- Opel Calibra war Aerodynamik-Weltmeister
- Pininfarina baute das Fiat Coupé
- Der Opel Calibra ist sportlicher
- Technische Daten: Fiat Coupé 20V Turbo & Opel Calibra 2.0l 16V Turbo 4×4
- Fiat Coupé/Opel Calibra
- Fiat Coupé/Opel Calibra
- Opel Calibra/Fiat Coupé
Opel Calibra war Aerodynamik-Weltmeister
Die Turbo-Versionen von Fiat Coupé und Opel Calibra waren die wildesten Hunde ihrer Klasse. Und doch haben die Classic Cars nicht allzu viel gemeinsam. Welcher macht im Vergleich mehr an?
Manchmal muss es eben Mumm sein, wie dieser Vergleich von Fiat Coupé und Opel Calibra zeigt. Nein, nicht die Sektmarke mit dem Kult-Slogan. Sondern Mumm, gegen den Strom zu schwimmen. Das Coupé Fiat, so die ungewöhnliche Werks-Bezeichnung, ist das beste Beispiel: Der 2+2-Sitzer, der auf dem 1988 präsentierten Tipo basiert, scheut Konventionen wie der Teufel das Weihwasser. Aber der Reihe nach: Im Sommer 1990, als die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei der WM in Italien zum dritten Mal Weltmeister wird, rollen die ersten Opel Calibra in die Schauräume. Seit der Präsentation des Sportcoupés auf der Frankfurter IAA im September 1989 ist nichts mehr so, wie es mal war: Zwei Monate nach der Premiere ist die Berliner Mauer gefallen, die Spaltung der Welt in ein kapitalistisches und ein sozialistisches Lager wird bald Geschichte sein. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
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In diese turbulenten Zeiten passt ein großer Wurf wie der Opel Calibra. Das technische Rückgrat des Manta-Nachfolgers bildet der 1988 präsentierte Vectra A. Der Name ist ein Kunstwort, entwickelt von Markennamen-Guru Manfred Gotta. Von welchem Kaliber der Calibra ist, verrät ein Blick auf sein Datenblatt: Mit einem cW-Wert von nur 0,26 verschafft er Deutschland im Sommer ’90 einen weiteren WM-Titel: jenen des Aerodynamik-Weltmeisters bei den Serienautos. Das Design-Team um Erhard Schnell setzt die Vorgaben der Aerodynamiker in eine Linienführung um, die den Calibra windschlüpfig wie ein Projektil macht. Doch das allein reicht nicht, um der Konkurrenz davonzufahren, allen voran jener vom Schlage eines Toyota Celica oder Nissan 200 SX, die ihr angestammtes Revier zäh verteidigen. Die Rüsselsheimer:innen drehen den Spieß um und versuchen es im Japan-Stil mit einer umfangreichen Serienausstattung, die unter anderem Servolenkung, Sportsitze und Leichtmetallfelgen umfasst – alles drin im Grundpreis von anfangs knapp unter 34.000 Mark. Nur beim Motor verlässt Opel der Mumm: Maximal 150 PS (110 kW) müssen bis 1992 reichen. Der 1989 runderneuerte Nissan 200 SX für 40.000 Mark schafft mit Turbo 169 PS (124 kW). Erst 1992 zieht Opel nach, pflanzt der 2,0-Liter-Vierventil-Version einen KKK-Turbolader in den Abgaskrümmer und spendiert ihr zusätzlich einen Ladeluftkühler. Das reicht für üppige 204 PS (150 kW) und 245 km/h Spitze. Dazu gibt’s serienmäßig ein Sechsgang-Getriebe und per Visco-Kupplung gesteuerten Allradantrieb. Da juckt es auch einen gewissen Herrn Pozzi in Luino am Lago Maggiore in den Fingern. Pozzi ist laut Überlieferung der ortsansässige Bankier. 1992 bestellt er seinen novaschwarzen Calibra bei einem Opel-Vertragshändler in Varese, wo er ihn regelmäßig warten lässt. Nur bei gutem Wetter soll er ihn sonntags aus der Garage geholt haben. Nach dem Tod von Herrn Pozzi übernimmt ein Freund den Opel und mottet ihn ein. Beim Fototermin hat der Opel Calibra gerade mal 19.000 Kilometer auf der Uhr. Wie eine Raubkatze vor dem Sprung duckt sich der Opel auf den Asphalt. Er wirkt zwei Konfektionsgrößen größer als das kompakte Fiat Coupé. Konzeptionell sind die beiden so unterschiedlich wie robuste Wanderschuhe und italienische Slipper: Während sich im Fließheck des Calibra ein großer Kofferraum mit riesiger Klappe befindet, hat der Fiat in seinem steil abfallenden Stummelheck nur eine kleine Höhle zu bieten. Die Lehne der Calibra-Rücksitzbank ist geteilt umklappbar, während es beim Fiat nur eine schmale Durchreiche gibt. Dafür ist die Ladekante des Fiat Coupé angenehm niedrig. Beim Calibra wird das Beladen schnell zum Kraftakt. Trotz der extrem schräg stehenden Frontscheibe vermittelt der solide Opel Calibra ein angenehmes Raumgefühl und ist erstaunlich übersichtlich, nachdem seine Türen mit den rahmenlosen Scheiben ins Schloss gefallen sind. Die Sportsitze sind bequem und bieten einen Tick mehr Oberschenkelauflage als jene im Fiat. Auch hinten geht es weniger eng zu als erwartet: Selbst Menschen um 1,80 Meter können dort sitzen, ohne sich als Fakire zu fühlen. Aber auch im Fiat-Fond ist man deutlich besser untergebracht, als es seine kompakten Abmessungen erwarten lassen.
Pininfarina baute das Fiat Coupé
Was sein Design betrifft, war das Anfang 1994 auf dem Markt eingeführte Fiat Coupé eine Mutprobe. Aber Vorsicht! Der Pininfarina-Schriftzug täuscht: Nicht die legendäre Designschmiede, sondern das hauseigene Centro Stile hat das Coupé entworfen. Dort darf sich ein noch weitgehend unbekannter US-amerikanischer Designer namens Chris Bangle austoben, der später als BMW-Designchef für ein Erdbeben sorgen wird. Nur die Gestaltung des Innenraums steuert Pininfarina bei, wo das Coupé auch gebaut wird – zum großen Teil in Handarbeit, was trotz billig wirkenden Plastiks seine gute Verarbeitungsqualität erklärt. Für Klaus Dietmar Müller aus Bad Hersfeld war weniger das ungewöhnliche Äußere ausschlaggebend als vielmehr die Motorisierung – in seinem Fall der ab Herbst 1996 lieferbare 2,0-Liter-Turbo-Fünfzylinder mit 20 Ventilen und 220 PS (162 kW). Sie machte den Fiat mit 250 km/h Spitze zum seinerzeit schnellsten Serienauto mit Vorderradantrieb. “Das hat mich gereizt”, gibt der pensionierte Sportlehrer zu. Gekauft hat er sein Ende Oktober 1998 zugelassenes Coupé im Februar 1999 als Vorführwagen. Bis heute sind nur rund 29.000 Kilometer zusammengekommen. Riesige Türen, bequeme Sitze, ein angenehmes Raumgefühl und passable Übersichtlichkeit: Das hätten wir im Fiat nicht erwartet. Die klassischen Rundinstrumente liegen direkt im Blickfeld, samt Öldruckanzeige und Voltmeter. Die durchlaufende Blende mit Pininfarina-Schriftzug ist in Wagenfarbe lackiert – was bei unserem Foto-Auto in “Black Ink” allerdings weniger zur Geltung kommt als bei gelben oder roten Exemplaren.
Der Opel Calibra ist sportlicher
Technische Daten: Fiat Coupé 20V Turbo & Opel Calibra 2.0l 16V Turbo 4×4
von Peter Michaely
Hier mehr dazu lesen: Opel Calibra trifft auf das Fiat Coupé
Fiat Coupé/Opel Calibra
Die Turbo-Versionen von Coupé Fiat und Opel Calibra waren die wildesten Hunde ihrer Klasse. Lieben oder hassen, lautet das Motto beim Fiat. Am Opel scheiden sich die Geister hingegen kaum.
Fiat Coupé
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Fiat Coupé/Opel Calibra
Opel Calibra
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Der quer eingebaute Vierzylinder überzeugt mit harmonischer Leistungsentfaltung. Er kann kräftig zubeißen, bleibt aber immer kultiviert.
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