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Maserati MC20 Cielo: Test, Spider, Roadster, Cabrio

Der Maserati MC20 Cielo ist nicht nur gegenüber der Sonne offen, er ist auch das italienischste aller Muscel Cars. Erste Fahrt im 630-PS-Spider!


Nach dem MC20 präsentiert Maserati den MC20 Cielo und damit den Himmel auf Erden. Denn Cielo bedeutet übersetzt aus dem Italienischen nichts anderes als Himmel. Und irgendwie stimmt das in jeder Hinsicht.  Nicht nur, dass der Cielo ein Spider ist, der das Dach in 12 Sekunden bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h öffnen und schließen kann, die Polymer-Dispersed Liquid Crystal oder einfach PDLC-Technologie, ermöglicht es über einen Touch auf dem 10,25 Zoll-Screen in der Mittelkonsole, dass sich das Dach wie von Zauberhand verdunkelt oder transparent wird. Grund sind die sich in ihrer Struktur verändernden Kristalle.  
Aber der eigentliche Himmel auf Erden ist für den, der sich dieses Supercar ab 216.000 Euro leisten kann, wenn er offen fährt. Die Blicke anderer Autofahrer oder die der Umstehenden am Eiskaffee sind dem Besitzer gewiss. Denn den Masserati-Designern ist es gelungen ein Auto auf die Räder zu stellen, dass wohl die italienische Art eines Muscel Cars ist. Anders als das Coupé sind die Schultern, also die Kotflügel am Heck drei Zentimeter weiter ausgestellt. Auf dem Rücken trägt der Bolide zwei Höcker, die den Trapezmuskeln eines Natural Bodybuilders gleichen.

Ohne Steroide am Start

Und genau das ist das Geheimnis des Italieners, bei aller Kraft, die er ausstrahlt, kommt er nicht so daher, als wäre er mit Steroiden und Anabolika vollgepumpt. Es gibt keine übermächtigen Spoiler oder andere die muskulösen Flächen zerstörenden aerodynamischen Beigaben. Braucht es nicht, es reichen Hühnchen und Reis, um die Traumfigur in einen Maßanzug zu stecken und ab 100 km/h einen Anpressdruck von 100 Kilogramm auf die Hinterachse zu gewährleisten. maserati mc20 cielo: test, spider, roadster, cabrio

Das Dach mit Polymer-Dispersed-Liquid-Crystal- oder einfach PDLC-Technologie, verdunkelt sich mit einem Druck auf den Touchscreen oder wird wieder transparent.


 
Und das Herz, das den Sportler antreibt? Der von Maserati selbst entwickelte Nettuno-Motor, der auch das Coupé befeuert. Ein 90-Grad-6-Zylinder-Twin-Turbo, der seine Kraft von 630 PS aus 3,0 Litern Hubraum schöpft und ein maximales Drehmoment von 730 Newtonmetern generiert. Über fünf Fahrmodi kann der Pilot entscheiden, wie das Kraftpaket nach vorne und natürlich quer geht. Gestartet wird immer im GT-, im Grand-Tourismo-Modus. Komfortabel, mit einem bei sportlicher Fahrt etwas unterdämpften Fahrwerk geht es hier auch gerne mal über die lange Distanz.

Spaß mit Sport

Wer Spaß haben will, der dreht den großen Drehsteller in der sehr schmalen Mittelkonsole kurz nach rechts und landet in Sport. Die Dämpfer straffen sich und die Auslassventile öffnen nicht mehr bei 5000 U/min, sondern bereits bei 3500. Wer das Acht-Stufen-Dopplungsgetriebe arbeiten lässt, wird jetzt nur noch sechs Gänge nutzen. Sieben und Acht sind Overdrive-Stufen, die es nur beim Gleiten und wegen der Abgasvorgaben braucht. Und die sechs Stufen reichen. Die Automatik wuchtet sie in Millisekunden ohne Verzug hoch und runter, dass es eine Lust ist. maserati mc20 cielo: test, spider, roadster, cabrio

Der Maserati MC20 Cielo ist ausgezeichnet ausbalanciert. Trotz des elektrischen Dachs, das ihm 65 Kilogramm mehr auf die Rippen schiebt.


 
Die wird aber noch größer, wenn man den Fahrmodischalter eine weiter Stufe nach rechts dreht oder einfach zwei Sekunden gedrückt hält. Dann geht es im Corsa-, also im Renn-Modus voran. Das Vorkammer-Verbrennungssystem mit zwei Zündkerzen, eine Technologie aus der Formel 1, zündet jetzt über beide Stufen und die Auslassventile sind immer offen. Zudem wird deutlich, wie exzellent der Cielo trotzt 65 Kilogramm mehr Gewicht durch das elektrische Dach ausbalanciert ist.  Die Pedalkennlinie ist im Spitzenbereich und die Carbon-Bremsen sind hoffentlich warm. Maserati wollte ob des Komforts vermeiden, dass sie erbarmungslos zubeißen und hat deshalb dem Fahrer etwas mehr Beinarbeit verordnet. Man muss schon ordentlich zuzutreten, um den 1,6-Tonner aus vollem Lauf zum Stehen zu bringen.

Aus dem vollen Lauf

Voller Lauf bedeutet hier übrigens, über 320 km/h. Auch der Weg dorthin ist bei einem Leistungsgewicht von 210 PS pro Kilogramm mit einem Wimpernschlag abgeschlossen. Lediglich 2,9 Sekunden braucht es auf Tempo 100, 200 km/h sind nach 9,2 Sekunden erreicht. Allerdings ist bei der Querbeschleunigung etwas Vorsicht geboten. Die Traktionskontrolle ist, ebenso wie die Federung und die Schalteinstellungen im Renn-Modus. Ohnehin bietet es sich jetzt an, die Schaltpunkte über die mächtigen Carbon-Wippen am ebenso mächtigen Alcantara-Lenkrad selbst zu übernehmen. maserati mc20 cielo: test, spider, roadster, cabrio

Das Alcantara-Lenkrad ist griffig, die Inneneinrichtung wirkt fast schon etwas karg.


Traumhaft ehrlich atmen die Turbos ein und aus. Es gleicht dem schweren Schnaufen des Bodybuilders beim Kreuzheben mit 250 Kilogramm. Ohne jeden künstlichen Zusatz bahnen sich die Schaltvorgänge aus den zwei mächtigen Endrohren ihren Weg in die Ohren derer, die es hören wollen oder auch nicht. Das mag dem einen oder anderen zu viel sein. Zum Cielo passt es. Zu seinem Charakter, der je nach Fahrprogramm und Ambition des Fahrers zwischen unterschwelligem Grollen und enthusiastischen Getöse changiert.

Oben und unten ohne

Oberhalb von Corsa gibt es noch ein Fahrprogramm, das da schlicht ESC-Off heißt. Klar, alle Steuerfunktionen sind deaktiviert. Wer jetzt mit dem rechten Fuß durchlädt, der kann sicher sein, dass der Italiener mit quietschenden Reifen quer geht. Abseits der Rennstrecke ist das nicht zu empfehlen. Da hilft es auch nicht, dass auf dem ebenfalls 10,25 Zoll messenden Digitalbildschirm vor dem Piloten die Bremskraft und die Kraft, die über das Gaspedal abgerufen werden, prozentual angezeigt werden. maserati mc20 cielo: test, spider, roadster, cabrio

Die Schmetterlings- oder Scheren-Türen hat der Maserati MC20 Cielo vom Coupé übernommen.


Apropos Bildschirme. Das in der Mittelkonsole ist dem Fahrer zugeneigt, sitzt aber um es im Blick zu behalten etwas tief. Zudem wirkt der angedachte Minimalismus im Innenraum fast schon ein wenig karg. Da helfen auch die als Eis bezeichnete zweifarbigen Alcantarabezüge der Armaturen nichts. Umso beeindruckender kann sich aber das Lenkrad inszenieren. Nicht nur wegen der schon erwähnten Fülle und der daraus resultierenden Griffigkeit, sondern auch wegen des blauen Startknopfes unterhalb der linken Speiche. 

Abheben ohne abzuheben

Auch die Bodenfreiheit kann über eine Lenkradtaste angehoben werden. Diese Beigabe ist optional, hat sich aber während der Testfahrt auf sizilianischen Straßen als äußerst hilfreich erwiesen. Bis zu einer Geschwindigkeit von 40 km/h hebt sich die Vorderachse um 50 Millimeter an. Wird das Tempo überschritten, geht es wieder abwärts.  maserati mc20 cielo: test, spider, roadster, cabrio

Zwei entsprechend dicke Endrohre sorgen für einen atemberaubend, ehrlichen Sportwagenklang.

Maserati selbst will natürlich, dass es Dank des MC20 und des MC20 Cielo mit der Marke weiter aufwärts geht. Deshalb wird es auch in absehbarer Zeit einen rein elektrischen MC20 geben, der dank Front- und Heckmotor zum emissionslosen Allrad-Sportler wird. Und das ist dann wohl auch die Zukunft des Dreizacks. Die Ansage ist, dass ab 2025 nur noch E-Autos gebaut werden. Wer also noch einmal einen richtig ehrlichen Supersportler mit Dachöffnung haben möchte, der raucht und faucht, sollte, wenn es seine Finanzen zulassen, beim MC20 Cielo zuschlagen.

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