicht (noch) nicht leisten können. In der Anschaffung sind Elektroautos im Schnitt immer noch um einige Tausend Euro teurer als vergleichbare Benziner und Diesel – auch nach Abzug der Umweltprämie. Bei den Unterhalts- und Wartungskosten schneiden sie dagegen in der Regel besser ab, von der viel besseren Umweltbilanz einmal abgesehen.

Nun könnte bald auch der Anschaffungspreis marktübergreifend sinken. Denn nicht nur bei Tesla und VW, sondern auch bei anderen Herstellern sinken die Preise für Elektroautos. So reduzierte Ford in den USA bereits den Preis für den Mustang Mach-E um 5.900 Dollar. Besonders umkämpft ist der Markt in China, wo Tesla und infolgedessen Konkurrenten wie Nissan und Toyota, aber auch BMW und Volkswagen, ihre Preise für vollelektrische Autos senkten.

“Der Trend ist weltweit”, sagt Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. Letztlich sei es Marktführer Tesla, der mit seiner aggressiven Preispolitik die versammelte Konkurrenz extrem unter Druck setze. Mit einem Gesamtabsatz von 1,3 Millionen Fahrzeugen steigerte das Unternehmen 2022 seinen bisherigen Auslieferungsrekord um rund 40 Prozent und bestimmt den globalen Wettbewerb.

Zum Vergleich: Volkswagen erreichte 2022 erstmals die Marke von 0,5 Millionen rein elektrischen Auslieferungen, verbesserte sich jedoch nur um 26 Prozent. Und noch eine Zahl ist entscheidend. Tesla verdient an einem verkauften Auto so viel wie kein anderer Hersteller auf der Welt. 2022 lag der durchschnittliche Gewinn pro Fahrzeug bei 14.380 Euro. Das sei eine “Traum-Marge” von 17,2 Prozent und mehr als doppelt so viel, wie VW an seinen Modellen verdiene, errechnete die auto, motor und sport.

Mit anderen Worten: Tesla kann sich seine Rabatte schlicht erlauben, um die Konkurrenz abzuwürgen – auch deshalb, weil das Unternehmen von Elon Musk seit Jahren intensiv an der Preissenkung arbeite, sagt Branchenexperte Bratzel. Für Volkswagen und Co. habe die Entwicklung dagegen ein veritables “Bedrohungspotenzial”: Schaffen sie es, konkurrenzfähige und zugleich erschwingliche Fahrzeuge auf den Markt zu bringen, oder nicht?

Wie brisant die Lage für die deutschen Autohersteller ist, hat Audi-Vertriebsvorständin Hildegard Wortmann Ende vergangenen Jahres eindrücklich bekräftigt: Es gebe eine 50-Prozent-Chance, dass Audi in zehn Jahren noch existiere. Die Herausforderungen für die Autoindustrie seien so groß, dass noch schnellere Änderungen nötig seien: “Sonst sind wir weg vom Fenster.”

Momentan sind die Auftragsbücher der Hersteller voll. Wegen Corona-Pandemie, Chipkrise sowie Rohstoff- und Teilemangel können viele bestellte Fahrzeuge erst nach langer Wartezeit ausgeliefert werden. “Sobald die Auftragsbestände abgebaut sind, erwarten wir einen klassischen Preiskampf, den Tesla begonnen hat”, sagt Marktanalyst Matthias Schmidt. Denn nicht zuletzt benötigten die Autohersteller einen bestimmten Anteil an verkauften Elektroautos, um die EU-Vorgaben für die CO₂-Flottenemissionen zu erfüllen. “Wenn es hier gegen Ende des Jahres eng wird, ist mit großen Preissenkungen bei batterieelektrischen Autos zu rechnen”, sagt Schmidt.

Langfristig profitabel kann dieses Geschäft für die Hersteller aber nur sein, wenn sie die Herstellungskosten senken können. Dabei entfallen bei E-Autos etwa 40 Prozent auf die Produktion der Batterien. Gerade in diesem Bereich werde also nach Einsparpotenzialen gesucht, erklärt Stefan Bratzel. Neuerdings mischen die Hersteller etwa bei der Rohstoff-Beschaffung mit. Der globale Bedarf der Autoindustrie an Rohstoffen wie Kobalt, Lithium oder Nickel hat sich in den vergangenen Jahren vervielfacht. Volkswagen investiert deshalb in Minen, um sich unabhängiger von den unsicheren Rohstoffmärkten zu machen.

Elektroautos werden attraktiver

Gleichzeitig macht die Speichertechnologie Fortschritte. Der chinesische Batteriezellenproduzent CATL hat für 2023 eine Natrium-Ionen-Batterie angekündigt. Diese kommt ohne Lithium, Kobalt und Nickel aus, soll günstiger in der Produktion und überdies schneller aufladbar sein. Was die neue Technologie kann, muss sich noch in der Praxis zeigen. Es zeichnet sich aber ab, dass E-Autos technisch bald so gut sein könnten, dass Verbrenner für Autokäufer keine Alternative mehr sein werden. Denn: Benziner und Diesel könnten gleichzeitig teurer werden. Die Umstellung auf die aufwendige Euro-7-Abgasnorm koste viel Geld, warnen Hersteller.

Vielleicht wird der Straßenverkehr also doch schneller grün als gedacht. “Für die Verkehrswende müssen wir die Elektromobilität in der Breite voranbringen”, sagt Branchenexperte Bratzel. “Dafür sind bezahlbare E-Autos absolut notwendig.” Aber was heißt bezahlbar? Volkswagen wollte den ID.3 ursprünglich sogar für “unter 30.000 Euro” anbieten. Ab 2025 soll es nun der kleinere ID.2 richten – mit Preisen unter 25.000 Euro. Auch Tesla hat ein vergleichbar preiswertes Model 3 für Einsteiger versprochen, bisher aber nicht geliefert. Im Kampf um bezahlbare Elektroautos gibt es also noch Luft nach unten.

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