- Krise auf Neuwagenmarkt
- Autoindustrie „im Sturzflug“
- E-Autos kaum gefragt
- Rolle rückwärts bei der Förderung?
- Verkäufe für zwei Werke fehlen
Auf der Betriebsversammlung in Wolfsburg begrüßen Mitarbeiter den Vorstand mit scharfem Protest gegen die jüngsten Sparpläne.
Europas größter Autobauer hatte angekündigt, angesichts der sich zuspitzenden Lage den eingeschlagenen Sparkurs bei der Kernmarke VW noch einmal zu verschärfen. Auch Werkschließungen in Deutschland und betriebsbedingte Kündigungen werden nicht länger ausgeschlossen. Die mit dem Betriebsrat vereinbarte Beschäftigungssicherung, die betriebsbedingte Kündigungen bis 2029 ausschließt, soll aufgekündigt werden. Erstmals seit 30 Jahren könnte es bei VW dann Entlassungen geben.
Krise auf Neuwagenmarkt
Volkswagen könnte nur die sprichwörtliche Spitze des Eisberges sein, befürchten Experten. Die gesamte deutsche Autoindustrie kämpft mit schwachen Absatzzahlen insbesondere bei E-Autos und blickt nach Darstellung des Ifo-Instituts voller Sorge in die Zukunft. Aktuell läuft es nicht am deutschen Automarkt. Der Absatz von neuen Autos ist im August im Vergleich zum Vorjahresmonat eingebrochen. Das liegt vor allem an der zuletzt schwachen Nachfrage nach reinen Elektroautos, wie aus Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) hervorgeht. Aber auch bei fast allen weiteren Antriebsarten gingen die Zahlen teils deutlich zurück.
Autoindustrie „im Sturzflug“
Laut Ifo-Institut ist auch der Ausblick düster. Ausgesprochen pessimistische Erwartungen haben das von dem Münchner Institut erhobene Geschäftsklima in der Branche im August um 6,2 Punkte auf minus 24,7 Punkte absacken lassen. Es war nach einer vorübergehenden leichten Erholung der vierte Rückgang in Folge. „Die Stimmung in der Autoindustrie ist im Sturzflug“, sagt Ifo-Expertin Anita Wölfl.
Besonders negativ entwickelten sich die Erwartungen an die kommenden sechs Monate. „Die Unternehmen der deutschen Autoindustrie leiden unter einem Mangel an neuen Aufträgen – insbesondere aus dem Ausland“, sagte Wölfl. „Dies schlägt sich mittlerweile auch in der Personalplanung nieder“.
E-Autos kaum gefragt
Angesichts der wenigen Elektroauto-Neuzulassungen wies EY darauf hin, dass im August 2023 ungewöhnlich viele solcher Fahrzeuge zugelassen wurden. Damals hätten Last-Minute-Käufe gewerblicher Kunden noch die Elektro-Neuzulassungen in die Höhe getrieben – vor dem Auslaufen der staatlichen Förderung für Unternehmen zum 1. September 2023.
Rolle rückwärts bei der Förderung?
Die Bundesregierung plant nun wieder eine staatliche Unterstützung, um den Absatz von Elektroautos neu anzukurbeln. Konkret geht es um stärkere steuerliche Anreize für E-Autos als Dienstwagen. Die Nachfrage nach E-Autos war nach dem Stopp der staatlichen Förderung eingebrochen. Die Bundesregierung hatte den sogenannten Umweltbonus im Dezember abrupt beendet. Grund waren Sparzwänge im Haushalt.
Im Juli verständigte sich die Ampel-Koalition im Zuge der Haushaltsverhandlungen auf eine „Wachstumsinitiative“. Eine der Maßnahmen ist die steuerliche Förderung von E-Autos als Dienstwagen. Demnach soll für Unternehmen rückwirkend zum 1. Juli 2024 eine Sonder-Abschreibung für neu zugelassene vollelektrische und vergleichbare Nullemissionsfahrzeuge eingeführt werden. Außerdem soll bei der Dienstwagenbesteuerung für E-Fahrzeuge der sogenannte Deckel für den Brutto-Listenpreis von 70.000 Euro auf 95.000 Euro angehoben werden.
Verkäufe für zwei Werke fehlen
Das allein dürfte aber nicht reichen, um alle Werke auszulasten. Finanzvorstand Arno Antlitz verwies auf der Betriebsversammlung auf generelle Überkapazitäten, nicht nur bei den E-Autos. In Europa würden derzeit zwei Millionen Autos weniger pro Jahr verkauft als vor der Corona-Pandemie. Und das werde sich auch kaum ändern. Für VW mit einem Marktanteil von rund einem Viertel in Europa bedeute das: „Es fehlen uns die Verkäufe von rund 500.000 Autos, die Verkäufe für rund zwei Werke. Und das hat nichts mit unseren Produkten zu tun oder schlechter Leistung des Vertriebs. Der Markt ist schlicht nicht mehr da.“
(dpa)