Tankstelle statt Ladesäule – trotz Elektromotor: Was die Praxis zeigt
Nun war es an der Zeit, die unlängst nachgereichte aktuellste Antriebsvariante auf ihre Praxistauglichkeit zu testen. Von den Japanern stolz als völlig neuartiges Hybrid-Konzept angepriesen, handelt es sich beim Qashqai e-Power im Grunde genommen um die Kombination eines Elektromotors für den Antrieb mit einem Dreizylinder-Benziner als Stromversorger. Der füttert die 2,1-kWh-Batterie mit Strom und liefert bei hoher Leistungsanforderung auch direkt an den E-Motor, hat aber keine Verbindung zur Antriebsachse.
Das soll laut Nissan nicht nur Verbrauchsvorteile gegenüber einem klassischen Antrieb mit Verbrenner bringen, sondern es auch jener Kundschaft ermöglichen, ein Elektroauto zu fahren, die von einer unzureichenden Ladeinfrastruktur davon abgehalten wird. Tankstelle statt Ladesäule also, ohne auf die Fahrcharakteristik eines E-Antriebes verzichten zu müssen.
Fahrpraxis
Der Antriebsstrang mit dem eben nur zur Stromerzeugung verwendeten 3-Zylinder Benziner mit 116 kW / 158 PS Leistung zeigt seine Stärken vor allem beim gleichmäßigen Dahinrollen in der Stadt und auf Landstraßen. Geht’s ans Überholen oder den Berg hinauf, koppelt sich das Motorgeräusch kurzfristig doch etwas deutlicher vom fühlbaren Vortrieb ab, wenn der Benziner nicht nur gleichmäßig die Batterie lädt, sondern den Strom direkt an den geforderten E-Motor liefert. Daran kann man sich gewöhnen, weil es wohl nicht allzu oft vorkommen wird. Denn um sportliche Ambitionen am Lenkrad auszuleben ist der Qashqai ohnehin nicht die erste Wahl.
Dies obwohl sich das Fahrwerk ohne Fehl und Tadel präsentiert, trotz des höheren Gewichts des e-Power (bis zu rund 2,1 Tonnen) keine übertriebene Härte an den Tag legt und Kurven mit souveräner Frontantriebs-Charakteristik meistert, ohne allzu sehr aus der Kurve zu schieben.
Segeln oder Ein-Pedal-Fahren
Apropos Taste: Es gibt zwar einen eigenen EV-Schalter, um damit längere rein elektrische Strecken zurücklegen zu können – wie in Plug-in-Hybriden – ist die Batterie aber zu klein.
Verbrauch
Am Ende des ausführlichen Tests stand nach rund 1.700 km ein realer Durchschnittsverbrauch von 6,9 l /100 km. Das ist nicht nur erwartungsgemäß ein gutes Stück entfernt vom Normverbrauch (WLTP-Wert 5,3 – 5,4 l/100 km), sondern der idente Wert, der mit dem 156 PS starken Benziner mit Frontantrieb auf der selben Strecke – allerdings unter sommerlichen Bedingungen – erzielt wurde.
Mit jedem vergleichbar starken modernen Diesel – den Nissan bekanntlich nicht mehr anbietet – wäre er problemlos zu unterbieten. Und das ohne dem technologischen Aufwand der elektronischen Steuerung von Verbrenner, Batterie und E-Motor und rund 200 Kilo Mehrgewicht.
Fazit: Der neue Nissan Qashqai ist optisch wie vom Platzangebot und der Variabilität des Laderaumes her ein gelungenes, modernes SUV mit europakompatiblen Abmessungen. Ob es unbedingt der aufwändige e-Power-Antrieb sein muss, bleibt dahingestellt. Sinn macht er wohl nur für ein Fahrprofil, in dem lange Autobahnetappen und Bergstraßen kaum vorkommen.