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Polestar-Chef Thomas Ingenlath im Interview über den Polestar 3 (2022)

490 PS und volle Hütte für 89 900 Euro. Im Interview: Was Polestar-Chef Thomas Ingenlath über den Polestar 3 und die Zukunft denkt.

Wird jemand im Auto vergessen, geht die Klimaanlage an, falls es zu heiß ist. Passt der Fahrer nicht auf, fährt der Polestar rechts ran. Was der Polestar 3 noch kann und für die Marke bedeutet, fragen wir den CEO. Thomas Ingenlath, was macht Sie gerade glücklich? Es klingt jetzt nach zu viel Klischee, aber ist wahr: Woran ich da denke, ist die Polestar-3-Premiere. Da auf die Bühne zu gehen, das Auto zu präsentieren, zu erklären, die Geschichte zu erzählen, das ist schon eine sehr persönliche Sache für mich. Das bekomme ich nicht von der Marketingabteilung vorformuliert, sondern das entwerfe ich selbst. Und nun freue ich mich auf den großen Moment. Es war ein langer Weg zum Polestar 3, das erste Mal habe ich ihn 2018 gesehen. Stimmt, 2018 war die heiße Designphase, wo wir ihn im Grunde genommen serienreif gemacht haben. Jedes Autos hat seine Geschichte, seine Bedeutung. Nur irgendein Auto zu bauen, ist Verschwendung, ist vertane Zeit. Hier den Kontext herzustellen, warum ich meine, dass dieses Auto so besonders und es wert ist, auf die Bühne zu kommen, das ist mir wichtig. Was ist die Botschaft, die Vision, die Sie und das Team von Polestar antreibt? Nio will “den blauen Himmel zurückbringen”, Nikola will “den Diesel vom Highway holen”, AUTO BILD ist klimaneutral, weil wir helfen wollen, Mobilität für alle zu erhalten. Und Sie? Unser Name ist Programm, wir wollen eine Marke sein, die Leitstern ist. Eine Firma, die in Technologie, Design und Relevanz ausdrückt, wofür wir stehen: wegbereitend zu sein. Elektromobilität betrachten wir nicht per se als DIE Lösung für die Probleme, die wir haben, die CO2-Belastung. Es ist das Entry-Ticket. Für mich wird viel zu viel proklamiert, als würde, ich, wenn ich Elektroautos baue, schon die Antwort gefunden haben. amazon, polestar-chef thomas ingenlath im interview über den polestar 3 (2022)

Polestar-CEO Thomas Ingenlath (58).


Wir glauben: Es ist das Hier und Jetzt. Die Zukunft ist: Sich mit Elektromobilität auf den Weg zu machen zu einer CO2-freien Mobilität. Jeder denkt immer, die große Herausforderung derzeit sei, Elektroautos zu bauen, Ladeinfrastruktur und so weiter. Das ist alles Pillepalle im Vergleich zu dem, was uns bevorsteht: im Produktionsprozess, in der Energieherstellung CO2-frei zu werden. Das ist das große Thema, die Mission. 2030 ein Auto auf die Straße zu bringen, das die Fabrik mit null CO2-Belastung verlässt. Das ist verdammt schwer. Heutzutage wüssten wir noch nicht mal – mit allem Geld der Welt –, wie dieses Auto herzustellen wäre. Das ist die große Mission von Polestar. E-Mobilität, klar, aber Leute, das ist erst der Anfang. Aber wie kann ein Fast-Fünf-Meter-SUV wie der Polestar 3 nachhaltig sein? Der Vorteil von jedem Elektroauto, das wir heute auf die Straße bringen, ist, das es nicht am Tag eins eine bessere CO2-Bilanz hat als ein Verbrenner, aber definitiv in dem Zeitraum, in dem es genutzt wird, den Verbrenner überholt – wenn ich mit grünem Strom tanke. Dann ist auch ein SUV selbstverständlich die bessere Lösung als irgendein Verbrenner. Am Ende des Tages wird es jeden Verbraucher beschäftigen, seine persönliche Energiebilanz auf null zu bringen. Was halten Sie von den Diskussionen über die vermeintlichen Heilsbringer Wasserstoff und E-Fuels? Da braucht man gar nicht dogmatisch zu sein, hier geht es um Praktikabilität. Wenn ich Elektromobilität einem breiten Publikum zur Verfügung stellen will, ist es heute mit Batterien darstellbar – mit allem anderen nicht. amazon, polestar-chef thomas ingenlath im interview über den polestar 3 (2022)

Klare Visionen: Der Polestar 3 ist dabei der nächste Schritt.


Als Designer haben Sie sich früher nicht um den Antrieb gekümmert, richtig? Was hat sich verändert? Macht die Struktur eines E-Autos die Autos schöner? Der Vorteil eines Elektroautos hat einen befreienden Effekt. Aber bevor man da den falschen Eindruck erweckt: Was das Aussehen unserer Autos und den Freiheitsgrad der Designer einschränkt, ist ja nicht nur der Motor. Es sind Sicherheitsregeln, Euro-NCAP-Tests, Fußgängerschutz. Man hat vielleicht weniger mechanische, aber unglaublich viele elektronische Bauteile wie Sensoren und Kameras, die auch alle irgendwie ans und ins Auto müssen. Die Schwierigkeit ist immer noch gigantisch, mit all diesen Regularien umzugehen. Aber dies macht andererseits auch den Reiz aus. Leute müssen einsteigen, Ergonomie ist wichtig. Das verändert sich erst, wenn Autos autonom fahren. Aber das sind dann auch ganz andere Fahrzeuge als heute, von denen wir dann reden. Sie haben Google ins Auto gelassen, wurden dafür auch kritisiert. Jetzt wird BMW sein gefeiertes System in der nächsten Generation mit Amazons Alexa verknüpfen. Fühlen Sie sich bestätigt? Ja, so ist es. Ich sehe es wie unsere Kunden, die sind sehr zufrieden damit. Und generell dreht sich derzeit ja da auch die Stimmung bei anderen Konzernen. Zu Recht. Wer ist Ihr berühmtester Kunde, Leonardo DiCaprio? Kunde ist das falsche Wort, er ist Investor, Fan, Anteilseigner, Promoter. Er fährt sicher auch Polestar, aber ähnlich wie ich fährt er – denke ich – auch oft Fahrrad. amazon, polestar-chef thomas ingenlath im interview über den polestar 3 (2022)

Wichtige Message: Alle Materialien im Cockpit sind nachhaltig.


Ist die Verbindung zu China gefährlich für Polestar? Die letzten fünf Jahre zu sehen, wie sich die Spannung zwischen den großen Blöcken aufgebaut hat, ist für jeden als auch für alle globalen Unternehmen beunruhigend. Von diesen Spannungen ist auch Polestar betroffen. Durch die Eigentümerstruktur (Anm. d. Red.: Anteilseigner sind der chinesische Geely-Konzern sowie Volvo) natürlich, aber noch viel mehr durch die bedrohte Freiheit der Märkte. Wo kann ich verkaufen, wo muss ich produzieren, welche Region ist wichtig? Das Problem haben auch andere Hersteller. Wir können nicht in jedem Land, in dem wir Autos verkaufen, ein Werk bauen. Aber wir wollen langfristig die Transportwege reduzieren. Dass wir bald in den USA produzieren, ist schon aus Umweltaspekten wichtig. Auch in Europa wird ein Produktionsstandort entstehen, das ist kein Geheimnis.

Zum Auto: Das kann der Polestar 3

Der Polestar 3 ist ein 4,90 Meter langer und 1,61 Meter hoher Allrad-SUV mit Aero-Wings vorn und im Heck. Ab sofort online bestellbar, erste Auslieferungen im vierten Quartal 2023. Im ersten Bestelljahr sind Plus- und Pilot-Paket inklusive. Vollausstattung heißt dann: 490 PS, 840 Nm, fünf Sekunden auf 100 km/h, Luftfederung, durchgehendes Panorama-Glasdach, LEDs, 21er-Felgen, Audiosystem von Bowers & Wilkins mit Dolby Atmos und 25 Lautsprechern, sanft schließende Türen, Head-up-Display, Pilot Assist. Alle Materialien im Innenraum sind nachhaltig, zum Beispiel tierschutzverifiziertes Leder und rückverfolgbare Wolle. Sein 111-kWh-Akku mit Flüssigkeitskühlung und Wärmepumpe kann mit bis zu 250 kW schnellladen und bietet nach WLTP 610 Kilometer Reichweite. Es wird zusätzlich zu den beiden Screens ein Head-up-Display geben. Google bleibt im Auto. Neu: die Qualcomm-Snapdragon-Infotainment-Plattform. Für Fahrsicherheit sorgen: fünf Radarmodule, fünf Kameras, 12 Ultraschallsensoren. Kofferraum vorn 32 Liter, hinten 484 Liter (umgeklappte Sitze 1411 Liter).

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