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Pininfarina Battista: Ortstermin mit dem 1.400-kW-Boliden

Chefentwickler René Wollmann erklärte uns die Technik

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Zwei Sekunden: Schneller geht es nicht. Schneller kann man den Normsprint aus physikalischen Gründen nicht abspulen. Das erklärte kürzlich zumindest ein Wissenschafts-Youtuber und belegte ausführlich, warum das Tesla Model S Plaid+ nicht in unter 2,1 Sekunden auf 100 sprinten kann.

In diese Oberliga der extrem schnellen Sprinter gehört auch der Pininfarina Battista. Wir haben uns bei Chefentwickler René Wollmann in der Münchner Motorworld über den Elektro-Supersportwagen informiert.

Mit dem Pininfarina Battista geht ein Traum von Battista Farina in Erfüllung, der seinen Spitznamen Pinin in den Firmennamen aufnahm: Statt immer nur Autos zu gestalten und Karosserien für andere Marken zu fertigen, wollte er einmal ein Auto mit seinem eigenen Markennamen bauen.

Bildergalerie: Pininfarina Battista Anniversario in München (2021)

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So entstand der Pininfarina Battista. Technische Basis ist der Rimac C_Two. Von diesem stammen der Elektroantrieb mit vier E-Motoren (zweimal 250 kW vorne und zweimal 450 kW hinten) und die 120-kWh-Batterie, auch das Carbon-Monocoque wurde übernommen. Anders sind jedoch das Chassis, die Software (mit der bei solchen Autos fast alles steuerbar ist, wie Wollmann sagt) und im Design innen und außen.

“Sopratutto, deve essere bella.”

Gefragt nach den Unterschieden zum Rimac, sagt Wollmann: Der Wagen ist anders abgestimmt, nicht unbedingt weicher, aber sehr neutral, sehr fehlerverzeihend. Mit diesem Auto traut man sich, Gas zu geben, weil man merkt, dass man nicht unvorhersehbar in den Grenzbereich kommt. Der Battista ist laut Hersteller ein luxuriöser “Hyper-GT”. Das heißt, es kommt auch sehr auf das Design an (klar, ist ja ein echter Pininfarina), auf Eleganz und ein luxuriöses Interieur. Oder wie es der italienische Battista-Ingenieur Paolo Dellachà mal ausdrückte: Sopratutto, deve essere bella (Vor allem muss er schön sein).

Eine Besonderheit ist auch, dass die Beschleunigung auch bei hohem Tempo kaum nachlässt: Der Battista beschleunigt in 2,0 Sekunden auf 100, in 6,0 Sekunden auf 200 und in etwa 11 Sekunden auf 300. Der Wagen soll 350 km/h schnell fahren. Heißt das dann, dass der Wagen für die Autobahn und die Rennstrecke gebaut ist?

Nein, da widerspricht Testfahrer Nick Heidfeld (genau, der aus der Formel 1). Der Battista fährt sich in der Stadt gut, auf der Landstraße, auf der Autobahn, und auch auf der Rennstrecke, so Heidfeld. Dazu hat man unter anderem viel Sorgfalt auf die Fahrmodi verwendet. Denn beim Battista sind 2.300 Newtonmeter mit dem Gasfuß zu steuern, auf gerade mal 13 Zentimeter Pedalweg. Das heißt: fast 180 Newtonmeter pro Zentimeter.

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Natürlich fährt sich so ein Auto ganz anders als ein F1-Renner. Vor allem in der Kurve, sagt Heidfeld. Die Beschleunigungszeit ist sogar kürzer, der Battista ist zwar mit 2,3 Tonnen etwa dreimal so schwer (aktuelle F1-Autos wiegen 775 Kilo ohne Sprit), aber auch fast etwa doppelt so stark. Außerdem hat ein F1-Auto nur Heckantrieb.

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Die vier E-Motoren sind nicht etwa in den Radnaben untergebracht, sondern eher zentral. Natürlich kann man zwei Achsen auch mit zwei E-Motoren antreiben, aber bei den hier nötigen Leistungen ist eine Aufteilung auf zwei Motoren pro Achse einfacher, so Wollmann. Und vor allem wird so ein extrem flexibles Torque Vectoring möglich. Anders als bei früheren Prototypen, wo hinten noch zwei Zweigang-Getriebe vorgesehen war, werden nun vier Eingang-Getriebe verbaut. Das spart Gewicht.

Die Batterie ist deswegen T-förmig, weil man in einem Sportwagen natürlich tief (und nicht auf einer Batterieplatte) sitzen möchte. Der breite Mittelsteg führt innen zu einer breiten Mittelkonsole, dass die Insassen mit den Ellenbogen kaum zusammenstoßen werden. Man schaut auf zwei rechteckige Monitore und einen kleinen dazwischen, der ein wenig an ein senkrecht aufgestelltes Smartphone erinnert. Ansonsten gibt es mattes Aluminium, das sehr edel wirkt. Das Cockpit ist angenehm wenig protzig. Und: Die Materialien sind “ehrlich”: Was aussieht wie Alu, ist auch Alu; was aussieht wie Carbon, ist auch Carbon.

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Stolz ist man bei Pininfarina auf die Tasten für die Klimatisierung. Sie zeigen kleine hinterleuchtete Symbole und fallen eigentlich gar nicht weiter auf. Aber sie sind in einer Alu-Leiste untergebracht und bestehen deswegen auch selbst aus Alu. Hinterleuchtete Symbole auf Alu? Richtig, das geht eigentlich nicht, den Alu ist nicht transparent. Außer, man machte s extrem dünn. Angeblich ist dieses unscheinbare Detail furchtbar teuer. Aber man wollte deswegen halt kein Plastik nehmen.

pininfarina battista: ortstermin mit dem 1.400-kw-boliden Das Heck: Unter der Klappe unten in der Mitte verbirgt sich der Ladestutzen

Eine weitere Besonderheit ist die Position des Ladestutzens. Denn der Battista ist kein Nasenlader, kein Links- und kein Rechtslader, sondern tatsächlich ein Hecklader (oder soll man sagen Hinterlader?). Der Grund: Die Kunden stellen sich so ein Fahrzeug in die Mitte eines Showrooms, und da soll das Ladekabel auf keine Fall über die Karosserie gelegt werden müssen.

Vorne ging nicht, weil da der Anschluss unpraktisch niedrig liegen würde und weil er bei einem leichten Rempler beschädigt würde. Also blieb nur hinten. Geladen wird per CCS2-Anschluss mit bis zu 250 kW. Etwas oberhalb gibt es einen Leuchtring, der wie eine Analoguhr anzeigt, wie weit der Ladevorgang schon fortgeschritten ist. Außerdem gibt es am Heck einen einstellbaren Flügel, der sich zum Beispiel beim Bremsen aus hohem Tempo aufstellt, damit die hinteren Bremsen auch wirken.

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Die 120-kWh-Batterie ist mit zylindrischen Zellen bestückt, die jeweils an Kopf und Fuß gekühlt werden. Seitlich ist nämlich da wenig zu machen. Deswegen steht in den Modulen eine Zellschicht auf einer Kühlplatte, dann kommt wieder eine Kühlplatte, dann wieder Zellen. Ein Klimakompressor sorgt für die Temperierung der Batterie, ein zweiter kühlt oder wärmt den Innenraum.

Und wie ist das mit der Markteinführung? Nun, eigentlich hätte das Topmodell Battista Anniversario auf dem Genfer Autosalon 2020 gezeigt werden sollen. Der fiel Corona zum Opfer; stattdessen wurde das Auto bei einem Online-Event vorgestellt. Seit 1. Mai steht der Anniversario nun in der Münchner Motorworld – und ist damit erstmals in Deutschland zu sehen.

Derzeit werden am Battista die finalen Abstimmungen gemacht, wobei auch die Kunden schon mitreden dürfen. Produziert wird der Wagen ab Spätsommer 2021, die ersten Auslieferungen sollen Ende 2021 oder Anfang 2022 folgen. 150 Stück sind geplant, darunter fünf Stück vom Anniversario. Wie viele davon schon verkauft sind, verrät der Hersteller nicht. Aber die Kunden sollen begeistert sein von dem Auto. Auch wenn die Preise erst bei etwa 1,7 Millionen Euro beginnen.

Technische Daten des Pininfarina Battista

  • Antrieb: Vier E-Motoren (PSM), vorne zweimal 250 kW, hinten 2 mal 450 kW
  • Systemleistung: 1.400 kW (ca. 1.900 PS)
  • Systemdrehmoment: 2.300 Nm
  • 0-100 km/h: 2,0 Sek
  • 0-200 km/h: 6,0 Sek.
  • 0-300 km/h: ca. 11 Sek.
  • Batterie: 120 kWh in T-Form, zylindrische Zellen, 730 Volt
  • Aufladen: bis 22 kW AC, bis 250 kW DC
  • Gewicht: 2,3 Tonnen
  • Basispreis: ca. 1,7 Millionen Euro

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