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Opel Rocks-e (2021): Erste Sitzprobe im Elektro-Winzling

Der City-Stromer kann schon mit 15 Jahren gefahren werden und soll in eine neue Zeit weisen ...

opel rocks-e (2021): erste sitzprobe im elektro-winzling

In Deutschland wird es den Citroën Ami – dieses winzige Elektro-Leichtkraftfahrzeug – nicht geben. Stattdessen bringt Opel Ende des Jahres 2021 den ziemlich baugleichen Rocks-e auf den Markt, um das Segment der SUMs (“Sustainable Urban Mobility”) zu begründen und die Lücke zwischen Motorroller und Kleinstwagen zu schließen. Ab 15 Jahren wird man das 45-km/h-Wägelchen mit Versicherungskennzeichen fahren können. Wir nehmen schon einmal Platz.

Kein wirklich neuer Ansatz

Der Gedanke für ein extrem kleines und leichtes Stadtfahrzeug ist nicht neu bei Opel. Schon 1995 zeigten die Rüsselsheimer mit dem MAXX Concept einen nur 2,9 Meter kurzen Zweisitzer. 2004 folgte dann die mit drei Metern etwas längere 2+2-Studie TRIXX Concept (hier ein zeitgenössischer Artikel von vor 17 Jahren dazu). Beide Modelle wurden allerdings noch von einem Verbrenner angetrieben und setzten einen Pkw-Führerschein voraus. Dann stand 2011 das RAK-e Concept auf der IAA in Frankfurt – gut neun Monate, nachdem Renault in Paris den ähnlichen Twizy der Weltöffentlichkeit vorgestellt hatte.

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Aus den Ambitionen von Opel wurde aber nichts. Gewinnmargen sind in einem solchen Segment eben nicht wirklich zu erwarten und General Motors als Mutterkonzern war anscheinend nicht der richtige Partner für solche Mobilitätskonzepte. Mit PSA und jetzt sogar Stellantis im Rücken sieht die Sache aber anders aus und da der Ami für Citroën schon fertig entwickelt wurde, können bei geringen Entwicklungskosten für Opel auch Projekte mit ungewissem Ausgang und extrem geringen Margen realisiert werden.

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Das Ergebnis ist der Opel Rocks-e. Ein Fahrzeug für jugendliche Fahranfänger, Stadtrandpendler, urbane Kuriere oder beispielsweise Pflegedienste, die mit wenig Platz und einer reduzierten Reichweite zurechtkommen, gleichzeitig aber nicht den Witterungsverhältnissen ausgesetzt sein wollen und mehr Gepäck transportieren möchten, als das Beispielsweise auf einem Zweirad möglich wäre – Lastenräder einmal ausgeschlossen. Und dabei soll man natürlich immer und überall einen Parkplatz finden und elektrisch unterwegs sein.

Gleiche Teile senken die Kosten

Er sieht schon witzig aus, dieser 2,41 x 1,39 x 1,52 Meter kleine Rocks-e. Front und Heck sehen dabei identisch aus. Sie bekommen also einen Opel Vizor für vorne und hinten. Dazu gesellen sich helle LED-Beleuchtung und ebenfalls gleich gestaltete Türen. Auf der Fahrerseite schwingt die Tür nach hinten auf, der Beifahrer öffnet seinen Einstieg normal und die Tür öffnet nach vorne. Der Grund für das Hinten-wie-Vorne- beziehungsweise Links-wie-Rechts-Prinzip ist eine signifikante Kostenersparnis. Alle Türen und alle Stoßfänger sind Gleichteile.

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Angetrieben wir das 7,20-Meter-Wendekreis-Monster (der erste Smart Fortwo war in dieser Disziplin übrigens etwas besser) von einem 6-kW-Elektromotor, der von einer 5,5-kWh-Batterie versorgt wird. 45 km/h sind in der Spitze möglich. Mehr darf man in der L6e-Klasse nicht. 75 Kilometer beträgt die Reichweite nach WLTP-Norm und in rund 3,5 Stunden ist der Akku über eine Haushaltssteckdose wieder aufgeladen. Das Kabel dafür befindet sich zusammen mit dem Stecker in einem Fach am hinteren Ende der Beifahrertür. Rausgeholt ist das drei Meter lange System schnell. Verstauen dauert wegen des begrenzten Platzes etwas länger.

Mehr braucht es nicht … oder?!

Der Rocks-e kommt auf ein Gewicht von 471 kg. Ein echtes Leichtgewicht also. Wie diese wenigen Kilos realisiert werden, sieht und fühlt man überall am Fahrzeug. Die Türen sind unglaublich leicht und man wird direkt an einen Trabbi erinnert. Der Innenraum ist sehr spartanisch ausgestattet. Alle nötigen Funktionen sind zwar da, um irgendwie ein Auto aus dem Rocks-e zu machen, aber am Dachhimmel kann man beispielsweise einen unverkleideten Blick auf die Rahmenstruktur werfen. Das wirkt alles etwas billig – wenn dadurch aber Gewicht, Verbrauch und Preis sinken, passt der All-You-Need-Ansatz aber gut in die Zeit.

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Die beiden Sitze sind versetzt nebeneinander angebracht. So kann man auch mit breiten Schultern gut nebeneinander Platz nehmen. Die Kopffreiheit ist auch für Menschen jenseits der 1,85 Meter üppig, die Beinfreiheit auf dem Beifahrersitz ist exorbitant groß. Das liegt daran, dass der Fußraum im Zweifel nicht nur für lange Beine und große Füße genutzt werden soll, sondern die 63 Liter Volumen mit Einkäufen oder Koffern gefüllt werden müssen. Einen extra Kofferraum gibt es nämlich nicht.

Infotainment bitte selbst mitbringen

Die Infotainment-Technik im Cockpit beschränkt sich auf ein Display für die Geschwindigkeit, die Fahrmodi (Drive, Neutral, Reverse), den Ladezustand der Batterie sowie die verbleibende Reichweite. Klimatechnisch gibt es einen Lüfter und ein Frontscheibengebläse … und Klappfenster. Neben den beiden Knöpfen zur Klimareglung befinden sich noch ein Schalter für die Warnblinkanlage und eine USB-Ladebuchse, damit das Smartphone in dem dafür vorgesehenen Halter auch geladen werden kann. Ein Audiosystem? Fehlanzeige! Allerdings gibt es neben zahlreichen Ablagen für Kleinkram auch ein Fach für einen runden Bluetooth-Lautsprecher. Problem gelöst.

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Wir nehmen auf den dünn gepolsterten Sitzen Platz (Gewicht, Gewicht, Gewicht), genießen den grandiosen Ausblick durch das serienmäßige Panorama-Glasdach und müssen feststellen, dass das Gestühl doch bequemer ist, als es aussieht. Seitenhalt dürfen Sie zwar wohl keinen erwarten, aber riskante Performance-Fahrten werden Sie sowieso nicht mit dem Rocks-e unternehmen. Schließlich musste das Wägelchen nie einen Crashtest bestehen. Die Fahrzeugklasse macht es möglich. Genau wie die Freiheit, nie beim TÜV vorstellig werden zu müssen.

Abfahrt erst im November

Jetzt könnten wir nach einer Schlüsselumdrehung auch auf die “D”-Taste zwischen den Sitzen drücken und losfahren … aber … diesen Schritt gewährt uns Opel erst im November 2021 zur offiziellen Fahrveranstaltung. In einer Großstadt am Main. Wo sonst?!

Zu diesem Zeitpunkt werden hoffentlich auch schon Preise bekannt gegeben. Bislang hüllt sich der Hersteller nämlich in Schweigen. Ein Blick nach Frankreich und den Citroën Ami gibt aber einen guten Anhaltspunkt. 6.990 Euro ruft der Stellantis-Konzern dort für den Elektro-Flitzer auf. Eine Leasingrate kommuniziert Citroën ebenfalls. 19,99 Euro soll der Ami monatlich kosten. Mancher Handyvertrag ist da teurer. Allerdings müssen Sie aber auch knapp die Hälfte des Kaufpreises anzahlen.

Wir sind jedenfalls gespannt, wie sich das Segment der SUMs entwickeln wird. Renault hat den Twizy ja immer noch im Programm und der Microlino soll auch noch in diesem Jahr kommen. Beide Kontrahenten haben allerdings einen Vorteil für Menschen über 18 und mit richtigem Führerschein: Es gibt sie bei gleichen Abmessungen auch mit einer höheren Höchstgeschwindigkeit, einem großen Kennzeichen, Crashtest und TÜV.

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