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Smart Key: Mit alten Handys neue Autos knacken

Im Internet kursieren Angebote für Technik, mit der sich die schlüssellosen Sicherungssysteme moderner Autos austricksen lassen. Alte Nokia-Handys und neue Bluetooth-Boxen dienen dabei als Tarnung.

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Smart Key: Mit alten Handys neue Autos knacken

Das Video ist nur knapp 30 Sekunden lang, doch es zeigt den Albtraum vieler PKW-Besitzer: Erst wird gezeigt, wie ein Unbekannter mehrmals vergeblich den Startknopf eines Toyotas betätigt. Als Reaktion leuchtet in dem Fahrzeug eine rote LED auf, mehr passiert nicht. Dann nimmt der Mann ein Nokia 3310 zur Hand, verbindet es per USB-Kabel mit dem Auto, drückt am Handy auf eine Taste und wartet ein paar Sekunden. Als er dann das Handy an den Startknopf hält und schließlich den Knopf drückt, röhrt der Motor auf – ganz ohne Schlüssel. Die Wegfahrsperre wurde elektronisch überlistet.

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Der kurze Clip zeigt, wie einfach es sein kann, Autos mithilfe einfacher Gadgets zu knacken, wenn sie mit dem schlüssellosen Smart-Key-System gesichert sind. Neben uralten Nokia-Handys – das 3310 wurde im Jahr 2000 erstmals präsentiert – eignen sich dazu auch billige Bluetooth-Lautsprecher, wie das Magazin »Motherboard« berichtet.

Ein solcher Angriff sei prinzipiell auch von außen möglich, erklärte Ken Tindell von der auf die Cybersicherheit von Autos spezialisierten Firma Canbis Labs dem Magazin. Dafür müsste die Täter etwa einen Frontscheinwerfer entfernen und zwei Kontakte von einem mit dem Handy verbundenen Kabel in die richtigen Anschlüsse stecken.

4000 Euro für ein Uralt-Handy

Auf die Idee, dieser Diebstahlsmethode nachzugehen, kam Tindell, nachdem der Toyota RAV4 eines Freundes mithilfe dieser Technik gestohlen worden war. Als er im Dark Web nach Angeboten für entsprechende Geräte suchte, stieß er auf eine Website, auf der Hunderte digitale Diebstahlswerkzeuge auch für Autos anderer Marken, wie etwa BMW, Maserati, VW und Renault angeboten wurden.

Die für die Technik geforderten Preise bezeichnet Tindell als »horrend«. Für ein manipuliertes Nokia 3310 etwa würden zwischen 3500 und 4000 Euro verlangt, für andere Geräte sogar bis zu 18.000 Euro. Für Diebesbanden seien diese Summen »Investitionen«.

Zehn Dollar Materialkosten

Nicht immer stecke die Technik in alten Nokia-Handys, erläutert Tindell im Blog seiner Firma. Auch tragbare Bluetooth-Lautsprecher würden dafür genutzt, um die digitalen Werkzeuge der Diebe zu tarnen. Wo normalerweise der Lautsprecher steckt, würden die Kriminellen einen sogenannten »CAN-Injector« einbauen. Der schleust in die Sicherungssysteme des Autos Nachrichten ein, die vortäuschen, sie würden vom Empfänger des digitalen Schlüsselsystems kommen. So könne man dem Auto etwa die Nachricht senden: »Schlüssel validiert, Wegfahrsperre deaktivieren«. Genauso funktioniert auch die Technik des im Video gezeigten Nokia 3310.

Aufwendig sei all das nicht, sagte Tindell »Motherboard«. Der Materialpreis der im Handy versteckten Bauteile liege bei etwa zehn Dollar, der Einbau schnell erledigt. Man müsse nur einen Chip und ein paar Kabel verlöten und alles in einem Klumpen Kunstharz verstauen. Im Falle des Nokia-Handys gehört dazu offenbar noch der Einbau einer USB-Buchse, die im Video zu sehen ist, aber ursprünglich nicht darin verbaut war.

Besitzern für diese Diebstahlsmethode anfälliger Autos macht Tindell wenig Hoffnung: »Für Anwender gibt es keine einfache Lösung«. Die einzige Möglichkeit, solche Fahrzeuge gegen die von ihm gezeigte Technik zu schützen sei es, die Schlüssel kryptografisch zu schützen. Die Hersteller könnten das per Update erledigen.

Ob es solche geben wird, ist heute noch unklar. Auf eine entsprechende Nachfrage von »Motherboard« reagierte BMW überhaupt nicht und Toyota antworte mit der allgemein formulierter Aussage, dass man entschlossen sei, »gemeinsam mit Experten für Diebstahlprävention, Strafverfolgungsbehörden und anderen wichtigen Interessengruppen weiter an diesem Thema zu arbeiten.«

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