- Strafzölle gefährden die Automarke Cupra – Gespräche in Brüssel laufen bereits
- BMW und Cupra müssen hohe Zölle auf ihre E-Autos zahlen
- Umstieg auf Elektroautos wird schwer: Weniger Werke werden benötigt
- Produktion der E-Autos in Deutschland gehört der Vergangenheit an
Autoindustrie in Not
Nächste VW-Marke gerät in Schieflage: „Gesamte finanzielle Zukunft des Unternehmens in Gefahr“
Neuwagen
Brüssel – Die geplanten Strafzölle auf Elektroautos aus China bringen nach Einschätzung von Seat-Chef Wayne Griffiths die Volkswagen-Marke Cupra in Gefahr. Sollte das Cupra-Modell Tavascan, das in China produziert wird, mit einem Zusatzzoll von 21,3 Prozent belegt werden, wäre es das Aus für das Fahrzeug, sagte Griffiths in einem am Dienstag (3. September) veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters. Ohne das Elektro-SUV könne die spanische Marke Cupra, die zu Seat gehört, ihre CO₂-Ziele im kommenden Jahr nicht erreichen und müsse möglicherweise hohe Strafen zahlen. „Das bringt die gesamte finanzielle Zukunft des Unternehmens in Gefahr“, sagte Griffiths.
Strafzölle gefährden die Automarke Cupra – Gespräche in Brüssel laufen bereits
Sollte Cupra als Reaktion auf CO₂-Strafzahlungen die Produktion drosseln müssen, könnte das Auswirkungen auf die Beschäftigung in Spanien haben, sagte Griffiths. „Ziel der Strafzölle war es, die europäische Autoindustrie zu schützen, aber für uns haben sie den gegenteiligen Effekt.“ Cupra sei im Gespräch mit der EU-Kommission sowie der deutschen und spanischen Regierung und setze sich dabei für niedrigere Zölle ein. Eine spanische Delegation reise zudem zusammen mit Cupra-Vertretern in mehreren Wochen nach China, um über das Thema zu sprechen.
Im gegenwärtigen wirtschaftlichen Umfeld sei eine Preiserhöhung für den Tavascan nicht durchsetzbar, sagte Griffiths. Das Fahrzeug wird für ungefähr 52.000 Euro verkauft. Auch eine Verlagerung der Produktion an einen europäischen Standort sei keine Option, weil in Anhui bereits alle nötigen Investitionen getätigt worden seien.
BMW und Cupra müssen hohe Zölle auf ihre E-Autos zahlen
Der Tavascan ist erst seit kurzem auf dem Markt. Ursprünglich sollte das Fahrzeug wie auch der elektrische Mini von BMW mit dem Zoll-Höchstsatz von 38,1 Prozent belegt werden, was bei beiden Unternehmen auf scharfe Kritik stieß. Im August wurde der Satz für die beiden Fahrzeuge auf 21,3 Prozent reduziert. Der US-Elektroautobauer Tesla, der das Model 3 aus seinem Werk in Shanghai importiert, erhielt den niedrigsten Zollsatz von neun Prozent.
Seat-Chef Wayne Griffiths bei einer Fahrzeugpräsentation: Der Manager der VW-Tochter ist unzufrieden mit dem Kurs der spanischen Regierung
Die geplanten Einschnitte sind dem Ifo-Institut zufolge nicht der Anfang vom Ende der deutschen Autoindustrie. „Der Übergang zur E-Mobilität ist hart, es wird noch eine lange Durststrecke werden für die deutsche Autobranche“, sagte der Leiter des Ifo-Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien, Oliver Falck, der Nachrichtenagentur Reuters. „Ich bin aber optimistisch, dass sie das meistern wird, wenn auch nicht mehr mit den Marktanteilen der Vergangenheit.“ Es seien ein unglaubliches Wissen vorhanden und die Kompetenz, Autos zu bauen – auch solche mit Elektroantrieb. Er gehe zudem nicht davon aus, dass die Deutschen jetzt reihenweise chinesische Autos kaufen werden.
Umstieg auf Elektroautos wird schwer: Weniger Werke werden benötigt
„Auf dem Weg zur Elektromobilität werden weniger Werke benötigt, weil die Autos weniger komplex sind“, sagte Falck. „Bisher wurden Doppelstrukturen gefahren nach dem Motto: Wir melken den Verbrenner noch, aber bauen gleichzeitig mehr E-Autos.“ Jetzt steige der Druck, weil insbesondere die Nachfrage nach Elektroautos schwächele. Weder die Binnen- noch die Exportnachfrage liefen derzeit gut. „Wir müssen Strukturwandel zulassen und nicht aus Furcht vor Arbeitslosigkeit hinauszögern“, sagte Falck. Die technologischen Entwicklungen würden weltweit vorangetrieben. „Wir müssen ohnehin mitgehen“, sagte der Forscher. „Da auf die Bremse zu treten, wird nicht funktionieren.“
Hinzu komme der zunehmende Wettbewerb mit China. Dort sehe man, wie wichtig die Software im Auto und das Car-Entertainment seien. „Die Chinesen interessieren sich weniger für das Spaltmaß als für das Karaokesystem an Bord.“ Das sei ein Grund dafür, weshalb Marktanteile verloren gingen. „Deutsche Hersteller haben sicher Nachholbedarf bei Software und Car-Entertainment.“
Produktion der E-Autos in Deutschland gehört der Vergangenheit an
Deutschland und Europa seien zudem alternde Gesellschaften. „Die Zukunft der Absatzmärkte liegt nicht hier, sondern in anderen Regionen der Welt.“ Dass alles in Deutschland produziert und montiert werde, gehöre der Vergangenheit an. Die deutschen Autobauer produzierten schon seit 2018 mehr Autos in China als in der Heimat.
Massenarbeitslosigkeit befürchtet der Experte nicht. „Um die Beschäftigung würde ich mir weniger Sorge machen.“ Die Mitarbeiter in der Autoproduktion seien im Schnitt noch älter als der durchschnittliche Arbeitnehmer in Deutschland. Da werde viel über Frühverrentung und Abfindungen laufen. „Wir werden in den nächsten Jahren nicht das Problem haben, zu viele Arbeitskräfte zu haben, sondern zu wenige“, sagte Falck. (wal/reuters)