Motorrad

Langen Motorcycle: Limitierter Zweitakter als Café Racer

Die Langen Two Stroke ist kein Bastelumbau, sondern ein neues Klein-Serienmotorrad mit einem 76-PS-Zweitakter, der nur 120 kg schleppen muss.

langen motorcycle: limitierter zweitakter als café racer

(Bild: Langen)

Es heißt zwar, der Zweitaktmotor wäre tot, und doch es gibt immer noch Unbelehrbare, die das Prinzip hochhalten. Bekanntester Vertreter ist wohl KTM, die mit ihren Zweitakt-Sportenduros zwischen 150 und 300 cm3 Hubraum nicht nur bei Rennen, sondern auch im Verkauf sehr erfolgreich sind. Dazu gesellen sich ein paar kleinere Hersteller wie Beta und Fantic, die auch im Sportbereich Zweitakt-Enduros anbieten und schließlich gibt es noch einige Marken, die Zweitakt-Kleinkrafträder mit 50 cm3 Hubraum im Programm haben. Emissionsvorschriften haben die Zweitakter im normalen Straßenverkehr längst weitgehend eliminiert – zugunsten des Viertakters. In naher Zukunft “droht” eine komplette Elektrifizierung. Wer käme also in der heutigen Zeit auf die Idee, ein Zweitaktmotorrad zu bauen? Wohl nur jemand, der gerne unkonventionell denkt – wie Christofer Ratcliffe.

Zweitakter als Familientradition

Der Brite wuchs in einer motorradverrückten Familie auf. Sein Vater arbeitete bei Cotton Motorcycle und war in den späten 1970er-Jahren an der Entwicklung eines Zweitakt-Racers mit Rotax-V-Twin-Motor beteiligt. Der erste Job seiner Mutter mit 18 Jahren war der eines Motorradkuriers. Zusammen nahmen seine Eltern an Motocross-Gespannrennen teil – natürlich mit Zweitaktmotoren. Das hat Christofer für das Leben geprägt, denn er studierte Fahrzeugtechnik und arbeitete nach seinem Abschluss zunächst bei dem Sportwagenhersteller TVR, dann in der Öl- und Gasindustrie und landete schließlich 2010 bei der Motorradmanufaktur CCM. Doch Ratcliffe verspürte den Drang, ein eigenes Motorrad zu schaffen und machte sich 2018 selbstständig, die Firma taufte er auf seinen Spitznamen “Langen”. Er ging ein hohes Risiko ein, denn um sein Start-up zu finanzieren, verkaufte er sein Haus und sein Auto.

“Wir machen Sachen anders”

Ratcliffe kann Leute begeistern, und so gelang es ihm, Ingenieure und Techniker von bekannten Firmen wie Triumph, McLaren und BAC in sein Team zu bekommen. Das Firmenmotto von Langen lautet: “We do things differently here” (Wir machen Sachen hier anders). Sie wollten ein Motorrad auf hohem technischen Niveau mit einem außergewöhnlichen Design bauen, um gleich zu Beginn auf ihre junge Firma aufmerksam zu machen. Es sollte ein leichtes Motorrad sein, dass eine gute Performance liefern konnte. Als Stil wählte Ratcliffe einen Café Racer mit Stummellenkern und Rundscheinwerfer. Wer Ratcliffes Vergangenheit kannte, war wenig überrascht, dass er sich für einen 250er-Zweitaktmotor als Antrieb entschied. Jedoch nicht etwa einen alten Motor aus den 1980er- oder 1990er-Jahren, als die sportlichen Zweitakter Hochkonjunktur hatten, sondern einen noch relativ jungen V2 aus Italien.

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Langen Two Stroke (6 Bilder)

langen motorcycle: limitierter zweitakter als café racer

Die junge Marke Langen aus England ist stolz darauf, Sachen anders zu machen. Sie baut einen Café Racer mit einem Zweitaktmotor.

Italienisches Zweitakt-Herz

Sein Erfinder Vincenzo Mattia hatte noch als Ingenieur bei Ferrari gearbeitet, als er sein Herzensprojekt begann. In sechs Jahren entwickelte Mattia den 250er-Zweitakter zur Reife und gründete dafür die Firma “Vins Motors” in Maranello. Der flüssigkeitsgekühlte Zweitaktmotor mit zwei gegenläufig rotierenden Kurbelwellen und elektronischer Einspritzung lieferte 76 PS bei 11.700/min. Er erwies sich nicht nur als zuverlässig, sondern verbrannte sein Gemisch auch vergleichsweise “sauber”, sodass die Vins Duecinquanta Strada sogar eine Straßenzulassung nach Euro4-Norm bekam.

Dabei verkraftete der 90-Grad-V2 Drehzahlen von 12.700 Touren problemlos. Ratcliffe war begeistert über den Motor und baute um ihn sein neues Modell auf, das er schlicht “Two Stroke” nannte. Er arbeitete eng mit Mattia zusammen, um auch bei niedrigen und mittleren Drehzahlen schon gut verwertbare Leistung zu haben. Wichtig war Ratcliffe, die Leistungsabgabe kontrollierbar zu machen. Zwar reißt der Motor ab 9500/min noch einmal richtig an, aber der Übergang verläuft nicht mehr so schlagartig, wie es früher üblich war.

Rahmen aus Aluminium

Für die Two Stroke entwickelte das Langen-Team einen Gitterrohrrahmen, der den Motor als tragendes Element integriert. Dabei ließen sie sich von dem legendären Rahmenhersteller Spondon inspirieren. Die Aluminiumrohre des Rahmens und der Schwinge sind massiv ausgeführt und bringen dennoch nur wenig Gewicht auf die Waage. Ziel war es, das Motorrad so leicht wie möglich zu machen, und daher besteht so ziemlich alles, was nicht aus Aluminium ist, aus Kohlefaserlaminat: Tank, Heck, Bugspoiler, Kotflügel, Endschalldämpfer, Airbox, Ansaugstutzen, Motordeckel und sogar der Lampentopf.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen, die Two Stroke wiegt, laut Langen, nur 120 kg mit allen Flüssigkeiten, aber leerem 14-Liter-Tank. Da bekommen die 76 PS Motorleistung auf einmal eine ganz andere Dimension. Um das Motorrad unter Kontrolle zu halten, versieht am Vorderrad eine einstellbare Telegabel von Öhlins ihren Dienst. Für das Hinterrad wählten die Entwickler interessanterweise kein Mono-Federbein, sondern gleich zwei Federbeine von K-Tech, ebenfalls voll einstellbar. Vorne wie hinten stehen 120 mm Federweg parat.

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Langen Two Stroke Details (9 Bilder)

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Auch auf der Rennstrecke bekam die Langen Two Stroke schon Auslauf – und Beachtung.

Ausgetüftelte Fahrwerksgeometrie

Ratcliffe tüftelte er mit seinem Team lange an der idealen Fahrwerksgeometrie für die Two Stroke. Schließlich entschieden sie sich für einen steilen Lenkkopfwinkel von 67 Grad und einen Nachlauf von 97 mm, um das gewünschte Handling zu erreichen. Den Radstand wählten sie mit 1450 mm eher etwas länger, damit die Two Stroke auch bei hohen Geschwindigkeiten stabil bleibt – immerhin erreicht sie etwa 220 km/h. Mit 53 Prozent lagert mehr Gewicht auf der Front als hinten, was Wheelie-Neigungen unterdrückt. Bei den Bremsen am Vorderrad griff Langen zwar zu zwei 320 mm großen Bremsscheiben von Brembo, aber die beiden radialen Bremszangen stammen von HEL, auch hinten wählten die Entwickler die Kombination dieser Marken.

Drahtspeichenräder für klassischen Touch

Nur bei den Felgen siegte das Design über den Leichtbaugedanken, denn die Two Stroke rollt für den klassischen Touch auf Aluminiumfelgen mit Drahtspeichen – mit Gussrädern hätte noch etwas Gewicht gespart werden können. Der schlauchlose Dunlop-Classic-T100 GP-Reifen am Vorderrad weist noch die heute übliche Dimension 120/70-17 auf, hinten folgt Langen jedoch nicht dem Mainstream und wählt den Dunlop in 150/70-17, was die Handlichkeit positiv beeinflusst. Der Fahrer thront auf einem Sitzkissen aus Leder mit Ziernähten und eingesticktem Firmennamen.

100 teure Zweitakter

100 Stück der Two Stroke werden gebaut zum Stückpreis von 28.000 Pfund, umgerechnet rund 32.500 Euro. Klingt reichlich ambitioniert, doch laut Langen sind die meisten schon vorbestellt. Kaum eine Two Stroke wird der anderen gleichen, da die Sonderausstattungswünsche der Kunden berücksichtigt werden. Leider ist die Langen aus Großbritannien nicht mit der Abgasnorm Euro 5 versehen und daher in der EU nicht zulassungsfähig. Ratcliffe hat noch viele Pläne, das nächste Projekt sei schon weit gediehen. Ein leichter und kräftiger Viertakter soll das Programm erweitern, näheres verrät er aber noch nicht. Sein Team tüftelt außerdem an einem Elektromotorrad.

(mfz)

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