Der ungewöhnlich gestaltete Kleinwagen punktete mit modischen Extras
Man kennt sie. Und irgendwie auch wieder nicht. Die Rede ist nicht von den eigenen Nachbarn, sondern von Autos, die so unauffällig blieben, dass sie heute nur eingefleischte Fans noch kennen. Solche Modelle müssen nicht zwangsläufig Flops gewesen sein, aber sie liefen unter dem Radar des gewöhnlichen Autokäufers. In unregelmäßiger Folge holen wir hier unter dem Titel “Kennen Sie den noch?” solche Old- und Youngtimer aus dem Nebel des Vergessens.
1985 begann die Ahnenreihe mit dem winzigen Y10, heute ist dessen Enkel Ypsilon eines der meistverkauften Autos in Italien. In den Jahrzehnten dazwischen wurde das Buchstaben-Thema bisweilen unübersichtlich: Auf den Y10 folgte der hier gezeigte Y, danach schrieb man Ypsilon komplett aus.
Doch Enrico Fumia, damals Designchef bei Lancia und später auch für den Lybra verantwortlich, verpasste dem Y ein extravagantes Kleid. Die Frontpartie erinnert leicht an den 1994 vorgestellten Lancia Zeta aus der Familie der Euro-Vans. Am Heck wiederum gab sich der Y steil, geschwungen, aber noch heute modern. Innen gab es den typischen Zentraltacho, serienmäßig waren zwei Airbags. ABS, Zentralverriegelung und elektrische Fensterheber sowie je nach Version viel Alcantara.
Im LX gab es ab 2000 sogar ein Blaupunkt-Radio mit integriertem Navi serienmäßig. Apropos 2000: In diesem Jahr erfolgte ein leichtes Facelift, Alcantara wurde durch eine “Castiglio”-Microfaser abgelöst. Und was gibt es zu den Motoren zu berichten? Ob der Fiat-Verwandtschaft nichts Besonderers: Unter anderem brave FIRE-Motoren mit 55 respektive 60 PS aus 1,1 bzw. 1,2 Liter Hubraum, Vierzylinder versteht sich.
Wer mehr Leistung wollte, bekam je nach Baujahr 75, 80 oder 85 PS. Mit fünf oder sogar sechs Gängen, die CVT-Automatik blieb der 60-PS-Maschine vorbehalten. Die bereits erwähnten 86 PS gab es im “Elefantino Rosso” 16V, gekennzeichnet durch einen putzigen roten Elefanten. Nur 910 kg schwer, spurtete er in 10,9 Sekunden auf Tempo 100 und erreichte 177 km/h Spitze. Kurios: Auch das Basismodell hieß später “Elefantino”, aber ohne “Rosso”.
Preis dafür im Jahr 1999: Knapp 19.000 DM mit 55 PS, 22.000 Mark das Topmodell mit 85 PS. Im direkten Vergleich begann der 55 PS starke Fiat Punto bei 18.100 Mark. Und was schrieben einst die Tester? Der ADAC begrüßte das Platzangebot vorne, bemängelte die eng zusammenstehenden Pedale, die schlecht ablesbaren Instrumente und den nur 220 Liter großen Kofferraum. Der große Motor ginge “ab wie Schmidts Katze”, sei aber untenrum schlapp. Hinzu kämen schwache Bremsen und eine gefühllose Lenkung. Dennoch würden die Damen dem Knirps “gleich reihenweise verfallen”.
Inzwischen ist der Lancia Y selten geworden, obwohl in acht Jahren gut 800.000 Exemplare gebaut wurden. Aber in Deutschland ist der Y deutlich schwerer zu finden als in Italien. Ein Fahrzeug entdeckte ich kürzlich für nur 300 Euro, Beule im rechten Kotflügel inklusive. Leider auch ohne Alcantara und nur noch wenig TÜV. Aber wenn nicht jetzt aufheben, wann dann?