Test

Pininfarina Battista: Elektro-Supersportler mit 1.900 PS im Test

Das Hypercar trägt den Namen von Unternehmensgründer Battista Farina zurecht

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Die Zahlen sind schier unglaublich: 1.400 kW, ein Tempo-100-Sprint in 2,0 Sekunden und Tempo 300 nach 11 Sekunden. Elf Sekunden, das ist ungefähr die Hälfte der Zeit, die der berühmte McLaren F1 brauchte, um 300 km/h zu erreichen. Wie eine schamlose Übertreibung klingen aber nicht nur die Fahrleistungen, sondern auch der Preis des Pininfarina Battista von rund 2 Millionen Euro – und das ist nur der Basispreis.

Der Battista sieht zudem fast zu schön aus, um brutal zu sein. Ein atemberaubendes Styling war ein Muss für das erste von Grund auf neu entwickelte Serienauto des renommierten Designhauses, dessen charakteristisches “P”-Logo zahllose italienische Karosserien geziert hat, von Lancias, Fiats und Maseratis bis hin zu nicht weniger als 64 Ferraris.

  Pininfarina Battista
Antrieb:  4 Permanentmagnet-Synchronmotoren
Leistung / Drehmoment: 1.417 kW (1.900 PS)  / 2.300 Nm
0-100 km/h: 2,0 Sek.
Höchstgeschwindigkeit: 350 km/h
Grundpreis: rund 2 Millionen Euro

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Elektrisierende Elektrifizierung

Der Battista teilt sich den Antriebsstrang und das Kohlefaser-Monocoque mit dem Rimac Nevera, dessen vergleichsweise kantiges Design eher grob geschnitzt wirkt. Die Kurven und die nur angedeuteten Konturen des Battista wirken dagegen sinnlich und bedrohlich zugleich.

Irgendwie scheint der Battista weniger zu sein als die Summe seiner elektrifizierten Teile. Das kann nur ein Taschenspielertrick sein, von der Papierform her verspricht der Wagen viel, aber ob er diese Versprechen beim Fahren einlösen kann, ist eine andere Frage. Spoiler-Alarm: Wir haben kein Problem damit, zuzugeben, dass wir uns geirrt haben.

Paolo Dellacha, der Leiter der Produkt- und Konstruktionsabteilung von Pininfarina, bestätigt, dass der italienische Testkandidat eine ganz eigene Note hat. “Die Art und Weise, wie sich das Fahrzeug fährt, ist ganz, ganz, ganz anders als beim Nevera”, betont Dellacha.

Das Fehlen eines Drift-Modus ist nur ein Hinweis darauf, dass sich der Battista auf ein ausgefeiltes Handling und eine gute Balance konzentriert. Unter den schönen Teilen befindet sich ein T-förmiges 120-Kilowattstunden-Batteriepaket, das den Strom in vier Elektromotoren leitet. Das Quartett bringt zusammen 2.300 Newtonmeter auf die Straße. Diese Macht zu kontrollieren, war bei dem Testfahrzeug die Aufgabe von optionalen Michelin Pilot Sport Cup 2R – denselben Reifen, auf denen auch der Porsche 911 GT2 RS steht.

Bildergalerie: Pininfarina Battista (Test)

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Die Serienausrüstung besteht aus 20-Zoll-Rädern und einer Auswahl an Reifen (einschließlich Winterreifen), aber unser Testfahrzeug ist mit 20er-Rädern vorne und 21er-Rädern hinten ausgestattet. Sechs-Kolben-Bremssättel von Brembo drücken auf zweiteilige Carbon-Keramik-Scheiben. Doch der Antriebsstrang nutzt beim Bremsen auch Rekuperations-Energie, was hilft, die Temperatur der Bremsen zu senken, indem bei Bedarf das rekuperative Bremsen verstärkt wird. Die Doppelquerlenker-Aufhängung ist mit adaptiven Dämpfern von KW ausgestattet, zudem gibt es ein Torque Vectoring für mehr Agilität und bessere Kontrolle in der Kurve.

Nach dem Öffnen der Flügeltüren, erwartet einen ein luxuriöser Innenraum mit authentischen Materialien, von maschinell bearbeiteten und eloxierten Aluminiumknöpfen bis hin zu butterweichem Leder. Vorne befindet sich ein kleines Tachometer-Display in der Größe eines Smartphones, flankiert wird es von zwei Tablet-artigen Touchscreens.

Die Materialien im Innenraum haben einen gewissen Öko-Touch: Pininfarina verwendete Olivenblätter zum Gerben der Tierhäute und nutzte recycelte Fischernetze für die Fußmatten. Aber der Clou sind die Schalter, vor allem der Drehknopf, mit dem einer von fünf Fahrmodi gewählt wird – durch eine feste Drehung des kühlen Metalls.

“Der lustig benannte Modus Furiosa bietet ein Setup für die Rennstrecke und verspricht ein 2 Fast 2 Furious-Erlebnis.”

Calma bietet maximale Rekuperation und eine träge Gasannahme für das Fahren in der Stadt. Pura beseitigt die Dumpfheit, ohne die Leistung zu erhöhen, und Energica bringt ein bisschen mehr Emotion, während der lustig benannte Modus Furiosa ein auf die Rennstrecke ausgerichtetes Setup für ein “2 Fast 2 Furious”-Erlebnis bietet.

Wenn man die Modi in dieser Reihenfolge erprobt, ergibt sich eine eskalierende Geräuschkulisse, die aus zwei Außen- und zehn Innenlautsprechern kommt. Der fünfte Modus namens Caratter (italienisch für “Charakter”) ermöglicht individuelle Einstellungen für Gaspedal, Leistungsentfaltung, Traktion und ESP.

Seltsamerweise hat Pininfarina die Rekuperationsstufen an die Fahrmodi gebunden, das heißt, man kann sie nicht separat einstellen. Für diejenigen, die es interessiert: Der Wagen soll eine Reichweite von 450 bis 500 Kilometern haben und sich mit 180 Kilowatt Gleichstrom laden lassen, wobei man die Batterie in weniger als 25 Minuten von 20 auf 80 Prozent bringen kann.

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Verfolgungsrennen mit einem Model 3

Da die Behörden vorschreiben, dass Vorserienfahrzeuge einem Leitfahrzeug folgen müssen, begleitete uns Pininfarina-Chefingenieur Georgios Syropoulos in einem Tesla Model 3 Dual Motor auf unserer Rundfahrt durch die kalifornische Stadt Palm Desert. Das Model 3 ist ein passendes Modell, da Syropoulos es entwickelt hat. Wie noch einige andere Tesla-Modelle, ganz zu schweigen von den Lotus-GT4-Rennwagen, bei denen er als technischer Berater fungiert hat.

Der Battista macht auf öffentlichen Straßen eine gute Figur; so mancher dreht sich nach ihm um und die Fotohandys klicken rechts und links. Er fühlt sich beim moderaten Gasgeben in den sanfteren Modi geradezu zahm an, bietet eine lineare Leistungsentfaltung und eine intuitive Gasannahme. Die Lenkung fühlt sich mäßig kommunikativ an, und man ahnt nicht, dass sich hinter der ruhigen Fassade ein Meer von Kraft verbirgt, es sei denn, man wechselt in einen aggressiveren Modus.

“Auf öffentlichen Straßen macht der Battista eine gute Figur; so mancher dreht sich nach ihm um und die Fotohandys klicken rechts und links.”

Schaltet man auf Furiosa um, dann strömt das Drehmoment sanft und stark – so stark, dass einem schnell die Straße ausgeht, wenn man einem schnellen Model 3 folgt, das engagiert gefahren wird von dem Mann, der für das Handling des Battista verantwortlich ist. Die Verfolgungsjagd wird zu einem sisyphusartigen Katz- und Mausspiel, denn der Battista scheint sich kaum anzustrengen, während der Tesla sich mit Warp-Geschwindigkeit durch die Kurven schlängelt und verzweifelt bemüht, auf der Straße zu bleiben.

Zur Sicherheit befand sich ebi unserem Vorserien-Testfahrzeug das Torque-Vectoring-System unabhängig vom gewählten Fahrmodus immer im Energica-Modus. Doch auch so fuhr der Battista noch sehr scharf in die Kurven, wobei der Cup 2 R für ein solides Einlenkverhalten, ein wenig Untersteuern und einen sanften Übergang von der Kurvenmitte zum Kurvenausgang sorgte.

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Los geht’s, rauf auf die Rennstrecke!

Da Pininfarina nur einen Testwagen für vier Journalisten hatte, beschränkten wir uns auf eine Spritztour auf dem Highway 74, bevor wir dem Battista eine Schnellladung spendierten und ihn zum Chuckwalla Valley Raceway brachten, der etwa eine Stunde von unserem Ausgangspunkt liegt. Die 4,3 Kilometer lange Rennstrecke in der Wüste bietet nur wenige visuelle Orientierungspunkte, was es schwierig macht, sich die Streckenführung zu merken.

Ungehindert von lahmen Alltagsautos und im Furiosa-Modus beantwortet der Battista einen Tritt aufs Gaspedal mit einem gewaltigen Schub, der eine Längsbeschleunigung von bis zu 2,2 g erzeugt. Was die Querbeschleunigung angeht, so hat Pininfarina auf der Teststrecke in Nardo kurzzeitig bis zu 1,8 g und kontinuierlich 1,4 g gemessen. Wir haben möglicherweise etwas geringere Kurvenkräfte erfahren, da sich das Torque-Vectoring-System während unseres Tests nicht in der aggressivsten Einstellung befand.

Fast 2.000 Pferdestärken auf einer geraden Linie zu entfesseln, ist ein buchstäblich atemberaubendes Gefühl. Die vier Motoren des Battista drehen sich mit einer Kombination aus Wut und Sanftheit. Das Gefühl ist noch verblüffender, als es die Zahlen nahelegen. Drücken Sie den Gasfuß durch und gucken Sie ganz weit nach vorn, und schon sind Sie da, wo Sie hingeguckt haben. Und anders als bei einem Verbrenner-Auto tritt die Reaktion auf den Gas-Stoß wirklich augenblicklich ein.

Der Pininfarina muss keine Außenluft in die Verbrennungskammern pressen (und/oder Turbos auf Trab bringen). Die Elektronen verwandeln sich direkt in kinetische Energie, und das, bevor man Zeit hat, die ganze verrückte Umwandlung zu verstehen. Die Carbon-Keramik-Bremsen arbeiten gut genug, um einem das Gefühl zu geben, dass man vor der Kurve zu früh in die Eisen gestiegen ist. Doch das könnte auch mit der Angst zu tun haben, bei all der Leistung zu schnell hineinzufahren.

“Pininfarinas Erstlingswerk ist ein beeindruckendes Debüt für eine Marke, die bisher dafür bekannt war, die Kreationen anderer Autohersteller zu verschönern.”

Wir konnten nur drei Runden mit dem Battista drehen, bevor wir ihn dem nächsten Journalisten übergaben. (Hier war Sparsamkeit angesagt, wegen der hohen Außentemperaturen und des beträchtlichen Batterieverbrauchs auf der Rennstrecke.) Aber in dieser kurzen Zeit lieferte der Wagen eine überragende Leistung und ein Handling, das seinem Leergewicht von zwei Tonnen spottete, selbst wenn das Torque-Vectoring-System nicht vollständig funktionierte.

Bis der Battista Ende 2021 an die erste Kundin oder den ersten Kunden ausgeliefert wird, bleiben noch einige Monate für die Feinabstimmung. Doch Pininfarinas Erstlingswerk ist ein beeindruckendes Debüt für eine Marke, die bisher dafür bekannt war, die Kreationen anderer Autohersteller zu verschönern. Die Zusammenarbeit mit Rimac beim Antriebsstrang war vielleicht der klügste Schachzug, den das Designer-Haus machen konnte. Denn Rimac bot eine Plattform, die ohne große Investitionen modifiziert werden konnte.

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Sie fragen sich, wer einen siebenstelligen Betrag für ein elektrisches Hypercar ausgibt? Denken Sie an den älteren Herrn, der während der Monterey Car Week einen Battista testete und sich davor Sorgen machte, dass das Auto möglicherweise nicht komfortabel genug wäre. “Kein anderes Auto bietet mehr Komfort und Laufruhe als mein Chiron”, soll er nach der Testfahrt gesagt haben. “Jetzt habe ich endlich ein Upgrade.”

Bildergalerie: Pininfarina Battista (Test)

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2022 Pininfarina Battista

Motor Four Permanent Magnet Synchronous Motors

Leistung 1,900 Horsepower / 1,741 Pound-Feet

Getriebeart Twin Single-Speed Automatics

Antrieb All-Wheel Drive

Beschleunigung 0-60 mph 1.8 Seconds

Höchstgeschwindigkeit 218 MPH

Elektrische Reichweite 310 Miles

Leergewicht 4,400 Pounds

Anzahl der Sitze 2

Basispreis $2 Million

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