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Rolls-Royce Spectre: Wenn sich Luxus und E-Mobilität verheiraten

Allmählich nähert sich die Erprobung des 430 kW starken Rolls-Royce Spectre dem Ende, weshalb auto motor und sport bereits einen Prototypen des Elektro-Coupés fahren darf.

rolls-royce spectre: wenn sich luxus und e-mobilität verheiraten

© Mark Fagelson / Rolls-Royce
So lang wie eine Maybach S-Klasse, so schwer wie ein Nashorn und so teuer wie ein Haus: Der Spectre läutet bei Rolls-Royce die Elektro-Ära ein. Wir durften hinter das Steuer des Prototypen.

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In 4,5 Sekunden soll das Coupé von null auf 100 km/h beschleunigen, was angesichts des Leergewichts von 2.975 kg beeindruckt.

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Das Fahrwerk mit Einkammer-Luftfederung verarbeitet die mit Wellen unterschiedlichster Länge und Höhe übersäte Straße äußerst gewissenhaft

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Künftig kommt dem Spectre die alleinige Rolle als Coupé im Modellangebot zu, Wraith und Phantom Coupé existieren künftig nur mehr in der Markenhistorie.

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Der Spectre macht nicht auf Sportwagen, animiert dennoch mit überraschender Handlichkeit.

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Kühlerfigur Emily tankt sicher gern Sonne, …

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… den daraus gewonnenen Strom nimmt der Spectre gern, angeblich 21,5 kWh/100 km nach WLTP (kombiniert).

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Verkaufsstart des Spectre? Man notiert derzeit wohlwollend Kaufabsichten.

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Seine Konkurrenten: Eher der Privatjet als ein Mercedes EQS.

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Wenn der Hersteller sagt, dass dieses Coupé ein vollwertiger Viersitzer sein soll, führt kein Weg am Klassiker unter den Autotester-Bildern vorbei. Und ja, an Platz mangelt es nicht.

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Radgröße? 23 Zoll. Rundum.

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Trotz Prototypen-Status steht der Kaufpreis fest: mindestens 379.015 Euro.

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Aufgrund des Trends zur Individualisierung rechnet Rolls-Royce mit Verkaufspreisen zwischen 450.000 und 500.000 Euro.

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Schön, dass der Elektroantrieb nicht das spektakulär unspektakuläre Fahrgefühl eines Rolls-Royce mit Hammerschlag-ähnlicher Leistungsabgabe konterkariert. Der Luxus-Marke dürfte mit dem Spectre ein beeindruckender Start ins neue Antriebszeitalter gelingen.​

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So lang wie eine Maybach S-Klasse, so schwer wie ein Nashorn und so teuer wie ein Haus: Der Spectre läutet bei Rolls-Royce die Elektro-Ära ein. Wir durften hinter das Steuer des Prototypen.

Ach, wenn alles so einfach wäre: Rolls-Royce-Entwicklungschef Mihar Ayoubi spricht von der über 100 kWh großen Batterie des Spectre gerne als “700 Kilogramm zusätzliche Geräuschdämmung”. Klingt super, schließlich will ein Rolls-Royce vorrangig beim Nichtvorhandensein von etwas als absoluter Maßstab gelten: Geräusch. Also können anderswo 700 kg Dämmmatten rausgeschmissen werden? Wohl kaum, schließlich wiegt der Spectre laut Hersteller 2.975 kg. “Gegenüber einem Verbrenner sparen wir rund 70 kg Dämmmaterial ein”, gibt Ayoumi zu. Wie auch immer: Es ist ruhig hinter dem nicht zu klein dimensionierten Lenkrad. Nachdem sich die mächtigen, hinten angeschlagene Fahrertür durch den Tritt auf das Bremspedal schloss. Und der Rolls, nun, rollt.

Es darf also selbst gefahren werden, obwohl es sich um einen Prototypen handelt, der laut Projektleiter Jörg Wunder “aktuell zu etwa 60 Prozent dem Serienstand entspricht”. Was womöglich bei den meisten anderen Pkw mindestens 200 Prozent entspräche, denkst du da so, also du das 5,45 Meter lange Coupé durch das südafrikanische Städtchen Franschheok in Richtung Berge lenkst. Oberhalb von 50 km/h ändert sich die Geräuschkulisse nicht sonderlich, einzig ein dezentes, etwas hochfrequentes Sirren der Klimaautomatik fällt auf, die bei knapp 30 Grad Lufttemperatur schuften muss. Darf sich das ein Rolls erlauben? Oder schießt hier der Anspruch über das Ziel des Machbaren hinaus? “Nein, das stimmt schon. Da haben wir noch zu tun”, sagt Wunder.

Ein echter Viersitzer

Und wo schon auf hohem Niveau gemault werden darf: Warum gibt’s denn keine variable Oberschenkelauflage bei den ansonsten üppig dimensionierten und mit wohl tarierter Mischung und Fluffigkeit und Härte gepolsterten Sitze? “Uns hat bislang keine technische Lösung zufriedengestellt”, antwortet Wunder und ergänzt wie zur Ablenkung: “Du müsstest leichte Vibrationen im Sitz spüren. Die verursacht der Lüfter, da kommt noch eine geänderte Lagerung rein.” Hätte ich jetzt nicht bemerkt, womöglich trägt die körpereigene Dämmung ein wenig zu dick auf. Ansonsten spielt das Körpergewicht der Insassen eine eher untergeordnete Rolle, denn das Coupé bringt allein schon 2.975 kg auf die Waage. “Es handelt sich aber um einen echten Viersitzer, kein Zwei-plus-Zwei”, betonte Ayoubi vor der Abfahrt. “Die Kunden wollten das so. Deshalb fallen die Türen mit einer Länge von 1,5 Meter recht groß aus, um den Einstieg in den Fond zu erleichtern.”

Überhaupt, der Kunde. Mit dem pflegt das Management der BMW-Tochtermarke einen regen Austausch. “So war schnell klar, dass explizit kein SUV gewünscht wird”, berichtet Thorsten Müller-Ötvös, Rolls-Royce-Chef. “Außerdem wünschen sich die Kunden ein Auto, dass sie in Ruhe lässt, nicht nur beim Geräuschkomfort. Das bedeutet: Keine unterschiedlichen Fahrmodi, keine komplexe Bedienung, keine riesigen Displays.” Und ein Kunde antwortete auf die Frage, was er an seinem Rolls-Royce besonders schätzt, dass er darin prima schlafen könne, wenn er sich chauffieren lässt.

Das allerdings machen inzwischen die wenigsten. Also sich chauffieren lassen, nicht schlafen. Rund 80 Prozent der Käufer fahren selbst. Dabei gilt: Nicht übertreiben. Explosive Beschleunigung? Nein. Stattdessen: Eine Art harmonische Dramatik, mit der sich der Spectre von seinen zwei Elektromotoren gen Horizont drücken lässt, die ein Drehmoment von 900 Nm entwickeln. In 4,5 Sekunden soll das Coupé von Null auf 100 km/h beschleunigen, was angesichts des Leergewichtes beeindruckt. “Wir hätten die Vier-Sekunden-Marke knacken können”, behauptet Ayoubi, “doch das entspricht nicht dem Charakter des Wagens.”

Obendrein – Sie ahnen es – wolle der geneigte Kunde das gar nicht. Einfachheit auf einem unvorstellbar hohen Niveau, das will er. Und Ruhe. Die allerdings unterbrechen gerade Windgeräusche aus dem Bereich der A-Säule, auch für dieses Problem existiere bereits eine Lösung, erklärt Wunder. Man befinde sich in Phase drei von fünf, an deren Ende der Spectre zu 80 Prozent fertig sein soll.

Erstaunliche Handlichkeit

Bereits jetzt verarbeitet das Fahrwerk mit Einkammer-Luftfederung die mit Wellen unterschiedlichster Länge und Höhe übersäte Straße äußerst gewissenhaft, meldet sich lediglich bei sehr kurzen Verwerfungen mit einem entfernten, dumpfen Boxsack-Wumms. Tadellos dagegen: Die Aufbaukontrolle. Rolls-Royce nutzt aktive Stabilisatoren, um die Seitenneigung in Kurven einzudampfen, ohne den Komfort auf Geraden zu beeinträchtigen.

Mithilfe der inzwischen weitverbreiteten 48 Volt-Technik? Nein, denn um die schneller anliegenden, höheren Kräfte des Aktuators zu verarbeiten, fällt diese Art der Stabis dicker und steifer aus, was wiederum zu unerwünschten Vibrationen führt. Weiteres Fahrdynamik-Extra: Die gelenkten Hinterräder, allerdings ohne extremen Lenkwinkel, schließlich stünde der Kundschaft in der Regel üppiger Parkraum zur Verfügung.

Für die Lenkung an der Vorderachse wählten die Ingenieure eine fixe Übersetzung, um ein verlässliches Lenkgefühl zu realisieren. Mit Erfolg? Durchaus, denn der Spectre leistet keinen Widerstand, forderst du ihn zum schwungvollen Serpentinen-Showtanz auf. Nicht falsch verstehen, er macht nicht auf Sportwagen, vermittelt jedoch erstaunliche Handlichkeit und vor allem zuverlässige, gleichzeitig nie lästige Rückmeldung. Selbst auf der Bremse zeigt sich der Spectre als guter, äußerst wohlerzogener Kumpel mit angemessenem Pedalweg, definiertem Druckpunkt und dadurch homogener Verzögerung.

Aber bestimmt auch als hoffnungsloser Untersteuerer? Weniger als vermutet, denn im Gegensatz zu den V12-Verbrenner-Modellen verteilt sich die Masse des Antriebsstrangs ausgeglichener: Je ein Motor an Vorder- und Hinterachse, dazwischen die mächtige Batterie. Also bleibt der Spectre mit seinen 23-Zoll-Rädern lange neutral, länger als vermutet und länger, als es sich für die meisten öffentlichen Straßen geziemt, ohnehin.

Wer eher Rekuperation schätzt, kann den B-Modus (also doch ein Fahrmodus, ha!) am markentypisch schmächtigen Lenksäulen-Getriebewählhebel aktivieren. “Dann verzögert das Auto mit 1,9 g. Es rekuperiert generell immer ein wenig, doch das spürt man praktisch nicht”, sagt Wunder.

Apropos Energie: Wie schnell lädt der Spectre? Mit maximal 200 kW. Schließlich lade die geneigte Kundschaft meist zu Hause, fährt praktisch nie Langstrecke. Wozu also der 800 Volt-Aufwand? Schließlich will sich der VIP mit nicht zu viel Technik auseinandersetzen, scheut sich jedoch auch nicht, dafür mindestens 379.015 Euro zu investieren. Aufgrund des Trends zur Individualisierung rechnet Rolls-Royce mit Verkaufspreisen zwischen 450.000 und 500.000 Euro – und denkt aufgrund der hohen Nachfrage bereits über eine Erhöhung der Produktion nach. Ob das wohl so einfach ist?

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