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Audi Q8

Mittwoch Magazin: Reichweite – schluckt der Audi Q8 e-tron 55 nun weniger? Studien – E-Mobilität als „Wolf im Schafspelz“ & „Vorteile einer elektrifizierten Straße für BEVs“

Audi Q8 e-tron 55: ist der „Fat e-tron“ nun sparsamer geworden?

Fast defätistisch nennt Bjørn Nyland den ursprünglichen Audi e-tron „Fat e-tron“. Der erste deutsche Stromer mit Langstreckenqualitäten debütierte vor inzwischen fast 5 Jahren. Es war tatsächlich eines der ersten Elektroautos, das auf e-engine besprochen wurde. Der damalige Titel enthielt bereits eine Einordnung, die sich dann auch bei anderen Publikationen so manifestieren würde: der ursprüngliche Audi e-tron 55 war ein echter Schluckspecht. Für die Kritik wurden wir auf Facebook von Audi-Fans sogar vehement angegangen. Wir wüssten nicht, „wie man Autos richtig und sparsam bewegt“ war nur einer der Vorwürfe. Tatsächlich waren schließlich alle Publikationen zur selben Erkenntnis gelangt. Der Wagen verbrauchte einfach zu viel.

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Audi Q8 e-etron 55: Evolution statt Revolution. Neue größere Batterie: ist der Audi auch effizienter geworden?

Vor- und Nachteile

Der Audi e-tron hatte aber nicht nur Nachteile. Er war auch einer der ersten Stromer, der verhältnismäßig hohe Ladeleistungen vertrug. Während der Deutschlandstart zunächst verhalten war, erfreute ich das Premium eSUV in Norwegen höchster Beliebtheit. Dort war der Stromverbrauch, der bei zügiger Fahrweise an der 30-kWh-Marke kratzte, eher unwichtig. Die kWh-Preise im hohen Norden kompensierten den Mehrverbrauch von 30-35% im Vergleich zum Tesla Model X bestens. Zudem brillierte der Audi mit den typischen deutschen Eigenschaften: formidable Verarbeitung, komfortabel sportliches Fahrwerk und hochwertige Materialien. Fast 30.000 Audi e-tron sind bis dato dort zugelassen worden. Weit mehr als vom Tesla Model S oder X.

Audi Q8 e-tron

Aber was hat sich eigentlich in den fast 5 Jahren ansonsten getan? Immerhin hat sich die Nomenklatur mit der jüngsten Modellpflege präzisiert. Das Kürzel „Q8“ soll unmißverständlich die richtige Einordnung vornehmen. Es handelt sich bei dem eSUV mithin um ein echtes Premiumfahrzeug. Die Preise starten dementsprechend erst ab rund 75.000 Euro für die günstigste Variante, den Q8 e-tron 50 quattro. Der hat allerdings die Batteriekapazität des ursprünglichen e-tron 55 geerbt, nämlich 95 kWh, davon sind 89 kWh nutzbar. Die Premiummodelle verfügen inzwischen über 106 kWh nutzbare Batteriekapazität, was selbst bei flotterer Fahrt und niedrigen Temperaturen mehr als 350 Kilometer möglich machen sollte. ev-database gibt die erwartete Reichweite mit 525 Kilometern an.

Aber was hat sich wirklich getan?

Das Interieur ist nicht weiter überarbeitet worden, die vielen Displays sind immer noch der absolute „Overkill“ für Leute, die eher auf nordisches Design stehen und auch sonst hat sich unter der Haube keine Revolution ereignet. Das Top-Modell verfügt nach wie vor über 408 PS bei einem Drehmoment von 664 Nm, die Beschleunigung bleibt bei mittleren 5,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h und die Top-Speed wird bei 200 km/h abgeregelt. Die größere Batterie hat indes dem Gesamtgewicht nicht gut getan: 2.740 kg sind eine stolze Zahl für ein SUV dieser Größe. Zum Vergleich: der SQ7 wiegt um die 2.400 kg, ein Dodge RAM 1500 knapp 2,6 Tonnen.

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Reichweiten um den Gefrierpunkt: Im Vergleich zum Wettbewerb aus den USA ist der Ingolstädter weit abgeschlagen.

Ist der Audi effizienter geworden?

Bjørn Nyland war so gespannt wie wir. Immerhin liegen zwischen dem ersten und dem jetzigen e-tron eine lange Zeit. In diesen 5 Jahren hat beispielsweise Tesla seine Fahrzeuge mehrmals weiterentwickelt und vor allem immer effizienter gemacht. Die Enttäuschung folgte auf dem Fuße. In Sachen Effizienz hat sich nicht viel getan. Der Q8 ist weiterhin ein Schluckspecht geblieben, denn das Gewicht ist weiterhin zu hoch und die Aerodynamik hat sich nur in homöopathischen Dosen verbessert. Der Testwagen, ein Sportback der sogar mit Kamera-Außenspiegeln ausgestattet war, enttäuschte. Mit 22,7 kWh bei Tempo 90 und 29,3 kWh bei Tempo 120 ist der Ingolstädter wahrlich keine Verbrauchsoffenbarung. Zum Vergleich: ein Tesla Model Y verbraucht hier 15,5 respektive 21,4 kWh auf 100 Kilometer. Freilich kann man die beiden Fahrzeuge kaum vergleichen, denn der Tesla rangiert zumindest bei der Einordnung, Ausstattung und Verarbeitung eine Stufe weiter unten.

e-engine meint: Es ist wie bei den Verbrennern. Klassische SUVs, die aussehen wie fahrende Schrankwände, bleiben auch elektrifiziert Schluckspechte. Legen wir den deutschen Energiemix des Jahres 2021 mit 428 g/kWh zugrunde (2022 dürfte der dank der vielen zugeschalteten Kohlekraftwerke sogar schlechter sein) bewegt sich der Audi im Sanddünen-Modus (90 km/h) bei 9,71 kg CO2 und bei 120 bei 12,5 kg/100 Kilometer. Das wären bei 120 km/h vergleichbare 4,73 Liter Diesel – kaum zu erreichen für ein Verbrenner-Fahrzeug dieser Größe. Noch ist das eSUV damit „sauberer“, wenn allerdings Wind und Solar wegen widriger Umstände nicht so funktionieren, wie erhofft, steigt das schon mal auf das Doppelte an. Dann dürfte selbst ein alter Diesel (wohlgemerkt nur in Deutschland!) fast sauberer unterwegs sein.

Audi Q8 e-tron 55 Sportback im Reichweitentest.

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Zwei Forscher am Trinity-College in Dublin halten auch den elektrifizierten Individualverkehr für zukünftig nicht mehr tragfähig und für den Auslöser „struktureller Gewalt“.

Elektromobilität als „Wolf im Schafspelz“

Alle Welt redet von den Vorzügen der Elektromobilität. Von den ausbleibenden lokalen Emissionen, von der hohen Energieeffizienz, vom „klimaschützenden“ Verkehr. Early Adopter, meist sehr wohlhabende Menschen, haben für ihr „gutes Gewissen“ beim Individualverkehr bis zu 40% mehr für ein Fahrzeug ausgegeben. Öko-Parteien wie die Grünen favorisieren die E-Mobilität und verurteilen jeden, der es wagt vom „einzig richtigen Pfad der Klimatugend“ abzuweichen. Und doch ändert die Elektromobilität erst einmal gar nichts an der desolaten Verkehrssituation und dem für manche größten Übel: dem Individualverkehr.

Klimaschutz und Sozialismus

Immer öfter paart sich kompromissloser Klimaschutz mit sozialistischen und Ideologien über uneingeschränkte politische Macht derer, die die richtige Haltung haben. Denn nur ein autoritäres Klima-Regime sei in der Lage, so die Überzeugung der Kompromisslosen, mit harter Hand die nötigen Schritte zur Rettung der Welt einzuleiten und durchzuziehen. Nun haben zwei Forscher am Trinity-College in Dublin ein Papier veröffentlicht, das sich mit der „strukturellen Gewalt der privaten Elektromobilität“ beschäftigt. Keyan Hosseini und Agnieszka Stefaniec haben auf 5 DIN-A-4-Seiten ein Pamphlet gegen den Individualverkehr verfasst, das auch die Elektromobilität als Lösung rundweg ablehnt. Nach dem Motto: nur „kein“ Auto ist ein gutes Auto.

Auch Elektromobilität ist nicht effektiv

In dieser Studie wird argumentiert, dass die Elektrifizierung der privaten Automobilität (vulgo Individualverkehrs) weder effektiv noch gerecht ist. In Anbetracht des derzeitigen Strommixes des Netzes verlagere diese Elektrifizierung lediglich die CO2-Emissionen und andere Schadstoffe von städtischen in ländliche Gebiete. Die Strategie der Elektrifizierung des motorisierten Individualverkehrs gehe nicht über das Problem der Auspuffemissionen hinaus und könne daher nicht die Defizite des vom Auto abhängigen Systems beseitigen, die systemweite Lösungen erfordern, wie z. B. Verkehrsstaus und Verkehrsunfälle.

Elektromobilität ist sozial ungerecht

Die Priorisierung dieser Strategie, so die Autoren, erhält nicht nur bestehende Ungerechtigkeiten aufrecht, sondern verstärkt auch die soziale Ungerechtigkeit und verzögert die Umsetzung wirksamerer Maßnahmen. Sie argumentieren, dass die Nutzung privater Elektrofahrzeuge die Biosphäre und menschliche Gemeinschaften auf dreierlei Weise strukturell verletzt: (1) durch die Erzeugung von Ungerechtigkeiten, (2) durch Umweltverschmutzung und Abfall und (3) durch den Raum der Ausnahme (die „Elektrofahrzeugblase“). Schließlich kommen sie zu dem Schluss, dass die Abschaffung der privaten Automobilität notwendig ist, um Klima- und Verkehrsgerechtigkeit zu verwirklichen. Die Konzentration auf integrative Strategien, wie die Förderung des öffentlichen Verkehrs, der geteilten Mobilität und aktiver Fortbewegungsarten, anstatt Anreize für E-Fahrzeuge zu bieten, ist ein Mittel zur progressiven Umverteilung des Wohlstands und kann die Grundbedürfnisse der Menschen und die Klimaziele der Regierung zufriedenstellend erfüllen.

e-engine meint: letztlich läuft das Papier auf einen Individualverkehr-Sozialismus heraus, das dafür sorgen will, dass das eigene Auto aus den Gesellschaften der Welt komplett verschwindet. Liest man das Papier aufmerksam durch, stellt man fest, dass bei einer Realisierung der teilweise durchaus nachvollziehbaren Gedankengänge letztlich genau die profitieren werden, die am meisten (im Sozialismus) angeprangert werden: die bösen „Reichen“. Denn fällt der „Pöbel“ auf den Straßen weg, haben die endlich mal freie Fahrt auf der nunmehr leeren Infrastruktur. Wie so oft: Gut gemeint ist nicht gut gemacht.

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Stark vereinfacht reden wir hier von Straßen mit eingelegter Stromführung wie bei Slotcar-Rennbahnen.

Studie: Vorteile eines elektrischen Straßensystems für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge

Apropos „Technologieoffenheit“. Erinnern Sie sich noch an die gute alte „Carrera-Rennbahn“? Da wurden die elektrischen Rennautos durch stromführende Schienen angetrieben. Auch heute noch sind sogenannte „Slotcar-Races“ überaus beliebte Hobbyveranstaltungen. Findige Forscher arbeiten schon länger an der „elektrifizierten“ Straße. Die größten Vorteile versprechen sie sich für den Schwerlastverkehr. Durch in die Straße eingelegte stromführende Drähte sollen die Fahrzeuge damit permanent beispielsweise durch Induktion aufgeladen werden. In Deutschland geht man allerdings (wie so oft) einen anderen, komplizierteren Weg. Dort versucht man das mit Oberleitungen auf Autobahnabschnitten. Die deutsche Lösung hat allerdings einen riesigen Nachteil: sie ist tatsächlich nur für den Schwerlastverkehr oder Busse geeignet. Das „Slotcar-Prinzip“ wäre allerdings universeller. Die in der Straße eingelegten Stromleitungen wären nämlich auch für Pkw geeignet.

Die Studie in Kürze

Der Artikel „Benefits of an Electric Road System for Battery Electric Vehicles“ (Vorteile eines elektrischen Straßensystems für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge) wurde im World Electric Vehicle Journal veröffentlicht und von den Chalmers-Forschern Wasim Shoman, Sten Karlsson und Sonia Yeh verfasst.

Während das elektrische Straßensystem (ERS) hauptsächlich für Lastwagen in Betracht gezogen wird, damit diese mit kleineren Batterien längere Strecken zurücklegen können und nicht auf das Aufladen warten müssen, können auch Privatfahrzeuge davon profitieren. Dies ist die erste Studie, in der die Batterieladung simuliert wird, indem die Bewegungsmuster von 412 privat betriebenen Autos auf Teilen der schwedischen und europäischen Straßen im Detail untersucht werden.

Deutlich weniger Batteriebedarf und damit Rohstoffe

Ziel war es zu untersuchen, welche potenziellen Vorteile ein so genanntes elektrisches Straßensystem (ERS) bieten könnte, bei dem die Autos während der Fahrt aufgeladen werden. Anhand der Daten berechneten sie unter anderem den Batteriebedarf, die Ladevorgänge und die Gesamtkosten. Die Forscher verglichen drei Ladeszenarien, eines mit stationärem Laden und ERS, eines mit ausschließlich stationärem Laden und eines mit ausschließlich ERS-Ladeinfrastruktur. Lkw und Busse wurden in der Analyse nicht berücksichtigt, so dass etwaige Vorteile für diese Fahrzeuge hinzugerechnet werden.

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Wenn Fahrzeuge während der Fahrt dynamisch aufgeladen werden können, kann die Batteriegröße reduziert werden und trotzdem allen Anforderungen gerecht werden. Dies führt zu einer geringeren Umweltbelastung und geringeren Kosten, so eine neue Studie von Chalmers. In Schweden wird die erste elektrische Straße ein 21 Kilometer langer Abschnitt zwischen Örebro und Hallsberg sein. Die schwedische Verkehrsbehörde leitet das Projekt, und die Straße soll bis 2026 fertiggestellt werden. Über die Art der Ladetechnik wurde noch nicht entschieden. (Foto: Swedish Transport Administration | WSP)

Eine Kombination aus ERS und Heimladung ist optimal und reduziert den Batteriebedarf im besten Fall um 62-71 Prozent. Wirtschaftlich wäre das auch von Vorteil, denn die Nettoeinsparungen für den Autobesitzer durch kleinere Batterien übersteigen die Kosten für ERS.

Und noch etwas haben die Forscher bei ihren Studien festgestellt: Die durchschnittliche Batteriereichweite, die von Bewohnern dünn besiedelter Gebiete benötigt wird, ist nur 15-18 % höher als die von Stadtbewohnern.Trotzdem wäre die „elektrifizierte Straße“ nicht das Ende des stationären Ladens. Der Vorteil der ERS-Technologie wäre aber auch an anderer Stelle signifikant: Durch den Einsatz von ERS können auch die Ladespitzen reduziert werden, indem das Laden über den Tag verteilt wird.

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Electreons Lösung: induktives Laden während der Fahrt.

Bereits 2019 testete Schweden in Gotland

In Schweden ist das übrigens nicht die erste Studie. Bereits 2019 hatte man sich damit beschäftigt und in Gotland auf einem Autobahnteilstück induktive Ladetechnik getestet. Auf einer Strecke von 1,6 Kilometern wurden Lkw und Busse im Pendelverkehr on-the-fly geladen. Die Technik stammte dabei vom israelischen Hersteller Electreon. In Italien testet Stellantis seit 2021 die Möglichkeiten der „dynamischen Induktion“ in der „Arena del Futuro“.

Fotos: Bjørn Nyland (Youtube Stills), Audi, istock, Swedish Transport Adminstration

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