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NIU MQi GT Evo im Test: Dieser E-Roller fährt 100 km/h

Er ist dynamisch, lautlos und fährt sich kinderleicht: Wie gut der bis zu 100 km/h schnelle Elektro-Roller NIU MQi GT Evo ist, zeigt der Praxis-Test. Probefahrt!

niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h Der NIU MQi GT Evo ist ein flotter Stadtflitzer, der die meisten anderen Roller stehen lässt.

Testfazit

Wenn Ihnen der NIU MQi GT zwar grundsätzlich zusagt, aber zu träge ist, sollten Sie schon mal 4.999 Euro zusammensuchen. Was die Fahrleistungen angeht, fährt der NIU MQi GT Evo dem MQi GT um die Ohren. Wohl dem, der sich den Aufpreis für den Fahrspaß und das informative Cockpit leisten kann.

Pro

  • Starke Fahrleistungen
  • Schlüssellose Bedienung
  • Akkus zum Laden entnehmbar
  • Koppeln per App möglich, aber nicht nötig
  • Informatives Cockpit

Kontra

  • Praktisch kein Stauraum
  • Bei Sonnenschein nicht optimal ablesbare Anzeigen
  • Kurze Rückspiegel

Elektroroller sind beliebt. Sie sind besonders leicht zu fahren, verbrauchen wenig Verkehrsraum, erzeugen (lokal und mit Ökostrom geladen) beim Betrieb keine Schadstoffe und nerven die Mitmenschen nicht mit ihrem Geknatter. Obendrein sind die Energiekosten für die Fortbewegung extrem niedrig.Ziemlich genau vor einem Jahr hatten wir den NIU MQi GT (zum Test) am Wickel, der auch schon auf beachtliche 75 km/h kam. Nun gibt es den NIU MQi GT Evo. Die drei zusätzlichen Buchstaben haben einen großen Einfluss. Der “Evo” ist viel stärker, schneller, hat ein völlig überarbeitetes Cockpit und ist mit 4.999 Euro auch eine ganze Ecke teurer. Der Praxis-Test zeigt, ob sich der Aufpreis lohnt.

Evo bedeutet viel mehr Power

niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h

Redakteur Michael Huch (190 cm) auf dem NIU MQi GT Evo (195 cm).

Schon auf den ersten Metern zeigt der MQi GT Evo, was das “Evo” ausmacht. Das etwas behäbige Wesen des MQi GT hat der Evo abgestreift. In rund vier Sekunden geht es auf 50 km/h. Kein Vergleich zu den Leihrollern, die bei 45 km/h abriegeln und nicht ansatzweise so dynamisch sind. Schon der Nicht-Evo braucht mehr als doppelt so lang! Dem Triebwerk fehlt zwar der prestigeträchtige Bosch-Schriftzug, aber das zahlt voll auf die Spritzigkeit ein: Der “NIU V”-Motor bringt es auf 7.300 Watt Spitzenleistung und 6.500 Watt Dauerleistung. Das reicht für eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h und ist so auch ordentlich für Überlandetappen gerüstet. Ab etwa 80 km/h lässt die Beschleunigung nach und bis 100 km/h braucht man genug freie Strecke. In der Stadt fühlt man sich nie untermotorisiert. Im Gegensatz zum MQi GT verführt der Evo dazu, sich im stockenden Stadtverkehr etwas näher an die rote Ampel zu drängeln, um die Autos dann bei Grün hinter sich zu lassen. Solche Spielereien waren mit dem MQi GT eher gewagt – theoretisch. Im Verkehrsfluss steht man nie im Weg und hat immer reichlich Reserven. Der Hauptständer warnt frühzeitig mit Kratzgeräuschen vor zu viel Übermut. Was den Fahrspaß angeht, ist der Evo ein ganz anderes Kaliber und kommt der kräftigen Elektro-Schwalbe (zum Test) näher als dem kleinen, müden Bruder NIU MQi GT und ist sogar schneller.

Wer darf ihn fahren?

Bei dem NIU MQi GT Evo handelt es sich um ein Leichtkraftrad, früher gern “125er” genannt. Für die Fahrt braucht man also einen A1-Führerschein oder die Schlüsselzahl B196 im Schein, die man nach erfolgter Schulung bekommt, wenn man mindestens 25 Jahre alt und seit fünf Jahren im Besitz der Fahrerlaubnisklasse B ist. Erstaunlich, dass der MQi GT und der MQi GT Evo in die gleiche Klasse gehören.

Fahren ohne Schlüssel im Schloss

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Cool: Sie entriegeln per Fernbedienung. Der Schlüssel ist zum Losfahren nicht nötig.

Der NIU MQi GT Evo ist mit seinen 14-Zoll-Rädern (90er vorn, 110er hinten) sehr wendig. Zum Starten genügt ein Druck auf die Fernbedienung und dann noch ein Tipp auf die Starttaste am Lenkrad. Selbst die Entriegelung der Sitzbank oder das (De-)Aktivieren des Lenkradschlosses klappt komfortabel über die Fernbedienung. Im Alltag braucht man das illuminierte Zündschloss also gar nicht. Wenn der Stellplatz allerdings nur 3 Meter vom Schlüsselbrett entfernt ist, stört die Funkverbindung mit gelegentlichem Gebimmel, um die Nähe des Schlüssels zu signalisieren. Dann sollte man sich einen weiter entfernten Platz für die Fernbedienung suchen.niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h

Die Bedienung gibt keine Rätsel auf. Vor dem Losfahren genügt ein Tipp auf die grüne Starttaste.

Nach dem Start, der eine Gedenksekunde erfordert, steht der MQi GT Evo bereit. Für unseren Geschmack sind “Dynamic” (maximal 75 km/h) und “Evo” (maximal 45 km/h) verzichtbar, weil die Fahrleistungen signifikant gedrosselt werden. So kann man sich immerhin gut auf den MQi GT herunterfühlen. Praktisch braucht man nur den “Sport”-Modus. Der Gas- beziehungsweise Stromhebel lässt sich perfekt dosieren. Damit kann man auch prima langsam oder konstant fahren. Letzteres übernimmt auf Knopfdruck alternativ der Tempomat. Praktisch etwa in langen 30er-Zonen.niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h

Die Anordnung der Bedienelemente ist übersichtlich, dennoch hupte es im Test gelegentlich unabsichtlich bei der Suche nach dem Blinkhebel.

An der richtigen Stelle Strom geben, bremsen, blinken. Das ist es. Schalten oder Kuppeln müssen Sie nicht und auch um die Energierückgewinnung beim Bremsen (Rekuperation) kümmert sich das System automatisch. Das spürt man bisweilen beim leichten Bremsen oder ausrollen. Verstellbar ist die Rekuperation nicht. Im Gegensatz zum künstlichen Blinkgeräusch. Die Federung ist straff, aber nicht hopsig. So komfortabel wie die eSchwalbe mit ihren großen Reifen donnert der MQi GT Evo aber nicht über Kopfsteinpflaster. Alles was im Test geklappert hat, war das wuchtige Netzteil unter dem Sitz.niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h

Der Motor leistet kurzzeitig bis zu 7.300 Watt.

Reichweite und Kosten

Die Gesamtkapazität beträgt 2 x 26 Amperestunden (Ah), die Spannung liegt bei 72 Volt. Das ergibt 3,744 kWh. Bei 30 Cent pro Kilowattstunde kostet eine komplette Ladung selbst mit Ladeverlusten nicht mal 2 Euro (3,744 kWh x 0,3 Euro/kWh = 1,12 Euro). Der Hersteller verspricht eine Reichweite von 65 bis 75 km. Der Test zeigte, dass diese Werte nicht zu viel versprechen. Im Fahr-Profil des Praxis-Tests, das hauptsächlich aus nicht vollgasfähigen Nebenstrecken mit Geschwindigkeiten zwischen 60 und 90 km/h und einem guten Drittel Stadtverkehr bestand, wären wir rechnerisch sogar weiter gekommen. Komplett im Sport-Modus und nicht betont sparsam bewegt. Aber man wird den Akku kaum auf Null herunterfahren und schon bei knapp 30 Prozent hatte ich den Eindruck, dass es nicht mehr so vehement vorwärts geht. Pendelstrecken bis 30, 35 km sind also gut möglich. Dann heißt es aber auch: täglich laden. Wer nur alle zwei Tage laden will, sollte deutlich unter 20 km Arbeitsweg bleiben.niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h

Die LED-Beleuchtung verleiht dem NIU MQi GT Evo einen modernen Auftritt, sorgt für gute Sichtbarkeit und ist sparsam.

NIU MQi GT Evo: Laden

Der Akku besteht aus zwei jeweils 14 Kilogramm schweren Quadern, die unter der Sitzbank stehen und nur mit einem Kabel verbunden werden müssen. Im Roller gibt es einen zentralen Anschluss, über den Sie beide Akkus gleichzeitig laden.niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h

Die beiden Akkublöcke sind im Handumdrehen ausgebaut.

Wenn Sie den Roller nicht an Ort und Stelle mit dem sehr kurzen Kabel laden können, lassen sich die Akkus entnehmen und mit dem Netzteil an jeder Steckdose laden. In der Wohnung oder im Büro könnte dann aber der gut vernehmbare Lüfter des soliden Ladegeräts nerven. Mit Y-Adapter laden Sie beide Blöcke gleichzeitig.niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h

Die beiden jeweils 14 Kilogramm schweren Akkus tragen Sie am Griff notfalls auch in den dritten Stock, um sie dort zu laden.

Die komplette Ladedauer von 0 auf 100 Prozent beträgt bis zu fünf Stunden. Von 65 auf 100 Prozent waren es im Test gut zwei Stunden. An der Powerstation Jackery Explorer 2000 Pro wurde die Leistungsaufnahme des Netzteils bei halb vollem Akku mit knapp 1.000 Watt angezeigt.niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h

So sieht ein Reservekanister bei Elektrofahrzeugen aus: Jackery Explorer 2000 Pro.

Kurze Spiegel, kein Stauraum

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Der Blick in den Spiegel ist auch eine Art Schulterblick.

Die Scheibenbremsen (220 mm vorn; 180 mm hinten) sind dem handlichen, 128 Kilogramm schweren Roller gewachsen. Selbst mit 1,90 m Körpergröße sitze ich gut auf der breiten, 816 mm hohen Sitzbank, die auch zwei Personen genug Platz bietet, die sich allerdings ein Zuladungsgewicht von 147 kg teilen müssen – samt Klamotten und Gepäck. Für letzteres gibt es keine Verstaumöglichkeit. Unter der Sitzbank ist alles mit Akku, Kabel und Ladegerät gefüllt. An ein Helmfach ist nicht mal zu denken.niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h

Das Fach unter dem Sitz ist mit den beiden Akkus, Ladekabel und Netzteil gut gefüllt.

Statt Stauraum gibt es einen Haken im Kniebereich für die nötigsten Einkäufe.niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h

Die Sache hat einen Einkaufshaken und einen USB-Anschluss zum Laden Ihres Handys.

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Ab Schuhgröße 44 wird es auf dem Trittbrett eng.

Anzeige und App

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Das Display ist meist gut ablesbar und bietet reichlich Zusatzinformationen wie Tageskilometerzähler und Reichweitenanzeige.

Das Cockpit ist komplett überarbeitet. Statt einer etwas drögen monochromen Mehrsegmentanzeige im MQi GT kommt im Evo ein Farbbildschirm zum Einsatz, der viele Zusatzinfos bietet, für die man bisher die App bemühen musste. Wie das bei Displays so ist, wird die Ablesbarkeit durch direkte Sonneneinstrahlung erschwert. Per App kann man nicht nur sehen, wo der Roller gerade ist oder den Ladezustand von der Couch aus beobachten, sondern man kann sich auch eins aus drei Designs des Dashboards aussuchen.niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h Die Alarmanlage ist eher ein schüchterner Typ, der mit seinem zarten Gebimmel nicht zu viel Aufsehen erregen will und auch von allein wieder Ruhe gibt. Aber die App meldet sich, wenn der Alarm anspringt. Sie vernetzt den Roller mit dem Smartphone, ist zum Fahren aber nicht nötig.niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h

Der Hersteller räumt der Anzeige des Blinkers (rote Kreise) viel Platz auf beiden Seiten des Lenkers ein, dennoch lässt die Ablesbarkeit bei Sonnenschein zu wünschen übrig.

Das gilt auch für die großen seitlichen Leuchtstreifen, die den Blinker anzeigen. Die hat auch schon der MQi GT. Die typischen alten Mäusekino-Lämpchen, die man seit Jahrzehnten kennt, sind vielleicht weniger stylisch, aber besser zu erkennen. Aus den Augenwinkeln sieht man, dass etwas blinkt. Das schaffen die Leuchtstreifen vom MQi GT zumindest bei schönem Wetter nicht so gut.niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h

Der NIU MQi GT Evo ist ein spritziger Stadt-Beweger.

NIU MQi GT Evo: Preis und Farben

niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h Den NIU MQi GT Evo gibt es außer in Matt-Schwarz auch in Silber und Orange. Der Preis liegt bei 4.999 Euro (UVP). Damit liegt der Aufpreis für den Evo im Vergleich zum Niu MQi GT (ab 3.799 Euro) bei 1.200 Euro.niu mqi gt evo im test: dieser e-roller fährt 100 km/h

Test-Fazit: NIU MQi GT Evo

4.999 Euro sind zwar eine andere Preisklasse als der NIU MQi GT, aber dafür fährt der NIU MQi GT Evo auch in einer anderen Liga. Er ist zwar keine Rakete wie die Zero SR/S oder der Audi RS e-tron GT, aber trotzdem eher Spaß- als Schnäppchen-Tipp. Die Abmessungen sind praktisch identisch zum Nicht-Evo, aber das Farbdisplay im Cockpit ist viel moderner und die Fahrleistungen ändern sich von lau auf jau! Beiden gemein sind die günstigen Unterhalts- und Fahrtkosten. 100 km gibt es für 2 Euro. Ölwechsel, Kerzen? Nein, danke. Der NIU MQi GT Evo bietet flinke Fortbewegung bis über die Stadtgrenzen hinaus und lässt sich dank entnehmbarer Akkus auch ohne Steckdose am Stellplatz laden.

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