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Sauger oder Turbo – welcher Porsche-Motor macht mehr Spaß?

sauger oder turbo – welcher porsche-motor macht mehr spaß?

Zwei Porsche Turbo, zwei Welten. Zwischen dem ersten Modell und dem neuesten liegen 45 Jahre. Zeitlos schön sind beide meint unser Autor Rudolf Bögel. © Bögel

Saug-Motor oder Turbo-Triebwerk? Während Autofans schon seit über 50 Jahren streiten, liefert Porsche mit zwei neuen Modellen eine klare Antwort.

  • Porsche pimpt die Saugmotoren bei Spyder und GT4 auf 420 PS.
  • Beim 911er Turbo geht die Leistung mit 580 PS durch die Decke.
  • Auf der Rennstrecke zeigt sich, wer die coolere Maschine hat.

Dieser Streit dreht sich nur um (heiße) Luft. Ein klassischer Saugmotor saugt sie, wie der Name schon sagt, selbst an. Und zwar allein durch den Unterdruck im Zylinder, der dann entsteht, wenn sich der Kolben nach unten bewegt. Ein Turbomotor wird zwangsbeatmet – und zwar über den Lader. Der besteht in alle Regel aus zwei Turbinen. Die eine wird vom Abgasstrom angetrieben und bewegt mit dieser Energie die andere Turbine. Dieser so genannte Verdichter komprimiert Frischluft und bläst sie in den Zylinder. Das hat zwei Vorteile. Der Motor hat buchstäblich mehr Luft für die Verbrennung und außerdem werden die Kolben bei der Ansaugarbeit entlastet.

Porsche GT4 versus 911 Turbo: Wenn da nicht das Turboloch wäre… 

Aber was gibt es da zu streiten? Abgesehen davon, dass Turbomotoren grundsätzlich effektiver sind, weil sie vorhandene (Abgas-)Energie nützen, die sonst sinnlos verpufft, haben sie ein kleines Manko. Um Ladedruck aufzubauen, müssen die Turbinen eine bestimmte Drehzahl erreichen. Erst dann geht auch die Post ab. Davor nimmt sich der Motor zwangsläufig eine kleine Leistungspause – auch Turboloch genannt. Die frei saugenden Triebwerke haben das Problem nicht, da entwickelt sich die Power geradlinig nach oben, im Gegensatz zum Turbo wird die höchste Leistungsstufe aber erst bei sehr hohen Drehzahlen erreicht.

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Porsche GT4 und 911 Turbo: Turbo in Serie – da war BMW schneller

Porsche war mit dem 911er Turbo* einer der ersten Autohersteller, der mit dieser Technik in Serie ging. Das war anno 1975, zwei Jahre nachdem BMW mit dem 2002 Turbo vorgelegt hatte. Im Gegensatz zu den Bayern entwickelten die Schwaben ihr damaliges Modell bis zum Kult-Status weiter. Der Turbo ist eine Legende aus Zuffenhausen – und wurde zum Synonym für extreme Sportwagen. Deshalb gibt es vom Taycan auch eine Turbo- und sogar eine Turbo-S-Variante, obwohl es sich um ein reines Elektro-Auto handelt.

Die Qual der Wahl: 911er oder Eigentumswohnung

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Das Cockpit des 911 Turbo schwebt horizontal im Fahrzeugraum. Die Designer lehnen sich damit optisch am Ur-Elfer an. © Porsche

Aber zurück zum 911er Turbo. Den gibt es ab sofort neu zu kaufen, allerdings muss man tiefe Taschen mit viel Geld darin haben. Denn von den 180.811 Euro kaufen sich so manche eine Eigentumswohnung, allerdings nicht im Raum Frankfurt oder München. Dafür bekommt man beim Porsche zwar auch ein paar Quadratmeter mobilen Raum, aber mit 580 PS und 750 Newtonmeter (Nm) Drehmoment. Das sind jeweils 40 mehr als beim Vorgänger – und das schlägt sich natürlich auch in den Beschleunigungswerten nieder. Mit 2,8 Sekunden hängt er den alten Turbo um 0,2 Sekunden ab.

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Turbo-Tage am Hockenheim-Ring . Erstmals druchbricht der 911 Turbo die Schallmauer unterhalb von drei Sekunden beim Standard-Sprint auf Tempo 100. © Alexander Babic / Porsche

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80 Prozent der Kunden kaufen den teuren Porsche Turbo S

Das schafft er aber nur mit zwei neuen Turboladern, die den 3,8-Liter-Sechszylinder-Boxermotor beatmen. Sie sind größer geworden und auch bei der Luftführung haben die Techniker einige Verbesserungen vorgenommen. Herausgekommen ist ein wirklich giftiges Triebwerk, das dem Top-Modell Turbo S mit seinen 650 Pferdestärken kaum nachsteht. Trotzdem entscheiden sich 80 Prozent der Kunden für den teuersten 911er, der mit 212.000 Euro rund einen Kleinwagen mehr kostet. Nun ja, Prestige war noch nie billig.

Mit Tempo 200 und der Angst im Nacken

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Turbo-Tage am Hockenheim-Ring . Erstmals druchbricht der 911Turbo die Schallmauer unterhalb von drei Sekunden beim Standard-Sprint auf Tempo 100. © Alexander Babic / Porsche

Wir waren mit dem neuen Porsche Turbo auf dem Hockenheimring unterwegs – 4,5 Kilometer High-Speed-Erfahrung auf dem bekannten Formel-1-Kurs. Die Strecke ist ungewöhnlich breit – und hat mit der so genannten Parabolika einen Abschnitt, bei dem man wirklich Vollgas geben kann. Rauf aufs Pedal, zackig schaltet das Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe nach oben, die Turbos laufen auf Hochtouren. In knapp zehn Sekunden von 0 auf 200, das macht wirklich Spaß! Alles andere wäre gelogen. DTM-Rennfahrer beschleunigen hier auf der Geraden schon mal bis Tempo 260. Uns sitzt ehrlich gesagt ein wenig die Angst im Nacken, denn die Spitzkehre (Profi-Geschwindigkeit 65 km/h) kommt uns rasend schnell entgegen. Rauf auf die Bremse und die Grauguss-Scheiben (besser noch Keramik) fest zupacken lassen. Das stabilisiert Auto und den Puls. In so einem Moment wird einem dann auch klar, wie wichtig große gute Bremsen sind, wenn man turbomäßig unterwegs ist. Apropos: Das Turboloch merkt man kaum mehr. Dafür sorgen unter anderem die Biturbos mit der variablen Turbinengeometrie. Sie springen wesentlich schneller und früher an.

Der Kultmotor ist zurück: Sauger mit 420 PS

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Feuerrotes Spiel- und Spaßmobil. Der Saugmotor beschleunigt den Porsche der 718er Baureihe in knapp über vier Sekunden von 0 auf 100. © Thomas Strogalski / Porsche

Szenen-, Auto-, und Motorwechsel. Neben dem neuen Turbo bietet Porsche den neuen Cayman GT4 an – für die Hälfte des Preises. Aber halbiert sich auch der Fahrspaß? Zumal im 718er wohl auf großen Wunsch der Klientel wieder ein guter alter Saugmotor seinen Dienst tut. Der Sechszylinder-Boxer ist auch im Cayman GTS 4.0 erhältlich, genauso wie in den beiden Cabrios Boxster und Spyder. Bei Letzterem und natürlich auch beim GT4 wurde die Power von 400 auf 420 PS gesteigert. Ein kleiner Leistungsschritt – aber ein großer Sprung bei den Leistungsdaten. Denn damit schafft das nah an den Rennwagen gerückte Spitzenmodell der 718er Reihe den Spurt auf 100 km/h unter vier Sekunden, in genau 3,9 Sekunden.

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Giftgrün wie eine Natter sieht dieser Porsche Boxster GTS 4.0 aus. Jetzt gibt es alle GTS-Modelle auch mit dem Doppelkupplungsgetriebe PDK. © Porsche

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Die Steilkurve – eine Herausforderung für den Magen

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Mit 420 PS und einem Sechszylinder-Saugmotor ausgestattet sind die beiden Spitzenmodelle der 718er Reihe, der GT4 und das Cabrio, der Spyder. © Porsche

Aus dem Rennsport kommt auch das Fahrwerk. Mit dem aktiven Dämpfersystem PASM von Porsche, einer Hinterachs-Quersperre und 30 Millimeter Tieferlegung ist der GT4 gerüstet für den Einsatz auf dem Track. Und der hat es in sich. Die Handlingstrecke in Hockenheim, gleich neben dem Grand-Prix, ist zwar nur 2,8 Kilometer lang, aber voll gespickt mit Kurven und Schikanen. Auch hier kann man bis Tempo 200 beschleunigen. Und dann wartet ja noch die tückische Steilkurve auf Fahrer und Magen. Die ist in der Tat eine Herausforderung, wenn man die Ideallinie gut erwischt, fühlt man sich wie in der Achterbahn. Tief drückt es den Fahrer in die harten Schalensitze, dann geht es wie von einer Zentrifugalkraft geschleudert über eine Kuppe.

Alle Vorteile eines Mittelmotor-Sportlers

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Rennmaschine. Der 718 GT4 bringt dank eines überarbeiteten Aerodynamik-Konzepts und des neuen Heck-Diffusors mehr Anpressdruck auf die Straße. © Richard Pardon / Porsche

Der GT4 fährt das alles sauber und präzise. Als Mittelmotor-Sportwagen entwickelt er feinen Kurvenfähigkeiten genauso wie brüllendes Beschleunigen auf der Geraden. Für zusätzlich Bodenhaftung sorgen das neue Aerodynamik-Konzept, das den 718er mit 50 Prozent mehr Abtrieb beflügelt, und der neue Diffusor, der für aus dem Rennsport kommt. Hart aber herzlich – so bewegt sich der GT4 durch den brandneuen Asphalt-Parcours. Gnadenlos angetrieben von dem Saugmotor, der für Triebwerks-Nostalgiker ein echtes Muss ist. Solange es ihn noch gibt!

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Viel Alcantara, Leder und abgesteppt gelbe Ziernähte. So spartanisch der GT4 sonst ist – im Innenraum herrscht eher eine wohnliche Atmosphäre. © Richard Pardon / Porsche

Technische Daten Porsche 718 Boxster GTS 4.0 PDK

Länge / Breite / Höhe 4,39 / 1,99 / 1,26 Meter
Motor Sechszylinder Boxer-Motor, Sauger
Hubraum 3.995 ccm
max. Leistung 294 kW/400 PS bei 7.000 U/min
max. Drehmoment 430 Nm bei 5.500 U/min
Getriebe Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, Hinterradantrieb
0-100 km/h 4,0 Sekunden
0-200 km/h 13,7 Sekunden
Spitze 288 km/h
Normverbrauch 9,6 l/100 km
CO2-Emission 219 g/km
Preis ab 85.847 Euro

Technische Daten Porsche 718 Cayman GT4 PDK

Länge / Breite / Höhe 4,46 / 1,99 / 1,27 Meter
Motor Boxer-Motor, Sauger
Hubraum 3.995 ccm
max. Leistung 309 kW/420 PS bei 7.600 U/min
max. Drehmoment 420 Nm bei 5.500 U/min
Getriebe Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, Hinterradantrieb
0-100 km/h 3,9 Sekunden
0-200 km/h 13,4 Sekunden
Spitze 302 km/h
Normverbrauch 10,2 l/100 km
CO2-Emission 232 g/km
Preis ab 97.726 Euro

Technische Daten Porsche 911 Turbo

Länge / Breite / Höhe 4,54 / 2,02 / 1,30 Meter
Motor Sechszylinder Boxer-Motor mit Biturbo-Aufladung
Hubraum 3.745 ccm
max. Leistung 427 kW/580 PS bei 6.500 U/min
max. Drehmoment 750 Nm zwischen 2.250 und 4.500 U/min
Getriebe Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe, Allrad
0-100 km/h 2,8 Sekunden
0-200 km/h 9,7 Sekunden
Spitze 320 km/h
Normverbrauch 11,1 l/100 km
CO2-Emission 254 g/km
Preis 180.811 Euro

Die Entscheidung: Turbo oder doch lieber Sauger?

Aber was ist nun besser – Turbo oder Sauger? Nach den – natürlich von der Leistung her nicht ganz vergleichbaren – Testfahrten mit 911 Turbo und 718 GT4 kann es darauf nur eine eindeutig zweideutige Antwort geben. Beide sind zwar unbestritten beeindruckend. Aber den Unterschied spürt man nur ganz tief unten im Bauch. Dort wo die Gefühle zu Hause sind. Am heftigsten flattern die Schmetterlinge, wenn man mit einem Saugmotor unterwegs ist. (Rudolf Bögel) *tz.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes.

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