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Mercedes eCitaro mit 441-kWh-Festkörperakku schon im Einsatz

Elektrisch angetriebener Stadtbus mit interessanter Hochtemperatur-Batterie

mercedes ecitaro mit 441-kwh-festkörperakku schon im einsatz

Das Wort Festkörperbatterie bringt die Augen von technikinteressierten Elektroauto-Fans zum Leuchten. Denn Batteriezellen ohne flüssigen Elektrolyten werden oft geradezu wie das Allheilmittel angesehen, das viele Probleme von batterieelektrischen Fahrzeugen behebt. Was bei normalen Autos noch Zukunftsmusik ist, ist beim Mercedes eCitaro schon Realität, wie uns nun Bjørn Nyland mit einem Video vor Augen führt.

Der norwegische Youtuber hat sich auf einem Mercedes-Event zum eActros einen eCitaro mit Festkörperbatterien (Solid State Batteries, SSB) zeigen lassen. Der eCitaro ist die rein elektrisch angetriebene Version des Stadtbusses Citaro. Normalerweise hat der Elektro-Bus Batterien mit konventioneller NMC-Chemie, die Kathode besteht also aus Oxiden von Nickel, Mangan und Cobalt. Und vor allem haben diese Serienbatterien einen flüssigen Elektrolyten. Anders ist das bei der Version mit den optionalen Festkörperbatterien.

Bildergalerie: Mercedes-Benz eCitaro

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Diese Version besitzt sieben Akkus mit jeweils 63 kWh Speicherkapazität, insgesamt sind also Batterien mit 441 kWh an Bord. Fünf davon sind auf dem Dach untergebracht, zwei weitere im Heck, wo sonst der Dieselmotor arbeitet. Jede Batterie wiegt 450 Kilo, auf dem Dach lasten also fast 2,3 Tonnen, und dazu kommt fast eine weitere Tonne im Heck.

Hersteller der Batterie ist Bolloré. Es handelt sich um Hochtemperatur-Akkus, die auf 80 Grad erwärmt werden müssen, um zu funktionieren. Die Anode besteht aus reinem Lithium, es handelt sich also um eine Lithium-Metall-Batterie.

Die Kathode besteht nach dem im Video gezeigten Datenblatt aus “LiFeP”, also irgendwas mit Lithium und Eisen; P steht in der Chemie für Phosphor, ob das auch hier der Fall ist, bleibt offen. Als Elektrolyt wird jedenfalls ein festes Polymer eingesetzt, also ein Kunststoff. Eine Membran zum Trennen des Anoden- und Kathodenbereichs ist nicht notwendig.

mercedes ecitaro mit 441-kwh-festkörperakku schon im einsatz Elektrische Achse ZF AVE 130

Für den Antrieb sorgen zwei E-Motoren mit jeweils 125 kW Leistung an der Hinterachse. Es handelt sich um eine elektrische Achse vom Zulieferer ZF mit der Bezeichnung ZF AVE 130, die auf in der Hybridversion und in der FCEV-Version des Citaro verwendet wird.

Aufgeladen wird offenbar über einen CCS-Anschluss. Aufgeladen werden kann allerdings nur mit Gleichstrom, denn der Bus hat keinen Bordlader. Die maximale Ladeleistung liegt bei nur 88 kW, was angesichts der riesigen Gesamtkapazität von 441 kWh sehr wenig ist. So ergibt sich eine C-Rate (Ladeleistung geteilt durch Gesamtkapazität) von nur 0,2C. Zum Vergleich: Die normale NMC-Batterie verträgt 300 kW. Die Festkörperbatterie ist keine Batterie, die man unterwegs auflädt, es ist ein Akku zum Aufladen über Nacht oder im Depot, so der Mercedes-Fachmann im Video. 0,2C bedeutet ja: Das Aufladen dauert fünf Stunden.

Zu den Vorteilen der Batterie gehört, dass man sie nicht kühlen muss. Außerdem hat sie eine hohe “Lebenserwartung” (Zyklenfestigkeit) und die Energiedichte ist ebenfalls relativ hoch. Zu den Nachteilen gehört, dass die Batterien zum Betrieb ständig auf Temperatur gehalten werden müssen – entweder durch Aufheizen oder durch kontinuierlichen Betrieb. Weitere Minuspunkte sind die geringe Leistungsabgabe und eben das langsame Aufladen. Außerdem musste Mercedes seinen eCitaro mit Festkörperbatterien zurückrufen, wie InsideEvs.com damals berichtete.

Die Energiedichte auf Batterieebene liegt bei 140 Wattstunden pro Kilogramm, was kein besonders hoher Wert ist. Unser US-Kollege Mark Kane, der sich mit Batterien und dem Aufladen auskennt, vermutet, dass die Kosten der Festkörperbatterie besonders günstig sind, denn sonst könnte sie kaum mit anderen Batterietypen konkurrieren.

Das Video zeigt eine Testfahrt, bei der Bjørn Nyland im Bus mitgenommen wird. Er stellt dabei einen leichten Sound fest. Das Gewicht der Passagiere wird in dem Testfahrzeug durch wassergefüllte Passagier-Dummies und durch Sandsäcke simuliert. Das Gesamtgewicht des so beladenen Test-Busses liegt bei 16,5 Tonnen, was etwa zwei Drittel des Maximalgewichts beträgt.

Die Reichweite des eCitaro mit Festkörperbatterie wird nicht angegeben; Nyland fragt auch nicht, ob sie kleiner oder größer ist als bei der NMC-Variante. Ohnehin hängt die Reichweite bei Stadtbussen stark von der Außentemperatur ab. Denn wenn im Winter die Türen an allen Haltestellen geöffnet werden, geht viel Energie für die Klimatisierung drauf. Der Mercedes-Experte erklärt im Video, dass sich so der Stromverbrauch leicht verdoppeln kann.

Der eCitaro wird seit drei Jahren verkauft, die Version mit Festkörperbatterie wird seit 2021 verkauft, sie fährt also schon auf der Straße. Die Stadt Bremen hat schon im Dezember 2020 fünf Stück von der Spezialversion bestellt, wie Mercedes damals meldete.

Technische Daten des Mercedes eCitaro mit Festkörperbatterie

  • Antrieb: 2 E-Motoren mit je 125 kW (elektrische Achse ZF AVE 130)
  • Akku: 7 Festkörperbatterien à 63 kWh (zusammen 441 kWh), Hersteller Bolloré
  • Batteriechemie: LiFeP-Kathode, Lithium-Metall-Anode, polymerer Festkörperelektrolyt, kein Separator
  • Betriebstemperatur der Batterie: 80 Grad
  • Lebensdauert: ca. 3.600 Vollzyklen / ca. 10 Jahre
  • Aufladen: bis 88 kW DC (0,2C)
  • Ladedauer: 5 Stunden
  • Reichweite: k.A.
  • Gewicht pro 63-kWh-Batterie: 450 kg
  • Gewicht des Testfahrzeugs: 16,5 Tonnen

Quelle: Björn Nyland auf Youtube via InsideEVs.com

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