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Lamborghini Aventador

Lamborghini Aventador Ultimae Roadster (2023): Test, Abschied, Preis, Stückzahl

Der Lamborghini Aventador ist Geschichte. Redakteur Jan Götze nimmt Abschied – auf einer letzten Tour mit dem 780 PS starken Ultimae Roadster!


Der Lamborghini Aventador ist Geschichte! Nach zwölf Jahren Bauzeit und knapp 11.500 Autos war Ende 2022 Schluss. Viel eher müsste es aber heißen: Der Lamborghini Aventador hat Geschichte geschrieben! Kaum ein anderes Auto der Neuzeit kommt dem Grundgedanken des Supersportwagens näher als der Aventador – er ist auffällig, aggressiv, laut und emotional. Kurzum: Er ist alles, wofür Lamborghini steht!
Heute heißt es Abschied nehmen. Abschied vom Lamborghini Aventador, einem unvergleichlichen Supersportwagen – und einem Auto, das mir an verschiedenen Stationen in meinem Leben begegnet ist. Das hier wird kein normaler Fahrbericht, sondern eine rein subjektive Liebeserklärung an ein Auto, das mir ganz besonders am Herzen liegt! lamborghini aventador ultimae roadster (2023): test, abschied, preis, stückzahl

War es wirklich die letzte Fahrt im Lamborghini Aventador für mich? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.

Bild: Automobili Lamborghini S.p.A.
2011 präsentierte Lamborghini auf dem Autosalon Genf den Nachfolger des Murciélago. Der Name: Aventador. Das Design: völlig neu. Verglichen mit dem Vorgänger ist der von Filippo Perini gezeichnete Aventador (interner Codename LB834) noch aggressiver, noch bulliger und noch kantiger. Mit Ausnahme der Radhäuser gibt es praktisch keine Rundung am Aventador; seine Formensprache orientiert sich am ehesten am Lamborghini Reventón, der auf nur 35 Exemplare limitiert ist (20 Coupés, 15 Roadster). lamborghini aventador ultimae roadster (2023): test, abschied, preis, stückzahl

Das Markenzeichen der V12-Topmodelle: Scherentüren! Die hatten schon Countach, Diablo und Murciélago.

Bild: Automobili Lamborghini S.p.A.
Meine erste persönliche Begegnung mit einem Lamborghini Aventador datiert ebenfalls aus dem Jahr 2011. Damals habe ich meine Semesterferien in London verbracht und den ganzen Tag Autos fotografiert. Carspotting nennt sich dieses für viele Leute ungewöhnliche Hobby. Mir hat es unglaublichen Spaß gemacht, die seltensten und teuersten Autos auf den Straßen von London zu suchen und zu fotografieren. Positiver Nebeneffekt: In den meisten Fällen sieht man die Autos auch in Bewegung und kann den Sound genießen. Der erste Kaltstart eines Lamborghini Aventador LP700-4 in der Präsentationsfarbe “Arancio Argos” hat sich in meine Gehörgänge eingebrannt. Was vor allem am prägnanten Anlassersound lag, der den V12 zum Leben erweckt.

6,5-Liter-V12-Sauger mit 700 PS

Der 6,5-Liter-Saugmotor des Aventador (interne Bezeichnung L539) war eine komplette Neuentwicklung. Er leistete zu Beginn 700 PS und 690 Nm maximales Drehmoment, sollte im Laufe der Jahre aber immer stärker werden. Trotz der schieren Größe wiegt der Motor lediglich 235 Kilogramm. Das Kürzel LP700-4 bedeutet Folgendes: LP steht für “Longitudinale Posteriore”, der Motor ist in Längsrichtung hinten verbaut, 700 steht für die Leistung in PS und 4 für Allradantrieb. Die Beschleunigungszeit von 2,9 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h und ein Topspeed von über 350 km/h sind heute noch genauso beeindruckend wie vor zwölf Jahren. lamborghini aventador ultimae roadster (2023): test, abschied, preis, stückzahl

Schon der Startvorgang des Aventador ist ein Spektakel für sich: rote Klappe öffnen, Knopf drücken, Zündung!

Bild: Lamborghini S.p.A.
In den folgenden Jahren konnte ich viele Aventador aus der Nähe bewundern, was daran lag, dass sich das V12-Flaggschiff trotz eines Basispreises von über 300.000 Euro extrem gut verkaufte. Der Aventador war so beliebt, dass er sogar die internen Prognosen übertraf. Ursprünglich sollten nur 4000 Stück gebaut werden, doch schon 2016 verließ der fünftausendste Lamborghini Aventador die Werkshallen in Sant’Agata Bolognese. Was damals noch niemand wusste: Es sollten mehr als doppelt so viele Exemplare folgen.

Alle Versionen auf einen Blick

Vom Aventador gibt es so viele Versionen, Sondermodelle, Kleinserien und Einzelstücke, dass selbst eingefleischte Lamborghini-Fans irgendwann den Überblick verlieren konnten. Ich probiere es an dieser Stelle trotzdem einmal, ohne Gewähr auf Vollständigkeit: ● Lamborghini Aventador LP700-4 Coupé (2011)
● Lamborghini Aventador LP700-4 Roadster (2012)
● Lamborghini Aventador J (2012)
● Lamborghini Aventador LP 720-4 50º Anniversario Coupé (2013)
● Lamborghini Aventador LP 720-4 50º Anniversario Roadster (2013)
● Lamborghini Veneno (2013)
● Lamborghini Aventador LP700-4 Pirelli Edition Coupé (2014)
● Lamborghini Aventador LP700-4 Pirelli Edition Roadster (2014)
● Lamborghini Aventador SV LP750-4 Coupé (2015)
● Lamborghini Aventador SV LP750-4 Roadster (2015)
● Lamborghini Veneno Roadster (2015)
● Lamborghini Aventador Miura Homage (2016)
● Lamborghini Centenario (2016)
● Lamborghini Centenario Roadster (2016)
● Lamborghini Aventador S LP740-4 Coupé (2016)
● Lamborghini Aventador S LP740-4 Roadster (2017)
● Lamborghini Aventador SVJ LP770-4 Coupé (2018)
● Lamborghini Aventador SVJ 63 LP770-4 Coupé (2018)
● Lamborghini SC18 Alston (2018)
● Lamborghini Aventador SVJ LP770-4 Roadster (2019)
● Lamborghini Aventador SVJ 63 LP770-4 Roadster (2019)
● Lamborghini Sián FKP 37 (2019)
● Lamborghini Aventador SVJ 63 LP770-4 Roadster Xago Edition (2020)
● Lamborghini Sián Roadster (2020)
● Lamborghini Essenza SCV12 (2020)
● Lamborghini SC20 (2020)
● Lamborghini Aventador Ultimae LP780-4 Coupé (2021)
● Lamborghini Aventador Ultimae LP780-4 Roadster (2021)
● Lamborghini Countach LPI 800-4 (2021)
● Lamborghini Invencible (2023)
● Lamborghini Auténtica (2023) Das erste Mal, dass ich selber hinter das Steuer eines Lamborghini durfte, war im Jahr 2017. Ein Tag, den ich seit meiner Führerschein-Prüfung 2009 herbeigesehnt hatte. Der erste Lamborghini, den ich selber fahren durfte, war ein Aventador SV Coupé in der Farbe “New Giallo Orion Pearl Effect” mit schwarzen Felgen und schwarzen Bremssätteln. Damals habe ich es ruhig angehen lassen und dennoch jede Sekunde genossen. Das erste Mal die Scherentür zuziehen, das erste Mal die rote Klappe öffnen und den Startknopf drücken. Da war es wieder, dieses unvergleichliche Geräusch des Anlassers. Ich habe jeden einzelnen Eindruck aufgesogen und erinnere mich noch heute daran, als wäre die Fahrt nur ein paar Wochen her.

Haustür-Lieferung eines Aventador SVJ

Zu diesem Zeitpunkt war der Aventador SV das mit Abstand schnellste, seltenste und natürlich auch teuerste Auto, das ich mit meinen 26 Jahren je gefahren war, und ich war im Autohimmel. Was ich damals noch nicht wusste: Nur vier Jahre später sollte mir ein Lamborghini Aventador SVJ vor die Haustür geliefert werden. Auch wenn es so klingt: Ich bin nicht über Nacht zum Krypto-Millionär geworden und habe auch nicht im Lotto gewonnen. Stattdessen wurde meinem Kollegen Peter und mir der Testwagen in der extra auffälligen Farbe “Verde Alceo” für den AUTO BILD-Podcast “Erst fahren, dann reden” gestellt. Einen Aventador SVJ geliefert zu bekommen, kommt einem Lottogewinn aber schon ziemlich nah. Es folgten fünf Tage mit wenig Schlaf und vielen unvergesslichen Momenten. Wo immer wir mit dem Aventador auftauchten, sorgten wir, oder vielmehr der Lambo, für Aufsehen. lamborghini aventador ultimae roadster (2023): test, abschied, preis, stückzahl

Der Ultimae ist das letzte Hurra des Aventador. 350 Coupé und 250 Roadster wurden gebaut.

Bild: Automobili Lamborghini S.p.A.
Spulen wir noch mal zwei Jahre vor: Ich bin in Italien, in Sant’Agata Bolognese, der Heimat von Lamborghini. Der heutige Tag steht ganz im Zeichen des V12 und fühlt sich in der Rückschau noch surrealer an. Nach dem 400 GT 2+2 und dem legendären Miura SV steige ich um in den auf 250 Exemplare limitierten Aventador Ultimae Roadster. Noch ein letztes Mal Aventador fahren.

Der Anlasser-Sound macht sentimental

Ich ziehe die Tür zu, atme durch. Als ich die rote Abdeckung öffne, den Startknopf drücke und den Anlasser höre, werde ich sentimental. Diesen Anlassersound erkenne ich unter Tausenden, ich werde ich vermissen. In diesem Moment schwöre ich mir, diese Fahrt einfach nur zu genießen. Ich schalte Start-/Stopp aus (hat in einem V12-Lambo sowieso nichts zu suchen), wechsle in “Corsa” und ziehe an der rechten Schaltwippe, um den ersten Gang einzulegen. Es ist fast schon wie eine Choreographie. Im Konvoi mit einem Urus geht es über italienische Landstraßen.

Launch Control im Aventador

Während der 6,5-Liter-V12 auf Temperatur kommt, habe ich Zeit, mich den Eigenheiten des Aventador zu widmen. Ja, man sitzt nicht sonderlich gut. Menschen, die über 1,85 Meter groß sind, können eigentlich kaum im Aventador sitzen. Ja, der Automatikmodus des sequenziellen ISR-Getriebes ist absolut nicht zu gebrauchen; und ja, das Infotainment stammt auch im Ultimae immer noch aus einem 2010er Audi A6. Aber urplötzlich wird all das zur Nebensache. Nämlich genau in dem Moment, wo man mit einem Aventador im Corsa-Modus das erste Mal durchbeschleunigt. Der Vortrieb, die Art, wie das Auto nach vorne zu springen scheint, der unglaubliche Sound des V12-Saugers – einfach unvergleichlich. lamborghini aventador ultimae roadster (2023): test, abschied, preis, stückzahl

Der Lamborghini Aventador ist das Wallpaper-Auto einer ganzen Generation. Der Nachfolger steht in den Startlöchern.

Bild: Automobili Lamborghini S.p.A.
Getoppt wird dieses Erlebnis nur noch von der Launch Control, bei Lamborghini “Thrust Mode” genannt. Dazu “Corsa”-Modus wählen, das ESC in der Mittelkonsole ausschalten, linken Fuß auf die Bremse und den rechten aufs Gaspedal. Die Drehzahl pendelt sich irgendwo zwischen 5500 und 6000 U/min ein, die Soundkulisse ist infernalisch. Wer das Spektakel im Dunkeln abzieht, sieht, dass der Aventador blaue Flammen spuckt (im Serienzustand!). Was dann folgt, ist mit Worten kaum zu beschreiben. Für einen ganz kurzen Moment drehen alle vier Räder durch, dann macht der Aventador einen Satz nach vorne. Unterbrochen wird der Vortrieb nur von den Schaltvorgängen. Das Single-Clutch-Getriebe wechselt die Fahrstufen in 50 Millisekunden. Klingt schnell, ist es auch. Worauf einen jedoch kein Text der Welt vorbereitet, ist die schiere Brutalität der Gangwechsel. Hinterm Steuer fühlt es sich so an, als würde einem ein Karate-Profi einen Nackenschlag verpassen. Nach nur 2,8 Sekunden und einem Gangwechsel ist das Spektakel im 1550 Kilo schweren Aventador Ultimae schon wieder vorbei, dann liegen 100 km/h an. Wer weiter beschleunigt, erreicht nach insgesamt 8,7 Sekunden 200 km/h.

Kaum ein anderes Auto ist so emotional

Natürlich gibt es mittlerweile einige Autos, die NOCH schneller sind. Aber für mich existieren nur ganz, ganz wenige, die sich schneller anfühlen. Die Launch Control im Lamborghini Aventador gehört für mich zu den emotionalsten Dingen, die ich je in einem Auto erlebt habe.

Ein letztes Mal 8500 U/min

Nach einer ausgiebigen Runde im Aventador Ultimae ist es dann wirklich an der Zeit, Abschied zu nehmen. Ich parke den Aventador zwischen seinen Ahnen und halte einen Moment inne. War es wirklich meine allerletzte Fahrt im Aventador? Vermutlich schon. Vielleicht aber auch nicht. Was ich aber definitiv sagen kann: Der Aventador hat einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen. Genau in diesem Augenblick kommt Lamborghini-Mann Enrico zu mir und sagt: “Noch einen letzten Soundcheck!” Das lasse ich mir nicht zweimal sagen und lasse den V12 noch ein letztes Mal schreien, ein letztes Mal V12-Sauger ohne Elektro-Unterstützung, ein letztes Mal 8500 U/min! Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Lamborghini. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit

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