Mit entscheidend für den zuverlässigen Betrieb von Lithium-Ionen-Akkus und anderer Flüssigelektrolyt-Batterien ist die Feststoff-Elektrolyt-Grenzphase (solid electrolyte interphase – SEI). Doch wie diese Passivierungsschicht genau entsteht, war bisher nicht bekannt – Forschende aus Karlsruhe wollen dieses Rätsel nun gelöst haben.
Wie Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) nun anhand von Simulationen festgestellt haben, entsteht diese Feststoff-Elektrolyt-Grenzphase nicht direkt an der Elektrode, sondern wächst aus dem Lösungsmittel. Das Team des Instituts für Nanotechnologie (INT) hat die Bildung der SEI mit einem multiskaligen Ansatz charakterisiert.
Das Ergebnis von mehr als 50.000 Simulationen: Zunächst schließen sich SEI-Vorläufer, die direkt an der Oberfläche gebildet werden, weit entfernt von der Elektrodenoberfläche über Keimbildung zusammen. Anschließend wachsen die Keime so schnell, dass sich eine poröse Schicht bildet, welche schließlich die Elektrodenoberfläche bedeckt. Diese Erkenntnis erkläre laut der Mitteilung „die paradox anmutende Situation, dass die SEI sich nur in der Nähe der Oberfläche bilden kann, wo Elektronen verfügbar sind, aber ohne den beobachteten Mechanismus sofort aufhören würde zu wachsen, wenn dieser kleine Bereich nahe der Elektrode aufgefüllt ist“.
Die SEI an der Anodenoberfläche bestimmt die elektrochemische Leistungsfähigkeit und die Lebensdauer einer Lithium-Ionen-Batterie wesentlich mit, weil sie in jedem Lade- und Entladezyklus stark beansprucht wird. Bricht die SEI dabei auf, wird der Elektrolyt weiter zersetzt und die Kapazität der Batterie nimmt stetig ab – ein Prozess, der die Lebensdauer der Batterie bestimmt. Mit dem entsprechenden Wissen über Wachstum und Zusammensetzung der SEI lassen sich Batterieeigenschaften gezielt anpassen, wie die Karlsruher nun erklären.
„Damit haben wir eines der großen Rätsel der wichtigsten Schnittstelle in Flüssigelektrolyt-Batterien gelöst – auch in Lithium-Ionen-Batterien, wie wir alle sie täglich nutzen“, sagt Professor Wolfgang Wenzel, Leiter der Forschungsgruppe „Multiscale Materials Modelling and Virtual Design“ am INT.
Über ihre Erkenntnisse berichten die Karlsruher Forschenden in der Zeitschrift Advanced Energy Materials.
kit.edu, wiley.com (Original-Publikation)