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JAP V8 von Pavel Malanik: Eigenbau mit V8-Motor und 4.400 Kubik

Pavel Malanik, der tschechische Spezialist für klassische Motorräder, baut mittlerweile aufwändige Eigenkreationen. Sein bisher größtes und spektakulärstes Projekt ist die JAP V8.

jap v8 von pavel malanik: eigenbau mit v8-motor und 4.400 kubik

JAP V8 von Pavel Malanik

Die Motorräder von Pavel Malanik, ob klassische Originale oder Eigenbauten, hatten bisher meist einen äußerst klassischen Riemenantrieb zum Hinterrad. So, wie das ganz früher, vor ungefähr 100 Jahren, üblich war. Pavels neuestes und mit Abstand größtes Motorrad ist dafür zu stark. Selbst eine Kette zum Hinterrad wäre hier zu wenig. Deshalb hat die JAP V8 deren zwei, und selbst die leiert der ursprüngliche Flugzeugmotor in kürzester Zeit aus.

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JAP V8 von Pavel Malanik

Eine JAP V8 gab es noch nie, nicht einmal annähernd. Dennoch sieht sie auf den ersten Blick aus wie ein Original aus den 1900er- oder 1910er-Jahren. Abgesehen von den Proportionen und – vor allem – vom Motor. Denn hierbei handelt es sich um einen V8 mit insgesamt 4,4 Liter Hubraum. Bereits um 1.300/min wird die Spitzenleistung erreicht: circa 50 PS. Um 1.000/min liegt das maximale Drehmoment an: circa 250 Nm. Als Leerlaufdrehzahl genügen dem V8 sogar nur 200 Umdrehungen pro Minute.

Der V8 von J.A.P.

J.A.P. war die Abkürzung für John Alfred Prestwich, der das Unternehmen einst in England gründete. Anfang des 20. Jahrhunderts fertigte J.A.P. komplette Motorräder, doch nach wenigen Jahren konzentrierte diese Firma sich auf die Entwicklung und die Produktion der Motoren. In den 1920er- und 1930er-Jahren war J.A.P. einer der größten Motorenhersteller in Europa. Auch viele Motorradhersteller bauten Motoren von J.A.P. ein. Doch J.A.P. hatte weitaus größere Triebwerke im Produktsortiment. Etwa einen V8 als Flugzeugmotor, Anfang des letzten Jahrhunderts.

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Flugzeugmotor aus dem Jahr 1908

Genau dieser V8 aus dem Jahr 1908 faszinierte Pavel Malanik. Ein Exemplar zum Restaurieren war jedoch nicht aufzutreiben, da weltweit nur noch zwei oder drei existieren. Eines davon ist im London Science Museum ausgestellt – als nicht mehr funktionstüchtiges Schnittmodell. So hatte Pavel immerhin bessere Einblicke vor Ort in London. Er durfte den J.A.P. V8 dort sogar fotografieren und vermessen. Dabei sah er beispielsweise Details wie die Wälzlager der Pleuel oder die vierteilige Ölwanne. Das war 2017, als er mit dem Nachbau des über 100 Jahre alten Flugzeugmotors begann.

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Curtiss V8 aus dem Jahr 1906

Pavel Malanik hätte es sich vergleichsweise leichter machen können, indem er “einfach” eine Curtiss V8 nachgebaut hätte. Ja, die gab es tatsächlich. Ebenfalls zu jener Zeit, vor über 100 Jahren. 1906 überraschte der amerikanische Rennfahrer Glenn Curtiss mit diesem ersten V8-Motorrad der Welt und stellte damit, wie beabsichtigt, Geschwindigkeitsrekorde auf. 1907 wurden fast 220 km/h dokumentiert. Doch Pavel Malanik gefällt die Curtiss V8 nicht. Weder der Motor noch die Gesamterscheinung, er findet die Curtiss V8 geradezu hässlich. Also trieb er lieber noch größeren Aufwand, um sich seine eigene JAP V8 aufzubauen.

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Drehbank und Fräsmaschine für den V8

Mit den eingesammelten Fotos, Maßen und den wenigen auffindbaren Dokumenten begann Pavel Malanik in seiner Werkstatt, den V8 von J.A.P. nachzubauen. Immerhin nennt er eine Drehbank und eine Fräsmaschine sein Eigen. Und er hat einen Freund mit einer fünfachsigen CNC-Maschine, die er für die besonders anspruchsvollen Parts benutzen durfte. Wochen, Monate, Jahre vergingen. Nur die Wälzlager und die 8 seitlichen Zündkerzen wurden zugekauft, alle anderen Teile selbstgemacht. Nun ist Pavels V8 fertig – und er läuft. Alleine das Schwungrad wiegt 10 Kilogramm. Zur Erinnerung: Ursprünglich war diese Konstruktion dafür ausgelegt worden, einen 2,50 Meter langen Flugzeugpropeller anzutreiben. Um für Motorradzwecke wenigstens ein bisschen kompakter zu werden, wurde die Zündung von der raumgreifenden Magnetzündung auf Verteiler umgestellt, als Hochvolt-Batteriezündung, kombiniert mit Lithium-Ionen-Akkuzellen.

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Ventiltrieb und Nockenwelle laufen offen

Offensichtliches Highlight dieses V8 ist der offene OHV-Ventiltrieb, also ohne Deckel, dessen Kipphebeln und Federn man bei der Arbeit zusehen kann. Jeweils 2 Ventile pro Zylinder ergeben in Summe 16V. Sogar die Nockenwelle zwischen den beiden Vierzylinderbänken dreht sich im Freien. Lediglich die mehrteilige, sektionierte Kurbelwelle rotiert hier im Verborgenen. Mit jeweils 86 Millimeter Bohrung und 95 Millimeter Hub, also rund 550 langhubigen Kubik pro Zylinder, ergeben sich 4,4 Liter (4.414 Kubik) Hubraum. Von der Kurbelwelle aus, über das Schwungrad, wird der archaische Kraftfluss über ein Winkelgetriebe um 90 Grad umgeleitet – auf 2 Ritzel und 2 Ketten. An der Hinterradnabe sind 2 Gänge mitsamt Kupplungen und Bandbremsen integriert, jeweils eine Kombination pro Seite und Endantriebskette. Dazu gibt es 2 Fußbremshebel, links und rechts an jeder Fußraste jeweils einen. Das muss genügen, denn das Vorderrad ist ungebremst.

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Eigenbau-Fahrwerk im Stil der 1910er-Jahre

Der von Pavel Malanik selbst gezeichnete und angefertigte, mit Messing verlötete Stahlrohrrahmen ist hinten ungefedert. Lediglich direkt unter dem Solo-Sattel sind Federn vorhanden. Als Vorderradaufhängung hat er eine zeitgenössische Gabel als geschobene Kurzschwinge angeordnet, mit gekapselter Zentralfeder und immerhin 20 Millimeter Federweg. Gedämpft wird vom imposant exponierten Reibungsdämpfer. Bei den Rädern handelt es sich um besonders große, aber schmal bereifte Sonderanfertigungen im Format 26 Zoll, mit Stahlfelgen und jeweils 40 Drahtspeichen pro Rad. Die heute kaum noch aufzutreibende Reifengröße: 3.00 x 26. Für 1.720 Millimeter Radstand und 2,40 Meter Gesamtlänge sowie für die 260 Kilogramm Gesamtgewicht müssen die Reifen bis 5 bar aufgepumpt werden.

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Manuelle Schmierung mit 2 Handpumpen

Im hinteren Teil des langen, schmalen Tanks ist Platz für 6 Liter niederoktanigen Spezialsprit, passend zur geringen Verdichtung des V8 im Verhältnis 3:1. Bei circa 8 Liter Verbrauch pro 100 Kilometer reicht eine Tankfüllung rechnerisch nur für rund 80 Kilometer. Der vordere Teil des Tanks wird mit 2 Litern Öl befüllt, die mit 2 Handpumpen zum Motor und zum Winkelgetriebe gespritzt werden. Schon vor jeder Fahrt müssen 90 Stellen am Ventiltrieb des V8 per Handpumpe geschmiert werden. Gestartet wird extern mit einem kleinen Startermotörchen, dabei muss das Benzin-Luft-Gemisch über mehrere Hebel am zentralen Vergaser penibel einjustiert werden. Gütigerweise reicht es aus, wenn wenigstens ein Zylinder startet, um die sieben übrigen ans Laufen zu bekommen.

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JAP V8 als Best of Show in Prag

200 Umdrehungen pro Minute genügen dem V8 für stabilen Rundlauf, wobei man die offenliegende Mechanik umso besser beobachten kann. Und hören kann man den V8, quasi ohne Filter, denn die rechtwinkligen Auslassrohre mit unten abgeschrägten Mündungen sind nahezu ungedämpft. Ausgehend von circa 250 Nm um 1.000/min werden bei 1.300/min rund 50 PS erreicht und bis zu 130 km/h im zweiten der zwei Gänge. Geschwindigkeitsrekorde kann man damit heute nicht mehr aufstellen. Dafür gewann Pavel Malanik mit seiner JAP V8 bereits erste Preise. Unter anderem “Best of Show” bei der Bohemian Custom Motorcycles Show in Prag, Anfang März 2023.

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