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Tesla Semi: Kann Musks neues „Biest“ den Lkw-Markt umkrempeln?

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Elon Musk und Dan Priestly, Senior Manager bei Tesla Semi Truck Engineering, während der live-Vorstellung des Tesla Semi electric trucks, am 1. Dezember 2022. Foto: via REUTERSdata-portal-copyright=

Tesla-Chef Elon Musk hat seinen ersten elektrischen Sattelzug übergeben. Mit drei Jahren Verzögerung, weshalb er nun die Konkurrenz im Nacken hat. Mit einem Merkmal will er diese trotzdem abhängen.

„Ich kann gar nicht glauben, dass es schon fünf Jahre sind“, witzelte Elon Musk am Donnerstagabend auf der Bühne, diesmal in der Gigafactory in Sparks nahe der Spielerstadt Reno in Nevada. Der Tesla-Chef war persönlich gekommen, rollte an Bord einer elektrischen Sattelzugmaschine in die Halle. Es ist der Tesla Semi, das neueste Modell seines Elektroauto-Konzerns. Fast genau fünf Jahre ist es her, seit Musk die ersten zwei Prototypen vorstellte. Damals war der Produktionsstart für Mitte 2019 versprochen worden, dann auf Ende 2020 verschoben. Nun ist es Ende 2022 geworden.

Die Verzögerungen lagen an Problemen bei der Beschaffung von Komponenten während der Hochzeit der Coronapandemie, an der Verfügbarkeit von Akkus, aber auch an Personalquerelen. Mit Jerome Guillen, einem ehemaligen Manager von Daimlers Freightliner-Sparte, der lange das Truck-Programm verantwortete und dann die gesamte Autoproduktion, überwarf sich Musk. Angeblich, weil er den Wert von dessen Aktienpaket zu üppig fand. „Ja, es war eine Menge Drama, aber der Semi ist real“, sagte Musk bei der Premiere, als er das erste Fahrzeug an zwei Manager des Getränke- und Snack-Konzerns PepsiCo übergab. Der Semi sei „ein Biest“, prahlte Musk, der von null auf 100 Stundenkilometer in 20 Sekunden beschleunigen könne.

Für Tesla ist der Semi eine Marktnische, allerdings sehr umsatzträchtig. In den USA werden jedes Jahr rund 15 Millionen Passagierfahrzeuge verkauft und nur ein paar hunderttausend Sattelzugmaschinen. Allerdings, so Musk, seien diese für 20 Prozent der Fahrzeugabgase verantwortlich: „Deshalb machen wir es.“ Die ersten Exemplare werden in dem Gigafactory-Komplex von Tesla in der Wüste Nevadas gefertigt. Die ersten 70 Stück sind an PepsiCo, die Brauerei Anheuser-Busch sowie die Deutsche Post Tochter DHL verkauft.

Für nächstes Jahr peilt Tesla eine jährliche Produktion von 50.000 Fahrzeugen an, um sie dann auf 100.000 Stück Jahresproduktion hochzufahren. Zum Vergleich: Bei Pkw wird Tesla in diesem Jahr wahrscheinlich auf eine Produktion von 1,2 Millionen Fahrzeugen kommen. Bei einem Umsatz, den Analysten auf 85 Milliarden Dollar schätzen. Aber da der Semi bei Preisen von 150.000 Dollar startet, kommt auch bei kleinen Stückzahlen bereits ordentlich Umsatz zusammen. Daimler Truck setzte 2021 in Nordamerika elf Milliarden Dollar um.

Man habe erhebliche Kostenvorteile, betont Musk, weil der Semi viele Komponenten nutze, die auch bei der Massenproduktion von Teslas Passagierfahrzeugen verwendet werden. Auch bei den Akkus kann Tesla seine Skalenvorteile ausspielen.

Die wichtigsten Konkurrenten in Nordamerika sind neben den klassischen und bewährten Diesel-Trucks der Freightliner eCascadia von Daimler Truck, der VNR von Volvo Trucks sowie der Tre vom Start-up Nikola. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal ist die Reichweite. Der Tesla Semi soll laut Musk 500 Meilen (800 Kilometer) mit nur einer Akkuladung erreichen. Der eCascadia kommt mit 230 Meilen (368 Kilometer) auf nicht einmal die Hälfte. Der Volvo VNR gibt eine Reichweite von 275 Meilen (440 Kilometer) an. Am weitesten soll der Nikola Tre mit 330 Meilen (528 Kilometer) kommen. All das mit einer bis zu 37 Tonnen schweren Ladung. Der Tesla kommt auf seine Reichweite dank besonders großer Akkus. Tesla gibt die Kapazität nicht an, doch sie wird auf mindestens 1000 kWh geschätzt. Allein ihr Gewicht soll 7,5 Tonnen ausmachen.

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Der Vorsprung macht einen großen Unterschied. Denn während die Konkurrenz für den Regionalverkehr gedacht ist, kann der Semi auch für Langstrecken eingesetzt werden. Er kann acht Stunden bei typischer Highway-Geschwindigkeit gefahren werden, bevor der Fahrer die vorgeschriebene Pause einlegen muss. Die Version mit 800 Kilometern Reichweite soll 180.000 Dollar kosten. Der Akku macht dabei über die Hälfte des Preises aus. In einer halben Stunde soll er zu 70 Prozent aufgeladen werden können.

In der Branche wird seit Langem bezweifelt, ob der Tesla Semi tatsächlich die angegebene Reichweite mit einer Akkuladung schafft. Für den Fernverkehr setzt man dort auf die Entwicklung von Zugmaschinen mit Brennstoffzellen. Die fahren zwar auch elektrisch, allerdings mit Wasserstoff. Für Martin Daum, den CEO von Daimler Trucks, ist Wasserstoff unverzichtbar. „Wir brauchen ihn für den Fernverkehr und für schnelles Betanken“, argumentiert er. Zudem müsse man keine tonnenschweren Akkus durch die Gegend fahren.

Mit Wasserstoff seien Reichweiten von 1000 Kilometern möglich. Doch Musk beharrt darauf, dies mit Akkus zu schaffen, vor allem mit verbesserten Akku-Versionen. Die 800 Kilometer, so der Tesla-Chef, schaffe man jetzt schon locker.

Sie sei ohne große Vorbereitung gerade auf einer Fahrt vom Tesla-Werk in Fremont im Silicon Valley nach San Diego erreicht worden, 500 Meilen lang, quer durch Kalifornien, mitten durch den Ballungsraum Los Angeles. Man werde das acht Stunden lange Video auf YouTube stellen, damit jeder es inspizieren könne, verspricht Musk. Die Strecke sei zügig zurückgelegt worden, nur einmal habe der Fahrer eine Toilettenpause einlegen müssen. Und man habe nichts an der Zugmaschine präpariert, beispielsweise um den Luftwiderstand zu verringern. „Wir hätten eine Menge tricksen können, haben es aber nicht getan“, behauptet Musk.

Im Gegensatz zu Passagierfahrzeugen wird es wesentlich länger dauern, bis Sattelzugmaschinen auf Elektromotoren umgestellt werden. Denn für das Laden ihrer Akkus müssen extra Ladestationen errichtet werden und durch extra Batterien gepuffert, damit das Stromnetz bei den Spitzen nicht zusammenbricht.

Die jahrelange Verzögerung bei der Produktion hat Tesla allerdings nicht geschadet. Denn die Konkurrenten haben auch gerade erst angefangen, die ersten elektrischen Sattelzugmaschinen auszuliefern. Die Käufer stehen unter Druck, ihre Flotten grün zu machen. Allerdings müssen sie dabei auf die Betriebskosten achten. Auch hier nimmt Tesla den Mund voll: Die Betriebskosten für einen vergleichbaren Diesel seien 2,5-mal so hoch wie für den Elektro-Konkurrenten, vor allem wegen den geringeren Kosten für Strom.

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