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Rolls-Royce-MTU in Friedrichshafen: »Wenn wir nicht mehr liefern können, gibt es keine Panzer mehr«

Bei Rolls-Royce Power Systems am Bodensee herrscht Unruhe: Unter dem neuen Konzernchef in Großbritannien könnten wichtige Investitionen leiden. Der Betriebsrat warnt bereits vor Folgen für die deutsche Rüstungsindustrie.

rolls-royce-mtu in friedrichshafen: »wenn wir nicht mehr liefern können, gibt es keine panzer mehr«

Rolls-Royce-MTU in Friedrichshafen: »Wenn wir nicht mehr liefern können, gibt es keine Panzer mehr«

Bei Rolls-Royce Power Systems am Bodensee kennt man sich mit Kraftpaketen aus. Gewaltige Motoren für Schiffe, Spezialfahrzeuge im Bergbau – und nicht zuletzt für Panzer wie den Leopard I, Leopard II, Puma oder die Panzerhaubitze 2000 entstehen hier.

In dem Werk ist man nun wegen eines ganz anderen Kraftpakets besorgt: Es geht um den neuen Chef des kriselnden Mutterkonzerns Rolls-Royce in London, Tufan Erginbilgic.

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Die Befürchtung: Wichtige Investitionen drohten unter ihm auszubleiben, Erginbilgic könnte die deutsche Tochter ausquetschen, um zu überleben. Nach dem Wechsel in der Chefetage am 1. Januar bangt die Belegschaft um die Zukunftsfähigkeit der Motorenfertigung am Standort – und damit auch um wichtige deutsche Rüstungsprojekte.

Tausende Beschäftigte von Rolls-Royce Power Systems, deren Motoren unter der Marke MTU weltbekannt sind, kamen am Vormittag zu einer Betriebsversammlung zusammen. Ein Sparkurs und ein Einstellungsstopp stünden im Raum, um möglichst viel für die britische Muttergesellschaft abdrücken zu können, sagte Betriebsratschef Thomas Bittelmeyer. Versetzungen seien bereits untersagt.

»Wir haben eine Schlüsseltechnologie im militärischen Bereich und sind bei Investitionen jetzt auf Entscheidungen eines Konzerns aus einem Nicht-EU-Land angewiesen«, sagte Bittelmeyer dem SPIEGEL. Und: »Wenn wir nicht mehr liefern können, gibt es keine Panzer mehr.«

Hintergrund der Unruhe ist eine Videoansprache des neuen Chefs an die Belegschaft aus der vergangenen Woche. Darin habe Erginbilgic den Konzern eine »brennende Plattform« genannt, die ohne Maßnahmen auf ein mögliches Ende zusteuere, sagte Betriebsratschef Bittelmeyer. Ein Spar- und Effizienzkurs solle eingeschlagen werden. Das Unternehmen weist dies zurück.

Unternehmen will profitabler werden

In Friedrichshafen herrscht Angst vor dem Sparen, obwohl das Geschäft bei der deutschen Rolls-Royce-Tochter gut läuft. Im vergangenen Jahr hat Rolls-Royce Power Systems knapp 3,2 Milliarden Euro umgesetzt. Das sogenannte Behördengeschäft, in das auch die Panzermotor-Produktion fällt, machte 2021 neun Prozent des Gesamtumsatzes aus.

Blieben wichtige Investitionen aus, droht laut Bittelmeyer ein weiterer Auftragsstau. Bereits jetzt sei die Lage mit Blick auf Nachbestellung – etwa durch die Bundeswehr – angespannt. Die Auftragsbücher sind voll, »wir sind bis 2024 ausverkauft«, sagte der Betriebsratschef. Statt Schiffsmotoren einfach mehr Panzermotoren zu fertigen, sei technisch wiederum aber nicht ohne Weiteres möglich.

Erst vor wenigen Tagen hatte der neue Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius gesagt, er wolle »kurzfristige Gespräche mit der Rüstungsindustrie« aufnehmen. Steht neben Firmen wie Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann also auch schon bald Rolls-Royce Power Systems auf der Gesprächsliste des SPD-Politikers?

Der Motorenhersteller selbst streitet harte Sparmaßnahmen in seinem Unternehmen jedenfalls ab. »Es gibt keinen Einstellungsstopp«, sagte ein Unternehmenssprecher. Man arbeite konsequent den riesigen Auftragseingang ab und sei finanziell solide aufgestellt, fügte er hinzu. Er betonte: »Wir bleiben weiterhin ein verlässlicher Partner der Bundesregierung, und wir werden liefern.«

Der Sprecher sagte aber auch: »Dass wir profitabler werden müssen, ist eines der ersten Ergebnisse der derzeit laufenden Überprüfungen des Geschäfts.« Dabei handle es sich um völlig normale Vorgänge. »Wo es dem profitablen Wachstum dient, werden wir weiterhin Mitarbeiter einstellen.«

Der Mutterkonzern Rolls-Royce, der sich auf den Antrieb von Großraumflugzeugen spezialisiert hat, war besonders im Zuge der Coronapandemie in finanzielle Schieflage geraten.

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