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Mittwoch Special: Chengdu Auto Show – Seismograph für den weltweiten Elektro-Autoabsatz

Der chinesische Automarkt ist einer der wichtigsten weltweit. Wenn nicht sogar der wichtigste Automarkt. Deutsche Autohersteller wie Audi, BMW, Mercedes-Benz und VW könnten ohne diesen Absatzmarkt kaum überleben, denn Zuwachsraten sind nur dort noch realisierbar – gewesen. Unglücklicherweise haben die chinesischen Autohersteller, auch dank der finanziellen Unterstützung des Staates, schnell gelernt. Vor allem bei der Elektromobilität hat das Reich der Mitte inzwischen einen formidablen Vorsprung herausgefahren.

Deutsche Hersteller tun sich zunehmend schwer

Bislang zog allein die deutsche Markenstärke. Mercedes-Benz, Porsche, BMW – alles wohlklingende Namen, die chinesische Aufsteiger lange mit ihren Fahrzeugen faszinierten. Der Einbruch kam allerdings bereits im letzten Jahr, als plötzlich sichtbar wurde, dass deutsche Autofirmen vor allem bei Digitalisierung, Infotainment, autonomen Fähigkeiten, Elektromobiliät und Preis/Leistung immer mehr ins Hintertreffen gerieten. Vor allem bei den Stromern, denn die sind in China angesagt. Auch wenn chinesische Autofirmen zunächst Fahrzeuge mit mauen Leistungsdaten präsentierten, innerhalb kürzester Zeit hat man mehrere Generationen auf den Markt geworfen. Mit manchmal zweifelhaften Erfolgsaussichten. Denn das Überangebot führte zu einem gnadenlosen Preiskrieg. Trotzdem hat die Elektromobilität dort defintiv – wie schon in Norwegen – gewonnen.

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BMW i3 eDrive35L: Mit 4,872 Metern Länge der ideale Wagen für Fondpassagiere. Das Plus an 11 Zentimetern hat auch was mit der Batterie zu tun …

Die Deutschen können den Preiskrieg kaum mitgehen

Was widerum schlecht für die Deutschen war und ist. Zum einen entwickeln die einfach zu langsam und zum anderen zu teuer. Da dauerte es nicht lange, bis deutsche Elektroautos nur mit größten Abschlägen absetzbar waren (BMW i3 Chinaversion des 3ers —>). In Deutschland und Europa hingegen scheint das Management noch nicht aufgewacht zu sein. Man glaubt, dass man mit der gleichen Schneckengeschwindigkeit und Premiumpreisen für Durchschnittsstromer eine Chance habe – vor allem VW lernt das gerade auf die harte Tour, dass dem nicht so ist. Man trägt sich erstmals mit der Schließung von Fabriken in Deutschland, um die Kosten wieder in den Griff zu bekommen. Zuvor war man aus Weiterentwicklungen ausgestiegen. Ein Managementfehler par excellence.

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Aus jeder Perspektive ein gelungenes Auto: der vollelektrische ID. Code verfügt sogar über LiDAR für SAE Level 4-Anwendungen. Noch ist der Code allerdings eine Studie.

Strafzölle erweisen sich als Bumerang

Die EU-Strafzölle auf in China gefertigte Autos erweisen sich dabei als Brandbeschleuniger für die deutschen OEMs. Beispiel MINI. Der wird in China gefertigt und so wie die Lage sich darstellt, dürfte die Marke die volle Härte der EU-Strafzölle mit 36,3 % treffen. Dass der MINI damit in Deutschland kein günstiges Auto mehr sein wird (was er ohnehin nie war), dürfte auf der Hand liegen.

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Lichtorgel im Interieur des neuen MINI Cooper SE. Die Soundanlage kommt übrigens von Harman Kardon. Gefertigt wird in China. Weshalb den MINI die volle Härte der Strafzölle treffen wird …

Chengdu Auto Show als Seismograph

Die Chengdu Auto Show ist ein recht große Automesse in China. Beinahe alle chinesischen OEMs sind neben den großen europäischen und internationalen Marken vertreten. Das geht von A wie AVATR über M wie Mercedes-Benz bis Z wie ZEEKR. Während die deutsche „Leitmesse“ IAA sich inzwischen auf ökologisches Geschwurbel zu beschränken scheint, geht es in Chengdu tatsächlich ökologisch ab. Die meisten OEMs und Start-ups sind Elektrofahrzeughersteller, Verbrenner sind eher unterrepräsentiert, PHEVs eher selten. Natürlich zeigen auch Joint-Ventures ihre Modelle, wie beispielsweise GAC Honda oder GAC Toyota, von BMW und VW und ihren Kooperationspartnern ganz zu Schweigen.

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AVATR 12: die große Elektrolimousine zeigt einmal mehr den Hang des chinesischen Designs zu klaren Linien ohne Schnickschnack.

Über zwei Stunden Messerundgang zeigen das ganze Elend

Der Youtube-Kanal Inside China Auto, der von einem britischen Auto-Enthusiasten betreut wird, zeigt in einem zweistündigen Rundgang, wie abgemeldet die Vorzeigeindustrie Nummer 1 Deutschlands im Reich der Mitte inzwischen ist. Zu wenig Neues und zu wenig Außergewöhnliches zeigen Porsche, Mercedes und Co. Die Premiumhersteller aus Deutschland werden von der schieren Anzahl der chinesischen Neuvorstellungen und Innovationen erdrückt.

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Das Dashboard des Rising schaut aus wie der „Hyperscreen“ von Mercedes-Benz. Richtig. Das Auto kostet aber gerade mal umgerechnet 23.000 Euro. Pikant: In Europa werden die Rising-EVs unter dem Markennamen MG auf den Markt kommen. (Foto: Wheelsboy)

Parameter: Wie beliebt ist der Stand?

Mark von Inside China Auto erklärt gleich zu Anfang, dass es eine Richtschnur gebe, die die Popularität eines Autoherstellers reflektiere: Wie viel Menschen sich auf dem jeweiligen Stand tummeln. Da merkt man schnell, wie die deutschen Marken aber auch einige chinesische Marken an Zuspruch verlieren. Bei den Deutschen sei man sich einig: sie sind einfach nicht effizient genug. Die Stände werden dementsprechend frequentiert. Gegenbeispiel XPeng: Der Mona M03 wird geradezu umlagert. Das gilt auch für NIO mit der Submarke Onvo, die für preisbewußte Konsumenten Batteriewechsel bieten wird.

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Onvo L60 Vorstellung: das eSUV ist etwas größer als der direkte Wettbewerber Tesla Model Y. Das Design cachiert die Abmessungen hervorragend. Derzeit gibt es einen Orange-Trend bei einigen chinesischen OEMs. Auch beim Onvo, der Billigmarke von NIO.

Polestar mit Ministand, Zeekr beliebt

Polestar zeigt sich vergleichsweise zurückhaltend. Das mag daran liegen, dass der Polestar 2 in China nicht läuft – zu klein, zu teuer. Die Geely-Marke Zeekr widerum wird belagert, wegen seiner neuen Autos, unter anderem wegen des Zeekr 7X mit „Stargate Grill“. BYDs Nobelmarke Yangwang wird ebenfalls belagert, denn der Sportwagen U9 sieht nicht nur toll aus, er kann auch Kunststücke, was auch für die Überlimousine U7 gilt. Dann ist da der kantige eSUV U8, der nicht nur schwimmen kann, sondern natürlich auch den Tankturn beherrscht.

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Der Supersportwagen U9 der BYD Luxusmarke Yangwang. Der Wagen beherrscht sogar den Tankturn.

Überhaupt: OEMs wie Geely und BYD sind mit einigen Marken vertreten. Geelys „Budgetmarke“ Livan natürlich auch. Volvo als Geely-Marke zeigt den in Europa sehr erfolgreichen EX30, der in China rund 200.000 RMB, also um die 25.000 Euro kostet. Viele interessieren sich auch für den neuesten und gigantischen eSUV smart #5 – smart ist bekanntlich ein Joint Venture zwischen Mercedes-Benz und Geely.

Belagert wird auch die Marke iCar mit dem neuesten Modell 03T. iCar ist natürlich keine Apple-Marke.

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Der bislang größte smart aller Zeiten: der kürzlich vorgestellte #5.

Mercedes-Benz vs BMW

Der Mercedes-Stand ist gigantisch. Was für den Marktführer im Premiumsegment (Maybach, AMG) nur angemessen scheint. Tatsächlich hat man BMW jüngst Anteile abgeluchst, denn die Münchner haben die Preise angehoben, was nicht gut ankam. Trotz großen Interesses können die Stuttgarter nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Infotainment-System im EQS SUV aussieht, als wäre es schon 15 Jahre alt. Apropos Hyperscreen. Die chinesische SAIC-Marke Rising bietet im umgerechnet knapp 23.000 Euro teuren X7 tatsächlich ein Hyperscreen-ähnliches Cockpit. Serienmäßig versteht sich. Dabei setzt sich der Screen wie bei Mercedes aus 3 Einzelmonitoren zusammen.

e-engine meint: die zweieinhalb Stunden Messerundgang mit Mark von Inside China Auto sind äußerst empfehlenswert. Sollte man sich auf Wiedervorlage fürs Wochenende legen, denn wir haben hier nur ganz wenig seiner Inhalte abgedeckt. Das chinesische Design ist, und das muss man einfach erwähnen, recht uninnovativ geworden. Die Formensprache der meisten Limousinen ist für den Laien nur durch das Firmenlogo zu unterscheiden. Dabei sehen die Autos durchaus gut aus, aber zu viele ähnliche Designs langweilen eben. Auch im Interieur gibt es nur wenig außergewöhnliche Lösungen. Das Tesla-Layout, durch das Model 3 begründet, ist hier tief verinnerlicht worden. Tatsächlich aber sind die Platzverhältnisse in den meisten chinesischen Stromern besser, als bei den „Originalen“.

Altbacken sehen viele der ausgestellten Autos der klassischen OEMs aus. Beispielsweise Volvo. Oder Mercedes-Benz. VW versucht sich zumindest mit dem ID.UNYX ein bißchen ans chinesische Design anzupassen. Im Interieur kann man den VW-Ursprung hingegen kaum verhehlen.

Bringt uns zum Fazit: die schiere Menge der chinesischen Elektroautos erschlägt in diesen zweieinhalb Stunden. Die Preisgestaltung ist teilweise sensationell niedrig (für deutsche Verhältnisse), vor allem für Klein- und Kleinstwagen. Aber auch die Mittelklasse verdient ihren Namen. Diese relativ großen Stromer kosten umgerechnet zwischen 16.000 und 30.000 Euro und bieten digitale Spärenzchen, die man bei VW nicht für Geld und gute Worte bekommt und bei den deutschen Premiummarken nur gegen astronomische Aufpreise. Dass die chinesischen Konsumenten die deutsche Aufpreispolitik nicht mitgehen wollen, ist tatsächlich kaum überraschend. Zudem bieten die Deutschen aber auch nichts neues, keine Innovationen und schon gar keine atemberaubende Batterietechnologien. Die sind nämlich ausnahmslos von fernöstlichen Giganten wie CATL, BYD und Co eingekauft. Die Zukunft könnte bitter für Deutschland werden.

Bericht und Zusammenfassung: Bernd Maier-Leppla
Fotos: BMW, VW, MINI, AVATR, Rising, Onvo, Yangwang, smart, inside china auto (Youtube Stills), Wheelsboy (Youtube Stills), Chery, Li Auto

Inside China Auto | Chengdu Auto Show Full Walkthrough – Jede Neuvorstellung, jeder Stand, jedes Auto.

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