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Nissan Ariya im Test: Nur ein weiteres E-SUV?

nissan ariya im test: nur ein weiteres e-suv?

Ab 2035 sollen in Europa keine neuen Verbrenner mehr zugelassen werden. Auch wenn aktuell in der EU noch über eine Sonderregelung für E-Fuels (synthetische Kraftstoffe) diskutiert wird, sieht die Zukunft doch elektrisch aus. Zeit also für die Hersteller elektrische Modelle zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Auch Nissan stellt sich für die Zukunft auf und rollt mit dem neuen Ariya nach dem elektrischen Leaf (seit 2012 auf dem Markt) nun das zweite rein elektrische Modell für Privatkunden aus. Das stylische SUV-Coupé konkurriert mit knapp 4,60 Meter Länge gegen Modelle wie den VW ID.5 und den Volvo C40. Wir fahren die neue Topmotorisierung mit 306 PS in den Pyrenäen zwischen Frankreich, Spanien und Andorra. Nur ein weiteres E-SUV oder eine echte Bereicherung für den Markt?

nissan ariya im test: nur ein weiteres e-suv?

Mit der Kombination aus SUV-Optik und abfallender Hecklinie trifft Nissan beim Ariya den aktuellen “Crossover”-Trend.

Bulliges Design beim Nissan Ariya

Unsere Testfahrt startet in Toulouse, wo wir erstmals auf den neuen Ariya treffen. Das Frontdesign folgt dabei der Nissan-Designlinie mit großen, geschwungenen Kühlergrill, der hier allerdings geschlossen ist. Um den SUV-Charakter zu unterstreichen gibt es zudem vorne wie hinten einen angedeuteten Unterfahrschutz, insgesamt wirkt der Ariya mit der hohen Motorhaube bullig. Als Kontrast dazu fällt die Dachlinie ab der B-Säule zum Heck hin ab, das Fahrzeug wirkt, auch durch den langen Radstand von 2,73 Metern, lang gestreckt. Dazu setzen die schmalen LED-Bänder an Front und Heck sportliche Akzente.

Innenraum: Luftig & reduziert

Bei der technischen Basis setzt Nissan auf die Kooperation mit Renault und nutzt die auf die CMF-EV-Plattform, die auch beim Renault Megane E-Tech zum Einsatz kommt. Wir fahren die Version mit großem 87 kWh-Akku und zwei Motoren, die zusammen 225kW/306PS und 600 Nm Drehmoment mobilisieren. So sollt der Ariya etwa 500 Kilometer weit kommen. Was davon bleibt klärt unsere Ausfahrt in die Pyrenäen.

nissan ariya im test: nur ein weiteres e-suv?

Der Innenraum des Nissan Ariya zeigt sich angenehm reduziert, die wichtigsten Klimafunktionen werden über kapazitive Tasten gesteuert. Das kennen wir bisher nur vom BMW iX. Das Infotainment folgt der aktuellen Nissan-Bedienlogik.

Beim Einstieg erinnert der Innenraum des Ariya an den BMW iX (Fahrbericht): Blaues Nappaleder (1500€), reduziertes Cockpit und kapazitive Tasten auf dem Armaturenbrett und der Mittelkonsole. Der Fahrer blickt dabei auf zwei 12,3“ große Bildschirme sowie ein großes Headup-Display. Alles wirkt sauber verarbeitet, durch die reduzierten Bedienelemente ergibt sich zudem ein sehr gemütliches, luftiges Ambiente. Auch in der zweiten Reihe gibt sich der Ariya geräumig, zumindest was die Beinfreiheit angeht. In Kombination mit dem bei unserer Version serienmäßigen Panoramadach wird die Luft über dem Scheitel dagegen für Mensch über 1,80m dünn.

Zahlreiche Assistenzsysteme serienmäßig

Wir legen ab und begeben uns auf die französische Autobahn. Trotz der optionalen 20“-Felgen (1000€) ist der Ariya nicht zu hart, schafft einen guten Spagat zwischen Komfort und knackigem Fahrverhalten. Angenehm ist außerdem das für Elektroauto typische, niedrige Innengeräusch. Passend zum entspannten Dahingleiten spendiert Nissan zahlreiche Assistenzsysteme bis hin zur aktiven Spurmittenführung mit adaptiver Geschwindigkeitsregelung und digitalem Innenspiegel. Den kennen wir übrigens schon aus der Mercedes V-Klasse (Video).

Bei unserer weiteren Fahrt über Landstraßen erkunden wir das Infotainmentsystem, das in ähnlicher Form auch im neuen X-Trail zum Einsatz kommt. Auch wenn die Karte im Navigationssystem etwas altbacken wirkt funktioniert das System insgesamt ordentlich. Bis hierhin hätten wir getrost auch eine der beiden Frontantriebsvarianten wählen können.

nissan ariya im test: nur ein weiteres e-suv?

Mit der aktuellen Topmotorisierung (225kW/306PS) und e-4ORCE-Allradantrieb tritt der Ariya zügig an. Für den Alltag reicht allerdings auch eine schwächere Motorisierung. (Quelle: Nissan)

Ariya e-4ORCE: Sicherheit und Fahrspaß

Doch plötzlich werden die Straßen steiler und die Kurven enger. Zeit also die dynamischen Qualitäten zu testen. Also Fahrmodus Sport wählen und Fuß auf’s Fahrpedal. Nun endlich kann das E-4ORCE getaufte Allradsystem zeigen, was es kann. Im Gegensatz zu konventionellen Allradsystemen regelt dieses deutlich häufiger und feiner, da weniger mechanische Komponenten zum Einsatz kommen. Auch in der Praxis funktioniert das System in unserem Testwagen sehr gut. Traktionsverlust ist genau wie Unter- oder Übersteuern kein Thema. Das e-4ORCE System ist hier zwar tendenziell mehr auf Sicherheit, als auf Sportlichkeit ausgelegt, diese Ausrichtung macht aber im Alltag natürlich Sinn. Und auch ohne eine dezidiert sportliche Ausrichtung kommt im Ariya durchaus Fahrspaß auf.

Spätestens auf unserem Weg zum ‚Circuit Andorra‘, Europas höchster permanenter Rennstrecke, kann das Allradsystem dann zeigen was in ihm steckt. Denn über Nacht hat es in den Pyrenäen ordentlich geschneit und die Straßen sind streckenweise noch nicht geräumt. Während Einheimische mit Fahrzeugen ohne Allrad Schneeketten aufziehen, wählen wir lediglich den Fahrmodus ‚Snow‘ und fahren los. Trotz wechselnder Straßenbedingungen gibt sich der Allradantrieb gänzlich unbeeindruckt, nur die blinkende Traktionskontrolle weist auf die Regelung hin – Klasse!

nissan ariya im test: nur ein weiteres e-suv?

Auf abgesperrter Strecke zeigt der Allradantrieb was er kann: Regeleingriffe sind praktisch nicht zu spüren, grundsätzlich ist das System mehr auf Sicherheit als auf Fahrspaß mit Querverkehr ausgelegt. (Quelle: Nissan)

Individueller als der ID.5 GTX

Auch wenn Nissan von der Präsentation der Ariya-Studie bis zur Serienreife drei Jahre gebraucht hat liegt das Serienfahrzeug auf dem Niveau eines VW ID.5 – allerdings bei deutlich höherer Innenraumqualität. Lediglich bei der DC-Ladegeschwindigkeit schwächelt der Ariya etwas, hier sind maximal 130kW möglich. Hersteller mit 800V-Akkuspannung wie Kia oder Porsche schaffen hier bereits bis zu 240kW (Kia EV6) oder sogar 270kW (Porsche Taycan). Immerhin hielt sich unser Verbrauch mit etwa 23kWh/100km bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in Grenzen. So sollten im Alltag bei entspannter Fahrweise Reichweiten von gut 350 Kilometern möglich sein.

Klassenüblicher Preis

Bleibt noch ein Blick auf den Preis – und der ist leider auch klassenüblich. Zwar ist der Ariya mit großen Akku und Allrad ab Werk sehr gut ausgestattet. So sind beispielsweise Headup-Display, Matrix-LED und 22kW AC-Lader Serie. Trotzdem ist ein Basispreis von 66.490€ für viele Interessenten vermutlich außerhalb des Budgets.

Zum Vergleich: Der ID.5 GTX mit 77 kWh (derzeit nicht bestellbar) startet zwar bereits bei knapp 57.000€, ist dann aber deutlich schlechter ausgestattet. Der Volvo C40 mit 408PS liegt ähnlich ausgestattet bei 66.000€. Übrigens: Eine noch stärkere Performance-Version des Ariya mit 394PS steht schon in den Startlöchern.

Abschließend unsere Testwagenkonfiguration als PDF.

Technische Daten Nissan Ariya e-4FORCE

Beschreibung Daten
Leistung 225kW / 306PS
Drehmoment 600Nm
Getriebe 1-Gang-Getriebe
Antriebsachse Variabler Allradantrieb
Beschleunigung 0-100km/h 5,7s
Höchstgeschwindigkeit 200km/h (abgeregelt)
Länge x Breite x Höhe 4,60m x 1,85m x 1,66m
Gewicht ca. 2300kg
Verbrauch (Test) ca. 23kWh/100km
Reichweite (Hersteller / Test) bis zu 500km / ca. 380km
Preis (Basis / Testwagen) 66.490€ / 70.359€

Die aktuellen Assistenzsysteme von Nissan haben wir neulich bereits im Video im X-Trail erklärt:

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