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Porsche-Vorständin Barbara Frenkel: „eFuels und E-Mobilität stehen nicht im Widerspruch zueinander“

porsche-vorständin barbara frenkel: „efuels und e-mobilität stehen nicht im widerspruch zueinander“

Im Interview mit IPPEN.MEDIA erklärte Porsche-Vorständin Barbara Frenkel, warum sich E-Mobilität und E-Fuels nicht widersprechen, sondern ergänzen. © Porsche AG

Porsche setzt auf die E-Mobilität und auf eFuels. Im Interview mit IPPEN.MEDIA erklärte Beschaffungsvorständin Barbara Frenkel, warum sich das optimal ergänzt.

Stuttgart – Das Jahr 2022 war mit der anhaltenden Chipkrise, den Lieferengpässen durch den Krieg in der Ukraine und der fortschreitenden Transformation zur E-Mobilität eine Herausforderung für die deutsche Autoindustrie. Der Stuttgarter Autobauer Porsche konnte zwar nicht hinter alle Ziele einen Haken setzen, legte im Krisenjahr aber dennoch zu und plant mit mehr Rendite. Neben einem herausfordernden, aber durchaus erfolgreichen Geschäftsjahr kann Porsche allerdings auch auf mehrere einschneidende Errungenschaften wie dem erfolgreichen Börsengang und dem Start der Produktion von E-Fuel – bei Porsche eFuel genannt -, synthetischem Kraftstoff aus Wind- und Solarenergie, in Chile Ende des Jahres zurückblicken.

Dass Porsche trotz der herausfordernden Marktbedingungen erneut das erfolgreichste Geschäftsjahr der Firmengeschichte verzeichnen kann, ist alles andere als selbstverständlich. Im Interview mit IPPEN.MEDIA erklärt Beschaffungsvorständin Barbara Frenkel, die 2022 erneut besonders gefragt war, unter anderem, wie der Sportwagenbauer auf die Probleme reagiert hat und wie sich die Marktbedingungen seit dem Jahreswechsel verändert haben. Zudem macht die einzige Frau im Vorstand des Stuttgarter Traditionsunternehmens deutlich, dass sich E-Fuels und die E-Mobilität nicht ausschließen und dass Porsche seine Zukunft definitiv in der Produktion von E-Autos sieht.

Porsche-Beschaffungsvorständin Barbara Frenkel im Interview: „Unsere harte Arbeit zeigt Erfolge“

Frau Frenkel, Porsche hat ein sehr turbulentes, aber auch sehr erfolgreiches Jahr hinter sich, bei dem Sie erneut ganz besonders gefordert waren. Wie zufrieden sind Sie rückblickend mit dem Geschäftsjahr 2022?

Es war das erfolgreichste Geschäftsjahr in der Geschichte unseres Unternehmens – trotz der multiplen Krisen, die wir zusammen mit unseren Partnern meistern mussten. Meilensteine waren unsere Rekorde bei den Fahrzeug-Auslieferungen, das starke finanzielle Ergebnis und der erfolgreiche Börsengang. Insofern blicken wir zufrieden zurück, auch wenn es ein sehr bewegtes Jahr war.

Das war das Jahr 2021 auch. Sie haben damals in einem Interview gesagt, dass Porsche besser durch die Krise gekommen ist als andere Unternehmen. Würden Sie das auch über 2022 sagen?

Wir hatten uns viel vorgenommen. Dann kam mit einem Krieg in Europa eine Krise hinzu, die wir nicht vorhergesehen haben. Das hat uns stark gefordert. Insgesamt haben wir unsere Lieferketten im vergangenen Jahr weiter stabilisieren können. Die Halbleiter bleiben strukturell knapp. Aber wir kommen damit klar, auch wenn die Beschaffung der Chips eine anspruchsvolle Aufgabe ist. In unserem vollelektrischen Sportwagen Taycan sind beispielsweise über 5.000 Halbleiterkomponenten verbaut. Wenn auch nur ein kritischer Chip fehlt, können wir das Auto in der Regel nicht fertig bauen. Das hat im vergangenen Jahr die Auslieferungen beeinflusst. Die Auftragsbücher sind voll. Partiell kommt es aber noch immer zu Unterbrechungen der Lieferkette.

Sie haben bereits gesagt, dass es in diesem Jahr wieder besser geworden ist, aber Entwarnung geben kann man in dem Fall noch nicht. Habe ich das richtig verstanden?

Die Lieferketten bleiben volatil. Wir haben darauf reagiert und bauen Lagerbestände als Puffer auf. An vielen Stellen arbeiten wir aber just in Time. Da kann immer etwas passieren. Zum Beispiel, wenn die Logistikkapazitäten plötzlich knapp werden. Oder die Transportkapazitäten für unsere Fahrzeuge. Dann produzieren wir, können die Autos aber nicht zum Kunden bringen. Insofern ist eine gewisse Vorsicht prinzipiell Teil meines Jobs. Aber unsere harte Arbeit zeigt Erfolge.

Porsche-Beschaffungsvorständin Barbara Frenkel

Die gebürtige Fränkin Barbara Frenkel kam nach Stationen bei mehreren Autozulieferern im Jahr 2001 zu Porsche. Nach den Rollen als Leiterin Qualitätsmethoden und -systeme (2001 bis 2006), Leiterin Zentrales Training (2006 bis 2013), Leiterin Vertriebsnetzmanagement und -entwicklung (2013 bis 2017) wurde sie im Jahr 2019 Mitglied des Aufsichtsrates des traditionsreichen Stuttgarter Autobauers.

Im Jahr 2021 wurde Barbara Frenkel als erste Frau in der Geschichte des Unternehmens in den Vorstand des Sportwagenbauers berufen. Die Vorständin für Beschaffung hat ihr Büro allerdings nicht am Firmensitz in Stuttgart-Zuffenhausen, sondern im Entwicklungszentrum in Weissach. Bei Porsche ist das Ressort Beschaffung ganz besonders wichtig, weil der Eigenanteil der Fertigung seit jeher klein ist.

Ebenfalls im vergangenen Jahr hat Porsche mit mehreren Partnern die Produktion von eFuels in Chile aufgenommen. Wie ist denn da der bisherige Fortschritt?

Mein Vorstands-Kollege Michael Steiner (Entwicklung, Anm.d.Red.) und ich waren im Dezember vor Ort in Patagonien. Zusammen mit unserem Partner HIF (Highly Innovative Fuels), der die Anlage baut, und Vertretern der chilenischen Politik sowie dem baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) haben wir den Start der eFuels-Produktion gefeiert. Jetzt wollen wir zeigen, dass der Herstellungsprozess von eFuels in industriellem Maßstab funktioniert. Wir arbeiten daran, vor Ort auch die sogenannte Direct-Air-Capture-Technologie umzusetzen. Das ist ein hochkomplexes Verfahren, bei dem CO₂ direkt aus der Luft gefiltert und in die eFuels-Produktion eingespeist wird. Den synthetischen Kraftstoff aus Chile haben wir bereits in unseren Autos getestet. Der eFuel funktioniert ebenso gut, wie fossiler Kraftstoff.

Das wäre meine Folgefrage gewesen; ob man bei der Fahrweise irgendeinen Unterschied zu fossilen Kraftstoffen bemerkt.

Kraftstoffe, die man in Deutschland an der Zapfsäule tankt, müssen der europäischen Norm EN228 genügen. Der eFuel, den wir in Chile produzieren, ist so komponiert, dass er dieser Norm entspricht. Bei der Verbrennung im Motor gibt es keine nennenswerten Unterschiede im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen. Sie müssen nichts am Auto verändern und können die Tankanlage wie gewohnt nutzen. Das ist ein großer Vorteil der eFuels.

Wie haben Sie die politische Debatte um die eFuels verfolgt?

Wir begrüßen eine technologieoffene Diskussion. Die EU-Kommission beschäftigt sich mit der Nutzung von eFuels in Verbrennern auch nach 2035. Mit ist bei der Debatte eines wichtig: eFuels und Elektromobilität stehen nicht im Widerspruch zueinander. Im Gegenteil: Sie ergänzen sich gut. Bei Porsche setzen wir klar auf die Elektromobilität. Im Jahr 2030 wollen wir mehr als 80 Prozent unserer Neufahrzeuge vollelektrisch an Kunden ausliefern. Wir denken aber auch an die Bestandsflotte. Es gibt weltweit mehr als 1,3 Milliarden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Dafür können synthetische Kraftstoffe eine Lösung sein. Ebenso für Flugzeuge, Schiffe oder spezielle Anwendungen im Straßenverkehr.

Aber auch außerhalb der Autoindustrie. Ich habe zum Beispiel von Stihl gehört, dass sie eFuels für ihre Motorsägen auch in Betracht ziehen.

Wir beobachten generell in der Industrie ein großes Interesse an eFuels. Sie könnten auch für Motorsägen eine klimafreundliche Lösung sein, denn solche Power Tools werden häufig in Gegenden ohne Stromanschluss verwendet.

Es wird oft gesagt, eFuels sollen den Verbrenner retten oder bewahren. Muss der Verbrenner denn gerettet werden, geht es überhaupt darum?

Nochmal: Wir bekennen uns klar zur Elektromobilität. Aber wir wollen auch einen Beitrag zur schnellen Dekarbonisierung der existierenden Fahrzeug-Flotte leisten. Ein Großteil aller jemals gebauten Autos von Porsche ist noch auf den Straßen unterwegs. Diesen Kunden möchten wir eine Möglichkeit bieten, ihre Fahrzeuge klimafreundlicher zu fahren. Wichtig ist: Wir müssen Mobilität global denken. In Deutschland wird sich die Elektromobilität schnell durchsetzen. Es gibt aber Regionen in der Welt, die sich langsamer entwickeln – wo keine Ladeinfrastruktur vorhanden ist. Dort werden noch lange Verbrenner unterwegs sein. Für diese Regionen können eFuels eine Lösung sein.

porsche-vorständin barbara frenkel: „efuels und e-mobilität stehen nicht im widerspruch zueinander“

Porsche setzt den Fokus auf die E-Mobilität, will mit eFuels aber auch die Bestandsflotte klimaneutral antreiben. © Porsche AG

In Deutschland wird sich die Elektromobilität schnell durchsetzen

Barbara Frenkel, Vorstand Beschaffung, Porsche AG

Mercedes-Benz hat im vergangenen Jahr die Luxusstrategie vorgestellt und bewegt sich seitdem in einer ähnlichen Preisklasse wie Porsche. Sehen Sie dadurch einen stärkeren Konkurrenzkampf in Zukunft?

Porsche steht für modernen Luxus. Unsere Produkte erzeugen Begehrlichkeit. Durch das Design, die Produkteigenschaften und ihre herausragende Qualität. Aber modern heißt für uns auch, Verantwortung zu übernehmen. Denn die Kunden wollen sich mit den Werten der Marke identifizieren. Nachhaltigkeit spielt dabei eine große Rolle. Wichtig ist auch das Erlebnis, das wir um unsere Produkte herum anbieten. Dazu zählen die Kundenbetreuung, unser Ökosystem und die exklusiven Events. Porsche-Besitzer werden Mitglied einer Community. Das ist es, was viele Kunden an unserer Marke begeistert.

Porsche hat zu Beginn des Jahres die E-Auto-Offensive konkretisiert. Macht das eine eigene Batteriezellenproduktion, wie es zusammen mit Customcells in Reutlingen geplant ist, notwendig?

Die Batterie ist der Brennraum der Zukunft. Unsere hoch-performanten Antriebe heben uns vom Wettbewerb ab. Beim Elektroauto kommt der Batterie eine tragende Rolle zu. Deswegen ist es für Porsche wichtig, leistungsfähige Batterien zu haben – vor allem für die besonders spitz positionierten Fahrzeuge. Das Know-how dafür bauen wir unter anderem mit unserem Partner Customcells auf. Mit unserem Joint Venture Cellforce in Reutlingen peilen wir voraussichtlich ab Ende 2024 eine Kapazität von mindestens 1.000 MWh pro Jahr an.

Das entspricht Hochleistungs-Batteriezellen für rund 10.000 Fahrzeuge. Bei den Zellen handelt es sich um spezielle Lithium-Ionen-Batteriezellen für den Einsatz im Motorsport und in Hochleistungsfahrzeugen. Sie haben eine hohe Leistungsdichte, durch einen hohen Silizium-Anteil in der Anode. Auch das schnelle Laden wollen wir dadurch weiter verbessern.

Was steht denn bei Ihnen als Nächstes an? Können Sie uns da vielleicht einen kleinen Einblick geben?

In diesem Jahr stehen einige Produktanläufe an. Das ist für uns in der Beschaffung immer spannend. Es kommt darauf an, die Teile-Lieferungen für ein auslaufendes Modell bis zu letzten Minute sicherzustellen. Gleichzeitig fahren wir die Kapazitäten für die neuen Fahrzeuge hoch. Das ist eine Herausforderung. Nach wie vor beschäftigt uns die Versorgung mit Halbleitern. Inzwischen haben wir direkte Kontakte zu vielen Halbleiterherstellern und schließen Verträge unmittelbar ab. Ein Herzensanliegen ist mir die Nachhaltigkeit. Wir arbeiten auf eine bilanziell CO₂-neutrale Wertschöpfungskette unserer Fahrzeuge im Jahr 2030 hin.

Dazu tragen unsere Elektrofahrzeuge bei, aber auch die Lieferkette. Hier reduzieren wir sukzessive CO₂-Emissionen. Zum Beispiel, indem wir von unseren rund 1.300 Lieferanten fordern, dass sie für Porsche mit Grünstrom produzieren. Aber auch bei den Materialen setzen wir an, etwa indem wir CO₂-reduziertes Aluminium einsetzen oder den Anteil von recyclebaren Stoffen erhöhen. Mit unseren Partnern Innovationen nach vorne zu treiben – das ist ein schöner Teil meines Jobs.

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