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Maserati GT Folgore: E-Auto der Superlative im Test

Wenn bei einem Seriensportwagen von 1200 PS und 1350 Newtonmeter die Rede ist, dann spitzen Petrolheads die Ohren. Aber beim Maserati GT Folgore handelt es sich nicht um einen Verbrenner, sondern ein Elektrosportwagen.


Wenn der Dreizack seine Blitze schießt, kann das im Bereich der potenten Autohersteller nur heißen, dass Maserati eines seiner Fahrzeuge elektrifiziert hat. Der erste Stromstoß ist der Gran Turismo Folgore. Der protzt nämlich mit nominalen 1200 PS und einem maximalen Drehmoment von 1350 Newtonmetern. Damit toppt er erstmal alles, was sich momentan im Bereich, der käuflich zu erwerbenden Starkstromer tummelt, hat aber dennoch einen ganz klaren Gegner: den Porsche Taycan Turbo S.


Warum? Nun, weil die von den drei Elektromotoren – zwei an der Hinterachse, einer an der Front – tatsächlich nur 761 PS dauerhaft anliegen. Im Boost bringt es das Leistungsmonster dann für kurze Zeit auf, 829 PS. Dennoch hat der Italiener mit seiner Motorenverteilung so seine ganz eigenen Vorzüge, die sich natürlich nirgendwo besser erfahren lassen als auf der hauseigenen Rennstrecke des Dreizacks, auf dem Auto Dromo di Modena.

Wer will, der kann

Nein, eigentlich ist ein GT kein Rennstreckenfahrzeug, aber wie könnte es anders sein: Der Wunsch von Maserati war es, dass jeder, der es will, dort nicht nur fahren kann, sondern zu Hause ist. Ergo gibt es vier Fahrmodi. Der erste sichert die maximale Reichweite, die laut WLTP mit 450 Kilometern angegeben wird, begrenzt aber nicht nur die Leistung, sondern drosselt auch Energieverbraucher, wie zum Beispiel die Klimaanlage. Der GT-Modus ist der für die Reise. Auch hier werden lediglich 80 Prozent der verfügbaren Kraft freigegeben. Aber, Achtung Spoiler: selbst mit dieser Kraftfreigabe ist man auf dem Rundkurs recht potent unterwegs. maserati gt folgore: e-auto der superlative im test

Mit seinen dauerhaft anliegenden, 761 PS, hat der Maserati GT Folgore exakt soviel Power, wie ein Porsche Taycan Turbo S.

Die volle Power gibt es in Sport, wobei hier das ESC und einige andere kleine Helferlein noch sehr wachsam sind. So richtig zur Sache geht es, wenn der Fahrprogramm-Schalter am Lenkrad auf Corsa gedreht wird. Volle Power, keine Regelsysteme und auf dem Rundkurs ein Feuerwerk an Emotionen. Das kommt daher, so erklärt es der Technische Direktor der GT-Modelle Davide Danesin, dass man darauf geachtet habe, dass gerade im Renntrim wesentlich mehr Kraft auf die Hinterräder geleitet wird. maserati gt folgore: e-auto der superlative im test

Der Autor im Gespräch mit dem Technischen Direktor der GT-Reihe, Davide Danesin.

Dank der zwei Motoren, die jedes Rad einzeln versorgen, ist das auch gar kein Problem. Denn genau diese Konstruktion lässt ein ausgeklügeltes Torque Vectoring zu, also eine optimale Kraftverteilung an genau das Rad, das es im Moment braucht. “Wir können bis zu 100 Prozent der verfügbaren Kraft am einzelnen Rad mobilisieren”, erklärt Danesin. “Das macht natürlich nur Sinn, wenn man mit dem Auto driften oder einen Donat dreht”, so der Chefingenieur grinsend.


In 8,8 Sekunden auf Tempo 200

Fakt ist aber, dass es genau diese Kraftverteilung möglich macht, den Folgore vor jedem Heckausbruch in zu schnell angefahrenen Kurven zu bewahren. Zwar ist das Schwänzeln des Hecks deutlich zu spüren, aber mit einer sturen Kraft zieht sich der elektrisierte GT noch bevor der Fahrer den Herzkasper bekommt, wieder in die Spur zurück. Insofern lässt der Wagen mehr zu, als man es von einem Verbrenner gewohnt ist. Das gilt auch für die Beschleunigung. Wer voll durchlädt, der ist ohne jede Zugkraftunterbrechung, weil es keines Getriebes bedarf, in 2,7 Sekunden auf Tempo 100, in 8,8 Sekunden hat er 200 km/h erreicht und die Endgeschwindigkeit gibt Maserati mit 320 km/h an. Das sind 60 km/h mehr als ein Porsche Taycan Turbo S schafft. Aber noch etwas zeichnet den Italienern aus. Die Batterie ist nicht, wie man es unterdessen von E-Autos kennt, in Unterflurbauweise zwischen die Achsen gepresst worden, sondern zieht sich in T-Form durch den Unterboden. maserati gt folgore: e-auto der superlative im test

Der Maserati GT Folgore beschleunigt in 2,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h und wird bis zu 320 km/h schnell.

Dabei wächst sie dort in die Höhe, wo sonst die Kardanwelle ihren Unterschlupf findet und teilt sich kurz hinter der Vorder- und Hinterachse. Das hat zum einen den Vorteil, dass die Sitze weiterhin tief liegen können, zum anderen verhindert es die physikalische Kraft, die das Gewicht des Akkus sonst in Kurven verursacht. Dieses seitliche Schieben über die Räder vermisst man beim Maserati GT Folgore vollständig. Das heißt nicht, dass das Gewicht der 2,3 Tonnen nicht spürbar wäre, es lässt sich aber auch mit Hilfe der leichtgängigen, aber absolut präzisen Lenkung, nahezu spielend umsetzen.

Der echte Elektro-Sound

Das alles passiert im Übrigen unter einer sehr individuellen Soundkulisse. Während andere Hersteller sich sphärische Klänge komponieren lassen, hat Maserati sich gesagt, dass doch auch die elektrisch arbeitenden Maschinen Geräusche erzeugen. “Und genau die haben wir genutzt, um einen ganz eigenen Klang zu kreieren”, erklärt Danesin. Um das Werkeln der E-Motoren oder des Konverters dann deutlich hörbar zu machen, wurden in der Nähe der Hinterachse 120 Watt leistende Lautsprecher verbaut. Und so bekommt das Elektrogegrummeln tatsächlich etwas von einem E-V8. Und das nicht nur nach innen. Irgendwie ist dieser Klang, passend zum Fahrspaß, in jeder Hinsicht ehrlicher und damit erträglicher als das ersonnene Elektrogesäusel der Konkurrenz. maserati gt folgore: e-auto der superlative im test

Der Maserati GT Folgore ist momentan das Elektroauto, das auf der Rennstrecke den meisten Spaß bietet.


Jetzt kann natürlich der Einwand gebracht werden, wie lange denn der Fahrspaß auf der Rennstrecke andauert. Im Test deutlich länger als erwartet. Grund dafür ist sicher auch, dass hier mit bis zu 400 kW Energie beim Bremsen rekuperiert wird und die Batterie auch sonst mit ihren 92,5 kWh brutto und den nutzbaren 83 kWh nicht so schnell schlapp macht. Wer will, kann über die mächtigen Schaltwippen am Lenkrad die Rekuperationsstufen auch bis hin zum One-Padel-Drive über alle Fahrmodi nutzen. Eine interessante Erfahrung auf dem Rundkurs, wenn man viel weniger Bremskraft über den Fuß aufbauen muss als gewohnt. Die gesamte Technik basiert, und auch hier kann man nach Zuffernhausen blicken, auf einer 800-Volt-Architektur. Allerdings ist der Folgore auch hier einem Taycan überlegen, denn geladen wird mit maximal 270 kW. Was nichts anderes heißt, als dass an der richtigen Ladesäule nach fünf Minuten Strom für weitere 100 Kilometer im Akku ist. Ein Umstand, der auf dem Kurs in Modena nicht genutzt werden musste, denn nach zirka 20 Runden war bei vollem Akku am Ende noch Saft für weitere 185 Kilometer da.

Interieur wie beim Grecale?

Nun wird sich der aufmerksame Leser wundern, dass es hier keine Bilder vom Interieur des Maserati GT Folgore gibt. Die Erklärung ist einfach: Es ist noch nicht freigegeben. Doch auch hier dürfen wir noch mal spoilern: Es ist dem des Grecale sehr ähnlich. Digitale Instrumententafel im direkten Blickfeld des Fahrers, ein aus dem Dashboard förmlich in die Mittelkonsole fließender Touchscreen, über den neben den Multimedia-Annehmlichkeiten auch die Klimaanlage oder das Fahrlicht gesteuert werden. Im Knick, der eigentlich zwei Displays befinden sich vier Tippschalter, über die sich Vorwärts-, Rückwärtsgang, die Parkstellung und der Leerlauf einlegen lassen. maserati gt folgore: e-auto der superlative im test

Das Interieur des Maserati GT Folgore könnte dem des hier gezeigten Grecale GT sehr ähnlich sein.

Das schafft Platz in der Mittelkonsole, denn Ablageflächen sind im GT Folgore eher Mangelware. Und das ist gar nicht so unwichtig, denn auch im Kofferraum gibt es mit 270 Liter Ladevolumen 40 Liter weniger als bei den Verbrennermodellen. Aber keine Angst, ein Golfbag passt dank einer extra eingefügten Mulde locker rein. Stellt sich an dieser Stelle die letzte und vielleicht alles entscheidende Frage: Was kostet der Maserati GT Folgore? Auch hier hat man sich augenscheinlich nach dem Taycan Turbo S umgesehen. Denn wie der wird auch der Italiener um die 200.000 Euro kosten.

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