Wohnmobile

Preise bei Wohnmobilen und Campingbussen explodieren

Bis zu 35 Prozent steigen die Preise für einige Reisemobil-Modelle. promobil hat bei Herstellern und im Handel nachgefragt: Woran liegt es, dass die Preise für Reisemobile so rasant steigen?

preise bei wohnmobilen und campingbussen explodieren

© Schwarz
Ein vergleichender Blick in die Preislisten verrät: Die Preissteigerungen vom Modelljahr 2022 zu 2023 fallen teilweise extrem aus.

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© Christian Hass
Nur selten laufen die Reisemobile bei den Herstellern aktuell ohne Probleme durch die Produktion. Meist fehlt hier oder da ein Teil.

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© Karl-Heinz Augustin
Preiserhöhungen und Lieferprobleme beim Fiat Ducato führen dazu, dass Reisemobilhersteller auf alternative Basisfahrzeuge setzen.

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© auremar – stock.adobe.com
Kaufen oder doch lieber warten? Aktuell sind die Preise für Reisemobile hoch, mit einer Entspannung ist in naher Zukunft aber nicht zu rechnen.

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© Christian Haasz
„Die Preise für Rohstoffe – egal ob Stahl, Holz oder Kunststoffe – sind durch die Decke gegangen.“ Stefan Diehl, Pressesprecher Knaus Tabbert

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© Bernd Thissen
Beispiel Kompaktcamper: Der Preis des Reimo Trio-Style ist vom Modelljahr 2022 auf 2023 nur um 5 Prozent gestiegen.

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© Ingolf Pompe
Beispiel Alkoven: Der Preisanstieg des Weinsberg Cara-Home liegt bei 13 Prozent.

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© Christiane Rauscher
Beispiel Campingbus: Der Sunlight Cliff wurde von 2022 auf 2023 um 15 Prozent teurer.

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© Carthago/Manuel Berninger
Beispiel Teilintegrierter: Der Carthago C-Tourer T ist 21 Prozent teurer als im Vorjahr.

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© Philip Teleu
Beispiel Luxusliner: Für den Concorde Charisma muss man im aktuellen Modelljahr 13 Prozent mehr ausgeben als zuvor.

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© DCHV
„Die nächsten Chassispreiserhöhungen sind angekündigt, dementsprechend wird die Preissteigerung weitergehen.“ Kai Dhonau, Präsident Deutscher Caravaning Handels-Verband

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© Hymer
Beispiel Integrierter: Beim Hymer B-Kl. MC I 550 stieg der Preis um 35 Prozent.

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© Carthago
„Trotz der Preissteigerungen werden die Geschäftsergebnisse der Hersteller schlechter ausfallen als in der Vergangenheit.“ Bernd Wuschack, Geschäftsführer Carthago

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Illustration Preisentwicklung 2022

“Verrückt”, “Mittlerweile total überzogen” oder “Eine normale Familie kann sich sowas gar nicht mehr leisten”: Diese Antworten gaben die Instagram-Fans von promobil auf die Frage, was sie von den aktuellen Preissteigerungen bei Reisemobilen halten.

Viele potenzielle KundInnen scheinen also verärgert, nur ein Leser verwies auf die aktuellen Preissteigerungen in nahezu allen Lebensbereichen: “Was ist denn in letzter Zeit nicht teurer geworden?” Doch die Preise bei einigen Campingfahrzeugen steigen teilweise stärker als die anderer Produkte.

Grund für promobil, bei Herstellern und Händlern nach den Gründen für die massiven Preiserhöhungen zu fragen und diese einzuordnen.

Alles wird teurer

Von Seiten der Hersteller kommt als Erstes der Verweis auf die deutlich gestiegenen Preise bei den Lieferanten. “Die Preise für Rohstoffe wie Stahl, Holz oder Kunststoff sind durch die Decke gegangen”, erklärt Stefan Diehl, Pressesprecher bei Knaus Tabbert. Dazu steigen vor allem in diesem Jahr die Energiekosten sprunghaft an, was die Fixkosten bei den Herstellern zusätzlich in die Höhe treibt.

Und nicht zuletzt die Basisfahrzeuge sind teurer geworden, allen voran der Marktführer Fiat Ducato, für dessen Dieselmotor aktuell weniger Varianten verfügbar sind. Für das Fiat-Chassis müssen die Aufbauhersteller seit dem Modellwechsel zwischen elf und 13 Prozent mehr bezahlen müssen. Viele erweitern deshalb ihre Palette an Basisfahrzeugen um Modelle anderer Hersteller.

Apropos Chassis: Hier machen sich zudem immer noch die pandemiebedingten Lieferkettenunterbrechungen bemerkbar, auch wenn die Probleme teilweise kleiner werden. “Im zweiten Halbjahr 2022 bekommen wir verstärkt Chassis angeliefert. Wir haben jetzt in Abstimmung mit dem Betriebsrat die Arbeitszeit erhöht und sind dabei, die Bestellungen abzuarbeiten”, macht Diehl etwas Mut.

Produktionsunterbrechungen

Statt bei den Chassis fehlt es dann aber an anderen Stellen. “Es ist oft so, dass in der Produktion ein Teil fehlt. Dann muss das Fahrzeug vom Band heruntergenommen und eingelagert werden. Wenn das fehlende Teil dann da ist, baut ein extra Team dieses ein – was natürlich den ganzen Produktionsprozess unterbricht”, so Diehl. Und nicht zuletzt zusätzliche Kosten verursacht, die zu Preiserhöhungen in allen Fahrzeugkategorien führen, vom Kompaktcamper bis zum Liner.

Diese Erhöhungen fallen allerdings ganz unterschiedlich aus, wie man in der Infografik oben sehen kann:

  • Der Preis des kompakten Reimo Trio-Style stieg vom Modelljahr 2022 zu 2023 im Grundpreis von 52.990 auf 55.580 Euro – und legte damit um lediglich fünf Prozent zu.
  • Hymer erhöhte den Preis seines Integrierten B-Klasse Modern Comfort I 550 von 87.590 Euro (Preisliste Stand Juli 2021) auf aktuell 118.200 Euro, also gleich um 35 Prozent in etwas mehr als einem Jahr.

Die meisten anderen Reisemobile liegen dazwischen, viele sind im letzten Jahr zwischen 15 und 25 Prozent teurer geworden. Die Preissteigerungen liegen damit meist über der aktuellen Inflationsrate – wie übrigens auch im Pkw-Bereich. Laut ADAC verteuerten sich beispielsweise Mittelklasse-Autos im Durchschnitt um rund 20 Prozent. Da stellt sich für so manchen Endkunden die berechtigte Frage:

Verdienen sich die Hersteller aktuell eine goldene Nase?

“Nein”, widerspricht Carthago-Geschäftsführer Bernd Wuschack, “es geht aktuell lediglich darum, wie wir einen möglichst hohen Anteil unserer Fixkosten und Material-Einkaufskosten kompensieren können. Trotz der Preissteigerungen fallen die Ergebnisse der Hersteller künftig schlechter aus als in der Vergangenheit.”

Und wie sieht es aufseiten des Handels aus? Der bekommt die Kombination aus Lieferverzögerungen und Preiserhöhungen von Herstellerseite als Erstes zu spüren und muss die höheren Kosten letztlich an die Endkunden weitergeben. Über sogenannte Preisanpassungsklauseln hat der Handel die Möglichkeit, bei Lieferverzögerungen vom Kunden einen erhöhten Kaufpreis zu verlangen.

Allerdings greift eine solche Klausel nur dann, wenn eine Lieferfrist von mehr als vier Monaten bei Vertragsschluss vereinbart worden ist und die Preiserhöhung nicht mehr als fünf Prozent des ursprünglich vereinbarten Kaufpreises beträgt. Andernfalls hat der Kunde die Möglichkeit, kostenlos vom Kaufvertrag zurückzutreten.

Verändertes Verkaufsverhalten

Viele Händler haben daher ihr Verkaufsverhalten in den vergangenen Monaten geändert und verkaufen “auf Sicht”, wie es Kai Dhonau, Präsident des Deutschen Caravaning Handels-Verbandes, nennt.

Die Fahrzeuge werden also nur dann verkauft, wenn erkennbar ist, dass das zugehörige Chassis in den kommenden vier bis fünf Monaten auch sicher da ist. Dhonau, selbst Geschäftsführer eines Handelsbetriebs im nordrhein-westfälischen Mülheim an der Ruhr, ergänzt: “Die Händler sind viel vorsichtiger geworden. Mehr und mehr Händler verkaufen die Fahrzeuge sogar erst dann, wenn sie definitiv auf dem Hof stehen.”

Die Nachfrage nach Reisemobilen ist nach wie vor groß. Es gebe zwar schon den einen oder anderen Kunden, der aufgrund der stark gestiegenen Preise den Kauf in der aktuellen Situation zurückstellt und erst einmal abwartet, so Dhonau. Andere Kunden kaufen zwar ein neues Wohnmobil, verzichten aber auf das eine oder andere Extra, wie etwa eine Klimaanlage, oder sie wählen beim Basisfahrzeug einen kleineren Motor als ursprünglich angedacht. “Im Großen und Ganzen wollen sich die Leute aber schon ihr Wunschfahrzeug gönnen – und tun dies auch”, betont Dhonau.

Wie ist die Lage auf dem Gebrauchtmarkt?

Wer Abstriche bei seinem Traum-Wohnmobil in Kauf nehmen kann, dem bleibt noch die Möglichkeit, sich auf dem Gebrauchtmarkt umzusehen. Aber auch hier schlagen sich die aktuelle Preisentwicklung und die Kombination aus großer Nachfrage und kleinem Angebot deutlich nieder.

“Die Gebrauchtwagenpreise haben in den letzten ein bis zwei Jahren auch ordentlich angezogen”, macht Dhonau wenig Hoffnung, auf dem Gebrauchtmarkt aktuell ein Schnäppchen zu finden. Dass sich die Preisspirale auch in den kommenden Jahren weiter nach oben dreht, darüber sind sich die Experten weitgehend einig. “Die nächsten Chassispreiserhöhungen sind bereits angekündigt, dementsprechend werden die Preissteigerungen noch weiter gehen”, ist sich auch Kai Dhonau sicher. Zwar werden diese nicht mehr so stark ausfallen wie aktuell, aber moderate Anpassungen wird es sicherlich weiterhin geben.

Und Carthago-Geschäftsführer Wuschack ergänzt: “Eine Beruhigung wird sich erst dann einstellen, wenn die Rahmenbedingungen wieder planbar sind und sich Nachfrage und Angebot wieder ungefähr die Waage halten.” Wann das sein wird, kann derzeit niemand mit Sicherheit voraussagen

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