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MAN-CEO: Elektro-Lkw rechnen sich „nach drei bis fünf Jahren“

MAN-Chef Alexander Vlaskamp hat keinen Zweifel daran, dass sich Elektro-Lkw durchsetzen werden. Auch wenn die Branche derzeit ächzt und mit vielen anderen Herausforderungen zu kämpfen hat: „Vielen Wirtschaftszweigen geht es nicht gut, denken Sie an die Industrie oder die Baubranche – das spüren wir“, sagte Vlaskamp in einem Interview mit dem Handelsblatt.

Hinzu kommen die seit Ende 2023 verdoppelten Mautsätze für Diesel-Lkw, die die Transporteure „erst einmal an ihre Kunden weitergeben und verarbeiten“ müssten, das sei „eine große finanzielle Belastung“ und ein Grund dafür, warum Speditionen derzeit mit Investitionen in neue Fahrzeuge warten. Was auch MAN deutlich spürt, wie der CEO im Interview erklärt: „Unter dem Strich liegt die Lkw-Produktion in Europa um rund 20 Prozent unter dem Vorjahr“. Vlaskamp nennt die aktuelle Situation einen „Käuferstreik, der seine Ursache vor allem in falsch gesetzten politischen Rahmenbedingungen“ haben soll.

MAN reagiert darauf mit einer Drosselung seiner Produktion und Kurzarbeit in den deutschen Werken in München, Nürnberg und Salzgitter. Das ganze hat allerdings auch einen positiven Aspekt: Der Lkw-Hersteller kann die Zeit nutzen, um seine Mitarbeiter:innen „für den Bau von Elektrotrucks zu schulen“, wie Vlaskamp erklärt. Der Dienstag etwa sei jetzt „der sogenannte ‚Elektro-Tag‘“. Die aktuelle Situation helfe also auch ein bisschen, „weil wir jetzt mehr Luft für solche Schulungen haben.“

Der Umstieg auf Elektro-Lkw ist unausweichlich, da die EU im Green Deal vorschreibt, dass die CO2-Emissionen der Lkw-Neufahrzeugflotten bis 2030 um 45 Prozent gesenkt werden müssen. „Das wird eine große Herausforderung in sehr kurzer Zeit“, sagt Vlaskamp, der das Ziel als etwas zu „ambitioniert“ empfindet. In anderen Regionen der Erde werde „nicht so stark reguliert, das dürfen wir auch gesamtwirtschaftlich nicht aus den Augen verlieren.“

„Viele Kunden unserer Kunden fordern nachhaltigen Transport“

Dennoch glaube MAN an den Elektro-Lkw: „Viele Kunden unserer Kunden fordern nachhaltigen Transport, nehmen Sie den Einzelhandel, die Supermärkte, aber auch Autohersteller“, erklärt er mit Blick auf ESG-Vorgaben, die Unternehmen zu nachhaltigerem Handeln verpflichten. Und den Kunden sei bereits bewusst, „dass ein Elektro-Lkw in der Anschaffung zwar teurer ist, die Betriebskosten aber deutlich niedriger sind“. Das werde sich 2027 weiter verschärfen, wenn der Verkauf von Benzin und Diesel in das Emissionshandelssystem einbezogen wird: „Wir rechnen damit, dass der Diesel noch einmal zehn bis 15 Eurocent pro Liter mehr kosten wird“, sagt Vlaskamp. Spätestens dann spreche „noch mehr für Elektro-Lastwagen“.

Ein Elektro-Lkw werde sich auch „trotz der höheren Anschaffungskosten rechnen“. Bei MAN gehen man davon aus, dass ein E-Lkw dank der niedrigeren Betriebskosten „je nach Nutzung, bei einer Laufleistung von 60.000 bis 100.000 Kilometern pro Jahr um die 30.000 Euro“ an laufenden Kosten einsparen werde. „Abhängig vom Land, den Förderungen und den Strompreisen rechnet sich ein E-Truck in drei bis fünf Jahren“, sagt er. Bedenkt man, dass die aktuell zugelassenen Lkw ein Durchschnittsalter von 14 Jahren aufweisen, wird einem das weitere Sparpotenzial recht deutlich vor Augen geführt.

man-ceo: elektro-lkw rechnen sich „nach drei bis fünf jahren“

MAN

Der Antrieb per Wasserstoff und Brennstoffzelle werde über den Nischenstatus kaum hinauskommen, sagt der MAN-Chef, da der Batterie-Lkw die niedrigeren Betriebskosten aufweise. „Für ganz schwere Transporte sehen wir allerdings auch eine Nische für den Wasserstoffverbrenner“, sagt er, etwa für den Transport schwerer Rotorblätter von Windrädern oder Holztransporte in Skandinavien. „Diese Anwendungen werden aber nicht mehr als etwa zehn Prozent des Marktes ausmachen“, beziffert Vlaskamp das Marktpotenzial.

„Wir bereiten alle Werke und Werkstätten intensiv auf die E-Mobilität vor“

MAN sei bereit für die Antriebswende und bereite „alle Werke und Werkstätten intensiv auf die E-Mobilität vor“. Der Hersteller gehe davon aus, „dass 2030 jeder zweite verkaufte Lastwagen in Europa ein E-Truck ist“. Dafür brauche es weiterhin „stabile Regeln in Europa“ und „Tempo beim Ausbau der Ladeinfrastruktur“, wie es die EU vorschreibt: „Zum Beispiel, dass auf hundert Kilometer Autobahn bis zu zwei Lademöglichkeiten für Elektrolastwagen kommen“, wie Vlaskamp die entsprechende EU-Verordnung zitiert.

man-ceo: elektro-lkw rechnen sich „nach drei bis fünf jahren“

So könnte der Ladepark an der Allianz Arena einmal aussehen / Visualisierung: MAN

MAN hat auch bereits selbst die Initiative ergriffen und unter anderem eine Partnerschaft mit Eon für den Aufbau von öffentlichen Lademöglichkeiten für Elektro-Lkw gestartet. Die ersten Ladestationen aus dieser Kooperation sind bereits in Betrieb. Vlaskamp bestätigt in dem Interview einige Studien, wonach das Depot-Laden bei E-Lkw um einiges wichtiger sein wird als das Laden entlang der Fernstraßen: „Geladen wird in der Regel hier oder auf den Betriebsflächen unserer Kunden und weniger an den Autobahnen“, so der MAN-CEO. Dort lasse sich Ladeinfrastruktur auch problemloser realisieren, da „meist auch die bestehenden Leitungen mit einer Leistung von drei bis vier Megawatt für ein halbes Dutzend Ladestationen reichen.“

Neben der Kooperation mit Eon erwähnte Vlaskamp auch das Joint-Venture Milence, das europaweit Ladesäulen für E-Lkw aufbaut, sowie den geplanten Ladepark an der Allianz Arena in München, der mit seinen 30 Schnellladepunkten für Elektrobusse und Elektro-Lkw „ein Leuchtturmprojekt“ darstelle. Ein Unikat soll so etwas nicht bleiben: „Von solchen Projekten werden wir mehr sehen“, stellt der MAN-Chef in Aussicht.

Quelle: Handelsblatt – „Wir glauben an den E-Truck“

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