Test

Porsche Taycan (2021): Version mit Heckantrieb im ersten Test

Auch mit einem Motor weniger beeindruckt der Elektro-Alleskönner von Porsche

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Autohersteller gibt es in zwei Sorten: Die einen füllen jede erdenkliche Nische (Beispiele: BMW und Mercedes), die anderen verkaufen Dutzende von Varianten von wenigen Fahrzeugen. Porsche gehört eindeutig zu letzteren. Die Zuffenhausener haben nur sechs Baureihen: 911, 718, Cayenne, Macan, Panamera und Taycan. Aber es gibt zahllose Varianten auf Basis dieser Modelle.

Es war daher wenig überraschend, dass im Januar eine neue Version des rein elektrisch angetriebenen Taycan angekündigt wurde. Womit wir aber nicht gerechnet haben, war der einmotorige, heckgetriebene Taycan, den Porsche bereits im Sommer 2020 für China vorgestellt hatte, wie InsideEVs USA berichtet hat. Dieses Auto ist mit einem Preis von knapp 84.000 Euro das erschwinglichste Mitglied des Elektro-Porsches.

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Ein Motor weg ist nicht schlimm

Der Unterschied zwischen dem neuen Taycan und dem Taycan 4S ist einfach  Das Basismodell hat nur einen Elektromotor, der sich an der Hinterachse befindet – während der 4S einen weiteren an der Vorderachse hat. Ja, auch die Ausstattung ist anders, aber technisch verliert man nur einen Elektromotor. Das Auto hat die gleiche 800-Volt-Architektur, das gleiche Zweigang-Getriebe im Heck und die gleichen Batterieoptionen: Serienmäßig sind es 79 Kilowattstunden, optional gibt es 93 kWh. Diese Akkus tragen die verwirrenden Namen Performancebatterie bzw. Performancebatterie Plus.

Der Elektromotor im Heck ist der gleiche wie beim 4S, auch wenn die Leistung etwas niedriger ist. Der Permanentmagnet-Synchronmotor ist gut für 300 kW (408 PS) und 345 Nm. Wie beim 4S mit zwei Motoren erhöht sich die Leistung bei Auswahl der großen Batterie auf 350 kW (476 PS) und 357 Nm.

Beide Varianten beschleunigen in 5,4 Sekunden auf Tempo 100, wobei sich der 93-kWh-Taycan bei höheren Geschwindigkeiten etwas flinker anfühlt. Damit ist der Basis-Taycan 1,4 Sekunden langsamer als der Taycan 4S und 2,2 Sekunden langsamer als das Tesla Model S Long Range. Es lässt sich kaum bestreiten, dass das heckgetriebene Modell langsamer ist, als es die Porsche-Plakette an der Nase vermuten lässt.

Begründung? Nun, wenn man bei diesem Taycan das Gas durchtritt, erlebt man den unmittelbaren Antritt des Elektroantriebs. Aber obwohl es einen in den Sitz wirft, ist die Performance weder atemberaubend noch wirklich überraschend – 5,4 Sekunden für den Normsprint ist das, was jeder Fahrer verarbeiten kann. Fahrer eines 911 Carrera S oder Audi RS 7 wird das nicht berauschen, aber wer gerade einen bürgerlichen Audi A6 oder den Porsche Macan geleast hat und sein erstes Elektroauto in Erwägung zieht, wird die Leistung des Taycan aufregend und dennoch verträglich finden.

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Und im Alltag hängt der Basis-Taycan die meisten anderen Autos auf der Straße ab. Bei Fahrten durch den Großraum Detroit beschleunigte unser Testwagen in der deutschen Version nur zu bereitwillig, wenn es darum ging, langsamere Fahrzeuge zu überholen. Selbst bei Highway-Geschwindigkeit hat der Verlust eines Motors kaum Auswirkungen auf das Fahrgefühl.

Aber eine Besonderheit fiel uns auf. Wo andere Taycan-Varianten recht hart schalten, wenn das Zweigang-Getriebe vom alltäglichen ersten in den leistungsstarken zweiten Gang wechselt, spürten wir beim Basis-Taycan den Hochschaltvorgang kaum. Selbst beim Versuch ein ruppiges Verhalten zu provozieren, wirkte das Zweigang-Getriebe kultivierter.

Wer sich für den heckgetriebenen Porsche entscheidet, opfert etwas Leistung, bekommt zum Ausgleich aber ein aufregenderes Handling. Auf der Vorderachse lasten 100 Kilo weniger, wodurch sich der Basis-Taycan beim Richtungswechsel flinker anfühlt. Das Porsche Active Suspension Management, die Luftfederung und das Porsche Torque Vectoring Plus sorgen für Straffheit in den Kurven. In Sachen Agilität sind aber kaum große Verbesserungen gegenüber dem vor einigen Wochen gefahrenen Taycan 4S zu erkennen.

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Reichweite

Wie sich der Verzicht auf einen Motor auf die Reichweite auswirkt, ist schwer zu sagen. Elektroautos sind nicht wie Autos mit Verbrennungsmotor – weniger Leistung bedeutet nicht automatisch einen geringeren Verbrauch. So kann das Modell mit Heckantrieb bei der Reichweite gut mit dem 4S mithalten: Der Taycan schafft mit der Basisbatterie rund 430 km und 480 km mit der Performancebatterie Plus. Die entsprechenden Zahlen für den Taycan 4S lauten rund 410 bzw. 460 km.

Die Erfahrungen mit dem Taycan zeigen, dass die Verbrauchswerte im realen Fahrbetrieb oft übertroffen werden. Unser Tag mit dem Hecktriebler zeigt, dass sich dieser Trend wohl fortsetzen wird. Bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt und einer leicht enthusiastischen Fahrweise legten wir etwa 150 km zurück und verbrauchten dabei 40 Prozent der Ladung. Das macht optimistisch, was die Reichweite angeht.

Auch das einmotorige Modell kann mit 270 Kilowatt am DC-Schnelllader aufgeladen werden (wenn die Bedingungen stimmen); einmal von fünf bis 80 Prozent Laden dauert dann angeblich 22,5 Minuten. Leider verhinderte die Software unseres deutschen Testwagens, dass wir diese Ladeleistung ausprobieren konnten, und wir mussten uns mit 50 Kilowatt begnügen.

Da das Fahrzeug für europäische Mobilfunknetze gebaut wurde, konnten wir auch die Elektroauto-spezifischen Porsche-Connect-Funktionen nicht testen, doch laut Porsche USA bekommt der Taycan mit Heckantrieb zum US-Verkaufsstart im Frühling die gleichen Features wie die anderen US-Varianten des Taycan.

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Zum Eintauchen in die Elektroauto-Welt

Das Interessanteste am Taycan mit Heckantrieb ist natürlich der Preis. Im Vergleich zu einem Taycan 4S (rund 106.000 Euro) ist unser Hecktriebler (rund 84.000 Euro) über 20.000 Euro günstiger. Im Vergleich zu einem Basis-Panamera (etwa 94.000 Euro) spart man etwa 10.000 Euro, obwohl der Panamera zwei Zehntelsekunden langsamer beim Normsprint ist (5,6 statt 5,4 Sekunden).

Wir bezweifeln, dass viele Model-S-Käufer oder langjährige Elektroauto-Fahrer den Kauf dieser Taycan-Version in Betracht ziehen werden. Aber als Einstiegsfahrzeug für Leute, die zum ersten Mal ein Elektroauto kaufen, ist die Leistung des Taycan ausreichend, ohne zu verstören. Die reale Reichweite ist angemessen, die Ladegeschwindigkeit vorbildlich, und der Preisschild fast schon günstig.

Zu diesen Vorteilen kommt, dass der Hecktriebler den gleichen Look, den gleichen Komfort, die gleiche Qualität und im Grunde die gleiche Technik wie bei den stärkeren Geschwistern hat. So ist es verständlich, dass Porsche dieses Modell auf den Markt gebracht hat.

Taycan-Wettbewerber

Porsche Taycan Performancebatterie Plus

Motor Elektromotor (Permanentmagnet Synchronmotor, PSM)

Leistung 350 kW

Max. Drehmoment 357 Nm

Antrieb Hinterradantrieb

Getriebeart Zweigang-Automatik

Beschleunigung 0-100 km/h 5,4 Sek.

Höchstgeschwindigkeit 230 km/h

Batterie 93 kWh

Elektrische Reichweite 385 km (WLTP)

Ladeanschluss 11 kW AC / 270 kW DC

Leergewicht 4,600 Pounds (est)

Länge 4.963 mm

Breite 1.966 mm

Höhe 1.395 mm

Kofferraumvolumen 84 Liter vorne, 407 Liter hinten

Basispreis 89.243 Euro

Verbrauch 28,7 kWh/100 km

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