MINI

Münchner Paar haust weiter in Mini-Wohnung: „Könnten uns größere leisten, aber keiner will uns“

münchner paar haust weiter in mini-wohnung: „könnten uns größere leisten, aber keiner will uns“

Das ist seine Mini-Wohnung im Münchner Schlachthofviertel: Nicola Accordino (43) lebt seit zwei Jahren mit seinem Partner in diesem Raum – zu wenig Platz für zwei Personen. © Markus Götzfried

Nicola Accordino lebt mit seinem Partner in einer 18 Quadratmeter großen Wohnung in München. Damit liegen die beiden deutlich unter dem Durchschnitt.

München – Sein Leben fühle sich manchmal an wie Tetris, sagt Nicola Accordino. Der 43-Jährige meint das Computerspiel, bei dem man Rechtecke aufeinandertürmen und dabei jeden sich bietenden Platz nutzen muss. Accordino geht es so in seiner Einzimmerwohnung im Schlachthofviertel: Kisten, Kleidung, Bücher, alles müsse er wie Puzzleteile stapeln. Sonst wird es eng.

Paar aus München wohnt in „Tetris-Wohnung“ – „Eine Notlage ist das“  

Seit zwei Jahren lebt Accordino mit seinem Partner (30) auf 18 Quadratmetern: Hochbett, Küche, Essecke – alles in einem Raum. Unter dem Stockbett – ein Mini-Arbeitsbereich mit Schreibtisch. Für die „Tetris-Wohnung“, wie Accordino sie nennt, zahlt das Paar über 800 Euro pro Monat – plus rund 40 Euro monatlich, damit Waschmaschine und Trockner im Keller genutzt werden können: „Eine Notlage ist das“, sagt Accordino über ihre Situation.

Ein paar Beispiele: Erst kürzlich habe sein Partner Probleme mit dem Knie gehabt – er sei kaum in das Hochbett gekommen. „Aber was sollen wir tun, wir können die Matratze ja nicht auf den Boden legen.“ Gäste empfangen? Für die beiden gebürtigen Italiener fast unmöglich. Und auch das Lernen für sein Fernstudium in Psychologie falle Accordino schwer, wenn sein Partner zu Hause ist. Noch gehe es irgendwie, solange beide noch jung sind – aber wie soll das auf Dauer werden, fragt er sich: „Wir sind ein Paar, wir wollen uns eine gemeinsame Zukunft aufbauen. Doch in dieser Stadt ist das schwer zu schaffen.“

Leben auf 18 Quadratmetern: „Wir könnten uns eine größere Wohnung leisten, nur keiner will uns“

Knapp 40 Quadratmeter stehen einer Person in München zur Verfügung – im Schnitt. Diese Wohnfläche ist innerhalb der vergangenen fünf Jahre statistisch sogar noch um einen Quadratmeter gewachsen. Das bedeutet jedoch nicht, dass alle mehr Platz haben: Ein Grund für das durchschnittliche Wachstum ist nämlich, dass viele Mieter mit alten Mietverträgen in eigentlich viel zu großen Wohnungen bleiben, etwa wenn die Kinder ausgezogen sind oder ein Partner gestorben ist. Ein Umzug in kleinere Wohnungen geht oft mit höheren Mieten einher. Wer neu sucht, hat es oft schwer, eine ausreichend große Bleibe zu finden.

(Unser München-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus der Isar-Metropole. Melden Sie sich hier an.)

Das spürt Accordino: Seit zwei Jahren schickt er ständig Bewerbungen raus – doch Fehlanzeige. „Wir könnten uns eine größere Wohnung leisten, nur keiner will uns.“ Warum? Zu zweit verdienen sie rund 3000 Euro netto: Accordino arbeitet Vollzeit als Barista in einem Café (neben dem Studium), sein Freund als Musiklehrer. Doch es hagelt immer nur Absagen, so Accordino. Oft hätten ihm Anbieter geantwortet, sein Job in der Gastronomie sei zu unsicher. „Ich fühle mich da schon diskriminiert.“

Münchner Mieter schreibt Brief an OB Reiter – „Wir fordern kein Schloss, sondern nur zwei Zimmer“

Ein grundsätzliches Problem: Es fehlt an Wohnungen. Das zeigte erst kürzlich das Wohnungsbedarfsmodell des Instituts der Deutschen Wirtschaft: Demnach hinkt der Neubau dem gestiegenen Bedarf weit hinterher – allein im Jahr 2021 seien 1400 Wohnungen zu wenig gebaut worden. Zu viele Mieter kämpfen also um zu wenig Bleiben.

Accordino will dennoch nicht aufgeben: Kürzlich hat er sogar Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) einen Brief über seine Lage geschrieben – bisher ohne Antwort. Accordino sagt: „Wir fordern kein Schloss, sondern nur zwei Zimmer, um in dieser Stadt in Würde leben zu können.“

TOP STORIES

Top List in the World