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Spektakulärer Auftakt in Sebring: Langstrecken-Action im Doppelpack

Für Sportwagenfans ist das Rennwochenende in Sebring ein absolutes Highlight, mit dem Saisonauftakt der FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) und dem klassischen 12-Stunden-Rennen der nordamerikanischen IMSA-Sportwagenmeisterschaft. Und wer auf Partystimmung steht, kommt auch auf seine Kosten …

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Erstmals seit 2017 fährt Porsche wieder mit zwei Prototypen in der höchsten Klasse der Langstrecken-WM. Porsche / Juergen Tap

Als am Mittwoch dieser Woche die Tore des Sebring International Raceway für Besucher geöffnet wurden, hatte das Warten ein Ende. Manche standen bereits seit einigen Wochen mit ihren Wohnmobilen auf einem ausgewiesenen Parkplatz, damit sie für das kommende Rennwochenende einen der begehrtesten Plätze im sogenannten “Infield” erhaschen können. Den Rekord hält nach wie vor ein gewisser Patrick Taylor, der 2003 bereits unmittelbar nach Weihnachten anreiste, fast drei Monate vor dem Rennen, um sich den ersten Platz in der Warteschlange für das Rennen im März 2004 zu sichern.

Rekordkulissen

Dass die Popularität des Motorsports sinkt, ist eigentlich etwas, das nur deutsche Medien verbreiten, die in erster Linie das – tatsächlich schwindende – Interesse an der Formel 1 in der Bundesrepublik im Visier haben. Außerhalb von Deutschland ist das Bild anders: Tickets für die Jubiläumsausgabe des 24-Stunden-Rennens von Le Mans, das in diesem Jahr sein hundertjähriges Bestehen feiert, waren innerhalb weniger Tage restlos ausverkauft. Die Formel 1 meldete trotz Mondpreise für Eintrittskarten bei vielen Rennen im Vorjahr Besucherrekorde, der Online-Umsatz für die ebenfalls nicht gerade billigen F1-Fanartikel verdoppelte sich im Vergleich zu 2021. Und auch das jährliche 24-Stunden-Rennen von Daytona, das erste große Sportwagenrennen des neuen Kalenderjahres, fand Ende Januar vor Rekordkulisse statt.

Wittmann: “In Sebring sind manche schon noch etwas krasser drauf”

In Sebring, einem Kaff im tiefsten Inland des US-Bundesstaates Florida, wird es am kommenden Wochenende vermutlich ähnlich sein. Restriktionen gibt es keine mehr, und die US-Rennsportfans freuen sich, während des “Spring Breaks”, der Semesterferien der Hochschulen und Universitäten, wieder richtig feiern zu können. Dass nebenbei ein Autorennen läuft, ist für manche Besucher relativ egal. Hauptsache Party, wie im Jahr 1974, als das Rennen in Sebring wegen der Ölkrise abgesagt werden musste, dennoch aber Tausende zum Feiern an die Strecke kamen. Gefeiert wird jedes Jahr exzessiv. Fans kommen gerne verkleidet, sei es als Kühe, als Mönche oder als Cowboys, Bier wird in Hektolitern konsumiert und die Grills bleiben gefühlt Tag und Nacht an. “Das kann man höchstens mit dem 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring vergleichen, aber in Sebring sind manche schon noch etwas krasser drauf”, stellte BMW-Fahrer Marco Wittmann bereits vor einem Jahr bei seinem ersten Auftritt in Sebring fest.

Das Sportwagenrennen in Sebring ist das älteste seiner Art in den USA. Bereits an Silvester 1950 wurde dort auf dem ehemaligen Militärflughafen Hendricks Field ein Sechs-Stunden-Rennen ausgetragen. Im Februar 1952 fand das nächste Rennen statt, erstmals über 12 Stunden, wie es bis heute der Fall ist. Im darauffolgenden Jahr zählte das Rennen schon zur Sportwagen-Weltmeisterschaft. “Eine Rüttelstrecke”, erinnert sich Hans Herrmann, der schon 1956 in Sebring fuhr und einen Klassensieg feierte. Tatsächlich besteht bis heute etwa ein Drittel der Strecke aus den Betonplatten. Teams nutzen Sebring oft für Langstreckentests, denn was dort hält, hält auf jeder anderen Rennstrecke der Welt auch.

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Berühmte Fahrer trugen sich in den frühen Jahren in die Siegerliste ein: Stirling Moss, Juan Manuel Fangio und Phil Hill. Der bereits erwähnte Hans Herrmann, der am 23. Februar seinen 95. Geburtstag feierte, wurde 1960 mit einem Porsche 718 RS 60 der erste deutsche Sieger in Sebring. Er gewann zusammen mit dem Belgier Olivier Gendebien, die US-Fahrer Bob Holbert, Howard Fowler und Roy Schechter komplettierten mit einem weiteren 718 auf Rang zwei den Doppelerfolg für Porsche. Bemerkenswert: Die beiden Mannschaften hatten mit ihren Porsche mit 1,5-Liter-Motoren der Konkurrenz aus der Dreiliterklasse, überwiegend mit Ferrari, das Nachsehen gegeben. Es war auch der erste Sebring-Gesamtsieg für Porsche, mit bislang 18 Siegen die erfolgreichste Marke in Sebring. 1968 gewann Herrmann erneut, diesmal mit einem Porsche 907.

BMW siegte 1975 in Sebring, unter anderem mit Hans-Joachim Stuck. In den 1980er-Jahren gab es mehrere deutsche Erfolge, alle mit Porsche: 1984 gewann Hans Heyer, 1986 und 1988 gab es zwei weitere Siege für Stuck, außerdem siegten Jochen Mass 1987 und Klaus Ludwig, zusammen mit Stuck, im darauffolgenden Jahr.  1999 gab es einen weiteren BMW-Sieg, unter anderem mit Jörg Müller, ab 2000 feierte Audi eine einzigartige Serie mit acht Siegen in Folge.

2008 gelang dem US-Team Penske ein großer Coup, indem die Mannschaft mit dem Porsche RS Spyder aus der nominell weniger leistungsstarken LMP2-Klasse die größere Konkurrenz inklusive des Audi-Werksteams aus der LMP1-Kategorie schlug und den Gesamtsieg feierte. Timo Bernhard war 2008 Teil des Siegerteams und der bislang letzte deutsche Fahrer, der das 12-Stunden-Rennen von Sebring auf Platz eins beendete.

71. Auflage des Sportwagenklassikers

An diesem Wochenende peilt das Penske-Porsche-Team bei der 71. Auflage des Sportwagenklassikers den nächsten Gesamtsieg an. Seit diesem Jahr sorgt das Team des milliardenschweren US-Geschäftsmannes Roger Penske zusammen mit Porsche Motorsport für den Einsatz der Werks-Prototypen in der höchsten Division von sowohl der nordamerikanischen IMSA-Sportwagenmeisterschaft als auch der FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft. Nach zahlreichen Erfolgen in US-Klassikern wie die 500-Meilen-Rennen von Daytona und Indianapolis ist für Penske der Gesamtsieg in Le Mans der große Traum.

Das Rennen in Sebring ist nach dem Saisonauftakt bei den 24 Stunden von Daytona, Ende Januar, das zweite Highlight im Kalender der IMSA-Serie. Porsche startet mit zwei Prototypen. Im Auto mit der Startnummer 6 wechseln sich der Brite Nick Tandy, der Franzose Mathieu Jaminet und der Amerikaner Dane Cameron ab. Auch im Porsche mit der Nummer 7 gibt es mit dem Australier Matt Campbell, dem Brasilianer Felipe Nasr und dem Dänen Michael Christensen eine internationale Besetzung.

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Wittmann startet im BMW-Prototypen

Der Fürther Marco Wittmann ist der einzige deutsche Fahrer, der in der höchsten Klasse um den Gesamtsieg mitfährt. Der zweimalige DTM-Champion teilt sich einen der beiden Prototypen des BMW-Werksteams RLL unter der Startnummer 24 mit dem Österreicher Philipp Eng und dem Brasilianer Augusto Farfus. Wittmann freut sich auf Sebring: “Die Strecke ist aus Fahrersicht sehr anspruchsvoll wegen der vielen Bodenwellen. Das Rennen ist ein Klassiker.” Konkurrenz in der höchsten Klasse kommt von Porsche, Cadillac und Honda-Tochter Acura.

In der GTD-Pro-Klasse startet Maro Engel mit einem Mercedes-AMG GT3 unter der Bewerbung des Teams WeatherTech Racing. Zusammen mit seinen Teamkollegen Jules Gounon und Daniel Juncadella feierte er vor etwa sechs Wochen den Klassensieg bei den 24 Stunden von Daytona. Das 12-Stunden-Rennen startet am Samstag um 10.10 Uhr Ortszeit (15.10 Uhr MEZ, Livestream auf www.imsa.tv).

Bereits am Freitag gehen die “1000 Meilen von Sebring” als Saisonauftakt der FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft über die Bühne. Das WEC-Rennen startet am Freitag um 12 Uhr Ortszeit (17 Uhr MEZ) und ist auf RTL Nitro und Eurosport zu sehen. Hier treten die in diesem Jahr neuen LMDh-Prototypen, wie sie auch in der IMSA-Serie starten, gegen die bereits in der WEC etablierten Hypercars an. Wie bereits im Vorjahr stehen Hypercars der Marken Toyota und Peugeot am Start. Neu dabei ist Ferrari, das sich erstmals seit 1973 wieder dem Wettbewerb in der höchsten Sportwagenklasse stellt.

Lotterer in der Hypercar-Klasse

André Lotterer kehrt mit Porsche zurück in die höchste Division der WEC, vom Veranstalter als “Hypercar-Klasse” bezeichnet, obwohl dort sowohl die aufwändigeren Hypercars als auch die etwas weniger komplexen LMDh-Prototypen starten. Der gebürtige Duisburger, der mit Audi dreimal die 24 Stunden von Le Mans gewann, ist der einzige deutsche Fahrer in der Hypercar-Klasse.

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