Skoda

Skoda Fabia RS (2003) im Test: Pumpe-Düse FOR THE WIN

Drehmoment-Festspiele und der Spaß an ungefilterter Unvollkommenheit

skoda fabia rs (2003) im test: pumpe-düse for the win

Was ist das?

Es ist noch nicht einmal 20 Jahre her, da konnte man guten Gewissens einen Vierzylinder-Diesel in einen Kleinwagen stopfen und das Ganze als Sportmodell verkaufen. Ich glaube mich zu erinnern, dass es ein gewisses Maß an Gelächter und Kopfschütteln für Skodas mutig-seltsamen Fritösen-Kompaktsportler (oder wie wäre es mit Hot-Öl-Hatch?) gab, aber an sich war der erste Fabia RS in vielerlei Hinsicht total genial.

Skoda hatte ja Ende der Neunziger die neue PK24-Plattform für sämtliche Kleinwagen des VW-Konzerns entwickelt. Neben dem Fabia kamen auch der Polo 9N und der Seat Ibiza 6L in den Genuss. Der erste Fabia erreichte als Nachfolger des Felicia im Jahr 1999 die Showrooms der Republik. 2000 kam mit dem Octavia RS das erste “Performance”-Modell der Tschechen nach dem Neustart unter VW-Ägide auf den Markt.

Bis 2005 verkaufte man vom ersten Octavia RS lediglich 17.600 Stück. Klingt ziemlich lausig (Generation 3 wurde mehr als 172.000-mal gebaut), hielt Mladá Boleslav allerdings nicht davon ab, auch einen schnelleren Fabia aufzulegen. Der kam 2003 und wurde bis 2006 gebaut.

Die potente Allzweckwaffe 1.8T suchte man zu dieser Zeit in Volkswagens Kleinen noch vergebens. Das änderte sich erst 2004 mit dem Ibiza Cupra. 2006 kam er dann auch im Polo GTI. Was man aber hatte, waren ziemlich kräftige Ausbaustufen des 1,9er TDI. 130 PS und 310 Nm gab es im Polo und im Ibiza FR. Später kam sogar ein dieselnder Ibiza Cupra mit 160 PS und 330 Nm. Bei dem blinkte das ESP-Lämpchen häufiger als sämtliche Werbetafeln am Times Square.

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Der Vernunft-Aspekt war bei Skoda schon damals groß in Mode. Und wie bitte kratzt man vernünftiger an der Sportlichkeit als mit einem relativ flotten Kleinwagen, der 5,1 Liter im Schnitt verbraucht und mit einem Tank fast 800 Kilometer weit kommt?

Ein richtiger Hot Hatch sollte der Fabia RS eh nicht sein. Sowas haben die Tschechen ja bis heute nicht im Programm. Entsprechend dezent fielen auch die übrigen Upgrades aus. Es gab ein Sportfahrwerk mit 15 Millimeter Tieferlegung, 16-Zoll-Alus mit 205er-Reifen, etwas kernigere Schürzen, grüne Bremssättel, ein relativ dezentes Auspuffendrohr sowie eine elektronische Traktionskontrolle und ESP.

Die Kabine möbelte man mit zweifarbigen Sportsitzen auf, die den Namen aus heutiger Sicht nicht so wirklich verdienen. Außerdem gab es Alupedale, einen schwarzen Dachhimmel und perforiertes Leder an Lenkrad und Schaltknauf. Mit Xenon-Scheinwerfern und Klimaautomatik war die Serienausstattung relativ komplett. Das Ganze für 18.980 Euro.

Obendrein muss man dem Fabia RS attestieren, dass er optisch hervorragend gealtert ist. Sein etwas arg ernstes, superseriöses Gesicht passt zwar nicht ganz zum kugelrunden, kindlichen Heck, aber es verleiht im eine Würde, die man aufgrund von vier Metern Länge und gerade mal 1,64 Meter Breite nicht erwarten würde.

Wie fährt er?

Tatsächlich sehr viel schneller und schubstärker als erwartet. Die 0-100-km/h-Zeit ist ja mit 9,6 Sekunden kein Bringer, aber du wirst vom Diesel-Drehmoment richtig oldschool überfallen. Dabei ist die gelbe Murmel mit gut 1.300 Kilo alles andere als leicht. Anhand der Gebrechlichkeit sämtlicher Türen und Klappen fragt man sich schon kurz, wo denn das ganze Gewicht versteckt wurde. Aber klar, der große Diesel ist ein rechter Brummer und in puncto Sicherheitsausstattung ist hier auch schon ziemlich viel geboten.

Auf jeden Fall ist für erstaunlich launigen Vortrieb bestens gesorgt. Das ganze im Zusammenspiel mit einem überraschend vorzüglichen Schaltgetriebe. Ich meine, überlegen Sie mal – mein Testwagen hat 170.000 Kilometer auf der Uhr und müsste ausgelutschter sein als ein Kaugummi von Sir Alex Ferguson. Aber nix da, die 6-Gang-Box läuft leicht, halbwegs kurz und mit klar definierter Führung durch ihre schmalen Gassen.

Dazu ein omnipräsenter Motorklang, dessen Aufdringlichkeit seit seligen Pumpe-Düse-Zeiten nie wieder erreicht wurde. Irgendwo zwischen Mercedes W123 240d und einer Nespresso-Maschine. Es ist der Stoff aus dem 2003 Träume gestrickt wurden. Ziemlich kleine, biedere Träume zugegebenermaßen.

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Die größte Stärke des Fahrwerks ist, dass es keine großen Geschwindigkeiten braucht, um dieses längst in Vergessenheit geratene Leben-am-Limit-Gefühl zu erzeugen. Alles recht weich, wankig, schaukelig, dazu eine Lenkung, die um die Mittellage undefinierter ist, als ein Generalsekretär nach einer krachenden Wahlniederlage. Aber irgendwie, keine Ahnung wie, ist dann doch genug Präzision vorhanden, dass man den Eimer auch mit tollwütigen Mengen an Schaum vorm Mund durch die Pampa dreschen kann, ohne sich nach drei Kurven folgenschwer mit dem lokalen Forst zu verzahnen.

Und genau hier liegt – wie so oft, wenn man mit einem etwas in die Jahre gekommenen Semester unterwegs ist – die superbe Gaudi begraben. Die dynamischen Talente und die Reaktionen des Autos sind (nicht nur) nach heutigen Maßstäben alles andere als spektakulär.

Aber um Lenkung, Federung, die drei winzigen Pedale (ziehen Sie die kleinsten Schuhe an, die Sie finden können, noch besser wären Ziegenhufe), den Schaltstock und die beängstigend weiche Bremse sind – anders als heute – keine 27 Schichten Watte gewickelt, die alle theoretisch möglichen Unangenehmheiten ausbügeln. Wir reden hier vielleicht von 1,5 Schichten, womöglich auch nur 0,8.

Auf jeden Fall spürt man noch was beim Pilotieren. Es ist nicht unbedingt ein Gefühl überbordender Fahrdynamik, aber irgendwie rappelt es ständig im Karton und das auch bei Geschwindigkeiten, die einen nicht ohne Umwege in den Knast befördern. Das Ergebnis ist tatsächlich Fahrspaß. Simpler Fahrspaß. In einem gut 20 Jahre alten Skoda-Kleinwagen mit Diesel-Motor. Es kann so einfach sein.

Wie ist er innen?

Ungewohnt schmal, wenn man vorne mit Beifahrer Platz nimmt. Es ist wahrlich kein Ruhmesblatt für den heutigen Automobilbau, aber der aktuelle Fabia ist beinahe 14 Zentimeter breiter. So gesehen ist Kleinwagen hier tatsächlich noch Kleinwagen.

Ansonsten sitzt es sich im ersten Skoda Fabia RS allerdings recht ordentlich. Die Sitze könnten etwas größer dimensioniert sein, sind aber immerhin leicht ausgeformt und vermitteln etwas Ähnliches wie Seitenhalt. Dank des längs- und höhenverstellbaren Lenkrads findet man zudem recht zügig eine vernünftige Sitzposition.

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Die Verarbeitung macht auch nach gut zwei Jahrzehnten noch einen tadellosen Eindruck. Außerdem erfreut die erfrischende Übersichtlichkeit bei den Bedienelementen. Es gibt drei Rädchen für die Klimasteuerung und ein Radio, das so weit weg von einem wirren Touchscreen ist, wie nur irgendwas. Ein Navi kostete damals übrigens 2.430 Euro Aufpreis. Ein paar Euro für eine Handyhalterung und Google Maps sind heute die weit bessere Lösung.

Typische Skoda-Werte schließlich im Fond. Mit meinen 1,85 Meter sitze ich hinter mir selbst ziemlich vorzüglich. Auch in meinem persönlichen Streckbetrieb stoße ich nicht mit der Rübe an der Decke an.

Fazit

Ich gebe es zu – zu seiner Zeit wollte ich den Skoda Fabia RS allein aufgrund seines Diesels als Kompaktsportler nicht so wirklich ernst nehmen. Umso mehr unerwarteten Spaß brachte das Wiedersehen gut 20 Jahre später. Reinsetzen, losfahren, Freude haben. Klein, unkompliziert, authentisch.

Der Pumpe-Düse-TDI ist ein Trampeltier sondergleichen, aber er marschiert verblüffend wuchtig und drehfreudig. Außerdem ist er wirklich sparsam. Manchmal fragt man sich schon, warum der Selbstzünder mit aller Macht aus den kleineren Klassen entfernt werden musste.

Dank Euro3-Norm ist der Fabia RS inzwischen mehr oder weniger unbrauchbar. Schade, denn eigentlich ist er ein Tipp für Menschen, die viel fahren, dabei platzsparend, flott, sparsam und einigermaßen spaßig unterwegs sein wollen. Gebrauchte gibt es derzeit auf den einschlägigen Portalen kaum noch. Die Preise reichen je nach Zustand von 3.000 bis 8.000 Euro.

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