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Porsche Cayenne

Porsche Cayenne (2023) Facelift im Test

Sehr viel neu beim gelifteten Bestseller-SUV. Inklusive V8 statt V6. Was jetzt besser ist und was uns nicht gefällt

porsche cayenne (2023) facelift im test

Die dritte Generation des Cayenne ist jetzt seit fast sechs Jahren auf dem Markt. Das tut ihrem Erfolg keinen Abbruch. Es ist das Zuffenhausen-SUV-Phänomen, genau wie beim Macan. Je oller, desto doller, könnte man sagen. Mehr als 95.000 Einheiten hat man 2022 von seinem Big Guy verkauft. Platz 1 unter allen Porsche mit einem Anteil von 30,9 Prozent.

Und jetzt kommt auch noch das nächste Facelift. “Eine der umfangreichsten Produktaufwertungen in der Geschichte von Porsche” obendrein. Da muss einem ja Angst und Bange werden um die Luxus-SUV-Konkurrenz. Oder kann auch ein XXL-Facelift das fortschreitende Alter des Cayenne nicht mehr so wirklich verbergen? Test!

Was ist das?

Porsches Bestseller im neuen Gewand. Und das kann man tatsächlich so stehen lassen, denn die Designer waren alles andere als untätig. Scheinwerfer, Kotflügel, Motorhaube, Schürzen – alles neu und ganz schön anders. Hat so ein bisschen was von einem Taycan-Frosch, aber vielleicht sehe ich das exklusiv so.

Hinten wandert jetzt bei allen Cayenne das Kennzeichen nach unten. Außerdem hat man das Leuchtenband durch den 3D-Wolf gejagt. Gehen Sie mal näher hin, dann sehen Sie es, sieht ziemlich cool aus.

Besonders aufgeregt sind alle Beteiligten, wenn es um die neuen HD-LED-Matrix-Scheinwerfer geht. Eigene Grafikkarte, mehr als 32.000 Pixel pro Scheinwerfer, leuchten vermutlich sogar ein schwarzes Loch punktgenau aus (na gut, in echt kommen sie 600 Meter weit). Fußgänger am Straßenrand übrigens auch, inklusive Warnhinweis. Schlaues Zeug. 2.255 Euro und Sie sind dabei.

Bildergalerie: Porsche Cayenne S Coupé (2023) im Test

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Eine paukenschlagige Überraschung gibt es bei den Motoren. Sie haben es vielleicht mitbekommen. Im Cayenne S hat der 2,9-Liter-V6 ausgedient. Er wird durch einen Biturbo-V8 ersetzt. Jawohl ja, acht statt sechs. Gibt’s wohl auch nur noch bei Porsche. Da jubelt der Enthusiast. Der Vierliter-Motor wurde stark überarbeitet und ist Euro 7-ready.

Gespart wird unter anderem durch den Wechsel von Twin-Scroll- auf Single-Scroll-Turbo. Der kann höhere Abgastemperaturen ab, was den Spritverbrauch senkt. Das tun auch der höhere Einspritzdruck (350 bar) und eine zweistufige variable Ventilsteuerung. Außerdem sollen neue, elektronisch kontrollierte Wastegates das Ansprechverhalten der Maschine verbessern.

Den Einstieg bildet nach wie vor der 3,0-Liter-V6-Turbo, den man leicht auf 353 PS und 500 Nm (+13 PS, +50 Nm) leistungsgesteigert hat. Dritter im Bunde ist der E-Hybrid, der eine 304 PS starke Version des 3,0-Liter-V6 mit einem 176 PS/460 Nm-E-Motor kombiniert. Der elektrische Antrieb leistet damit 40 PS und 60 Nm mehr als bisher. Die Batteriegröße steigt um 8 auf 25,9 kWh, die Reichweite auf bis zu 74 Kilometer. Außerdem wird nun mit bis zu 11 kW geladen, nicht mehr mit 7,2.

Modell Cayenne Cayenne E-Hybrid Cayenne S
Leistung 260 kW (353 PS) 346 kW (470 PS) System 349 kW (474 PS)
Drehmoment 500 Nm 650 Nm System 600 Nm
0-100 km/h 5,7 Sekunden 4,9 Sekunden 4,7 Sekunden
Vmax 248 km/h 254 km/h 273 km/h
Verbrauch (WLTP) 10,8-21,1 l 1,5-1,8 l; 28,7-30,8 kWh 12,4-13,4 l
Preis ab 89.097 Euro ab 103.334 Euro ab 107.542 Euro

Zum Start des Facelifts war’s das vorerst für den europäischen Markt. Es folgt ein Cayenne GTS, der den Turbo ersetzen und deutlich über 500 PS leisten wird. Außerdem wird es zwei weitere Plug-in-Hybride geben. Einen davon mit um die 600, den anderen mit mehr als 750 PS.

Der Performance-King und Nordschleife-SUV-Rekordler Cayenne Turbo GT bringt es nun auf 660 statt 640 PS. Europa schaut hier aber leider in die Röhre.

Was ist sonst noch passiert?

Vor allem innen hat man den Cayenne ordentlich auf links gedreht. Das Armaturenbrett ist komplett neu und sieht jetzt aus wie beim Taycan. Inklusive 10,9-Zoll-Display vor dem Beifahrer, der damit künftig auch während der Fahrt Video-Inhalte streamen kann.

Bei den Fahrwerken hat man von drei auf zwei Optionen reduziert. Es gibt jetzt noch ein Stahl- und ein Luftfahrwerk, beide mit geregelten Dämpfern. Für letzteres hat man eine neue Luftfeder entworfen. Beide Fahrwerke kriegen einen neuen Dämpfer mit zwei Ventilen statt bisher einem. Hier sind nun Zug- und Druckstufe getrennt voneinander regelbar und es kann mehr Dämpfkraft entwickelt werden.

So wird der Aufbau ruhiger und das Fahrverhalten geschmeidiger. Dabei helfen auch neue Reifen, die mit weniger Luftdruck fahren. Die Reifen wurden zudem so abgestimmt, dass das Gripniveau an der Vorderachse steigt.

Mehr Grip bedeutet wiederum: Ich kann an Systemen wie Allradantrieb und Wankstabilisierung Hand anlegen, um mehr Performance zu erreichen. Die Lenkung hat man dann auch noch mitgenommen. Letztere soll jetzt mehr in Richtung “alter” Turbo GT gehen, der ja das sportlichste Modell der Baureihe war.

Und wie fühlt sich das alles jetzt an?

Zuerst beordert man mich in den Basis-Cayenne. Wobei “Basis” hier durchaus irreführend ist. Ich fahre ein Coupé mit so ziemlich allem, was die Aufpreisliste hergibt. Luftfeder, 22-Zöller, Hinterradlenkung, Wankstabilisierung, Keramikbremse, Sportabgasanlage, HD-Matrix-Scheinwerfer, das Vollgas-Interieur-Erlebnis mit adaptiven Sportsitzen, Beifahrerdisplay, Racetex-Dachimmel et cetera. Gesamtpreis: 142.010 Euro. Auweia.

Jetzt klingen 353 PS für ein Einstiegsangebot natürlich recht proper, aber man ist von all den Turbo-, GTS- und Mega-PHEV-Cayennes inzwischen so versaut, dass man nach ein paar Beschleunigungsvorgängen sagt: Joa, fühlt sich absolut okay, aber auch nicht super raketig an. Ein, zwei Serpentinen rauf, na gut, die hättest du jetzt mit dem V8 spielerisch niedergemetzelt, hier ist es halt ein bisschen schwerfälliger.

Stellt sich natürlich die Frage, wer mit seinem Cayenne tagtäglich am Limit Bergstraßen hochrumpelt. Sehen Sie, deswegen wird man auch mit dem Cayenne ohne Zusatzbuchstaben ein ziemlich gutes Auskommen haben. Flott ist er ja allemal. Obendrein klingt er sehr adrett. Das V6-Timbre hat man schön rausgearbeitet, mit leichter Renitenz und Rennigkeit beim Ausdrehen. Gut.

Und der PHEV?

Nicht wesentlich anders, zumindest, was den Durchzug angeht. Auf dem Papier ist er deutlich schneller (siehe Tabelle), aber auf der Straße ist es dann ja doch meist was anderes. Und hier heißt was anderes: ziemlich ähnlich. Ganz unten heraus geht’s halt fixer los mit der Leistungsentfaltung, dann werden die 117 Mehr-PS größtenteils von den gut 370 Mehr-Kilogramm aufgefuttert.

Wie sich der E-Hybrid im Grenzbereich bewegt, war aufgrund der etwas kurzen, ziemlich geraden Zwischenroute nicht herauszufahren. Leider übernahm ich das Auto auch mit relativ leerem Akku, Aussagen über die elektrische Reichweite müssen wir also mal nach einem Test in der Redaktion treffen.

Ansonsten fühlt er sehr ähnlich an wie der Basis-Cayenne. Wir wissen alle, dass Porsche ziemlich gut ist im Verschwinden lassen von Gewicht. Negativ fiel mir jedoch das Bremsgefühl auf. Fühlte sich an, als wäre die Bremspedal-Abstimmung nicht ganz fertig. Denken Sie an einen langen Druckpunkt, als müsste man mit dem Ballen eine kleine Kuppe überwinden. Samt komischem Gefühl beim reindrücken – leicht knirschig-krachig, etwas unharmonisch, schlecht dosierbar. Porsche pfeift ja auf Rekuperationsstufen, holt jetzt aber noch mehr Rückgewinnung durch die Bremse. Vielleicht könnte man da nochmal nachjustieren.

Alles besser mit V8?

Es ist natürlich schon eine Ansage, einen Achtzylinder in den Cayenne S zu stopfen. Wer den Vierliter-Biturbo kennt, weiß, dass hier der Punk natürlich gänzlich anders abgeht. Ansprechverhalten, Beschleunigungsvermögen, Durchzug bis in die oberen Regionen, das ist hier ein gänzlich anderes Gefühl. Wenn Ihnen etwas an Performance liegt, nehmen Sie den S.

Bewegt sich der Cayenne denn nach dem Facelift anders?

Was bereits nach wenigen Metern auffällt: Die Annäherung der Lenkung an Turbo GT-Verhältnisse ist nicht nur so daher gesagt. Sie fühlt sich richtig schwer an, schwerer als ich es in Erinnerung hatte, ungewöhnlich schwer für diese Fahrzeugklasse. Dafür bietet sie allerdings auch ein starkes Gefühl der Kontrolle, der Involvierung, der Sportlichkeit. In dieser Ausprägung ist das schon auch ein gewagter Schritt, denn die Rückstellkräfte sind recht hoch und der geliftete Cayenne hat einen ausgeprägten Hunger nach Spurrillen. Letzteres könnte natürlich auch mit der weiteren Dynamisierung des Fahrwerks oder den komplett neuen Reifen zu tun haben.

Auf der anderen Seite ist der Cayenne auch weiterhin kein hypernervöser Charakter, wie man das von einigen anderen Sport-SUVs kennt, die sich Dynamik mit zappeliger Härte erkaufen. Wie sich das bemerkbar macht? Na bereits beim Einlenken. Die Vorderachse ist kein Epizentrum fieberhafter Nervosität, eher ein satter Ruhepol, der weiß, dass er alles im Griff hat. Porsche muss kein Auto bauen, dass mit hyperaktiver Lenkung künstlich auf sportlich macht.

Laterale Aufbaubewegungen hat der Cayenne sehr gut im Griff. Trotzdem wirkt er nicht abgehakt oder zappelig. Das ist im Vergleich zu manchem arg wilden Performance-SUVs bei normaler Fahrt fast schon gemächlich, aber in der Kurve macht ihm letztlich trotzdem kaum einer was vor. Das ist dann plötzlich lockerleicht, spielerisch, großartig. Porsche halt, was will man machen.

Apropos Porsche: Bei aller Kunst, die es erfordert, einen aufgebockten Zweikomma-Irgendwas-Tonner so routiniert ums Eck dribbeln zu lassen, ist die größte Fertigkeit wohl doch, all das mit einem schlichtweg sensationellen Fahrkomfort zu verbinden.

Da macht der Cayenne nochmal ein Sprung mit dem neuem Fahrwerk. Die Unterschiede zwischen den Modi sind spürbar. Spürbarer als bisher. In “Komfort” ist er eine absolute Sänfte, ohne jemals ansatzweise wabbelig, weich, untrainiert zu wirken.

Er ist halt einfach grandios gedämpft, bügelt alles weg. Wankig wird er dabei nie. Auch in “Sport” ist das alles noch unfassbar angenehm. Wenn Sie leichtes Gebretter und ein bisschen Holterdipolter unter sich spüren wollen, müssen Sie schon in “Sport Plus” gehen, aber selbst da ist alles im Rahmen. Mehr kann man nicht erwarten.

Wie ist er innen?

Der Cayenne ist wohlweislich kein billiges Vergnügen, da darf man im Interieur durchaus einiges erwarten und hier liefert das Auto auch definitiv ab. Die Qualität, alles was man ansieht und anfasst, ist mit dem neuem Armaturenbrett, den Türen und der Mittelkonsole gestiegen. Alles wirkt klarer und wertiger als bisher. Gönnen Sie sich aber den Lederbezug fürs Armaturenbrett, das macht schon sehr viel aus.

Mir persönlich sind die adaptiven Sportsitze mit 18-Wege-Verstellung um die Hüfte herum ein wenig zu eng und unbequem, da sollten Sie sicher mal probesitzen vor der Bestellung. Ein kleines Ärgernis war im Test auch die verschiebbare Mittelarmlehne, die etwas zu leicht vor und zurück rutschte.

Sehr schön gelöst dagegen: Das gekühlte Handyfach für schnelleres 15-Watt-Laden, mehrere USB-Ports, genug Ablagen und Getränkehalter sowie die sehr schön gearbeitete, gut handhabbare Klimabedienung in der Mittelkonsole. Das grafisch hochwertige, schnelle Infotainmentsystem gibt auch keine Rätsel auf. Dass die Bedienung nur per Touch und Sprache funktioniert ist ja nichts Neues. Ein Dreh-Drück-Steller wäre eine schöne Sache, aber es ist nun mal wie es ist.

Wirklich klasse: Die Bedienung und die Konfigurationsmöglichkeiten des Instrumentendisplays. Die vielen verschiedenen Anzeigen sind top gegliedert und die Verstellung innerhalb der Kreise per Drehrad am Lenkrad funktioniert wirklich gut. Ein Schock für alle Traditionalisten: Der Drehzahlmesser ist erstmals nicht mehr analog und der Gangwahlhebel wandert rechts nebens Lenkrad. Kurz schütteln und weiter geht’s.

Großartig wie eh und je: Die monumentale Beinfreiheit im Fond und der riesige 772-Liter-Kofferraum, der sich auf 1.708 Liter erweitern lässt. Beim Plug-in-Hybrid sind es 627 bis 1.563 Liter.

Fazit: 8,5/10

Mit dem Facelift wird der Porsche Cayenne zum digitaleren, wertigeren und noch runderen Auto. Den Spagat zwischen Dynamik und Fahrkomfort kriegt keiner so gut hin wie er. Das mag abgedroschen klingen, aber so ist es eben.

Es gibt ja gute Gründe, warum er sich trotz seines gehobenen Preisniveaus so irre gut verkauft. Neben seinem Auftritt und dem großartigen Fahrverhalten punktet er halt auch bei ganz alltäglichen Dingen wie dem Platzangebot und der Bedienung.

Man muss ihn sich halt leisten können. Er ist teuer, hat eine ellenlange Aufpreisliste und seine Motoren sind nicht wirklich sparsam. Wer kann, kriegt hier ein ziemlich grandioses SUV.

Technische Daten und Preise Porsche Cayenne S 2023

  • Motor: V8-Biturbo; 3.996 ccm
  • Getriebeart: 8-Gang-Automatik
  • Antrieb: Allradantrieb
  • Leistung: 349 kW (474 PS) bei 6.000 U/min
  • Max. Drehmoment: 600 Nm bei 2.000-6.000 U/min
  • Beschleunigung 0-100 km/h: 4,7 Sekunden
  • Höchstgeschwindigkeit: 273 km/h
  • Leergewicht: 2.235 kg
  • Zuladung: 770 kg
  • Anhängelast: 3.500 kg
  • Verbrauch: WLTP-Verbrauch: 12,4-13,4 Liter
  • Emission: 282-303 g/km CO2
  • Basispreis: 107.542 Euro

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