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Jaguar I-TYPE 6: Rückt „Race to Road“-Ansatz verstärkt in den Fokus

Jaguar TCS Racing enthüllt Ende November den neuen voll elektrischen I-TYPE 6. Mit dem Elektro-Rennwagen in der mittlerweile 3. Generation will das Team die ABB FIA Formel-E-Weltmeisterschaft 2023 für sich entscheiden. Auf dem Weg dorthin warten allerdings noch einige Herausforderungen auf Jaguar. Aber auch spannende Erkenntnisse, welche sich von der Rennstrecke auf die Straße übertragen lassen.

Oder wie Jaguar es bezeichnet, der „Race to Road“-Transfer. Welcher allerdings auch in die andere Richtung funktioniert. Quasi „Road to Race“-Transfer. Lernen voneinander, um sowohl in der Formel E, als auch auf der Straße mit Elektroautos zu überzeugen.

jaguar i-type 6: rückt „race to road“-ansatz verstärkt in den fokus

Jaguar Land Rover / Jaguar TCS Racing

Im Rahmen der Vorstellung des nochmals leichteren und leistungsstärkeren Jaguar I-TYPE 6 war es mir möglich diese Transfer-Leistung genauer zu betrachten. Die Ausgangsbasis hierfür könnte wahrlich schlechter sein. So setzt der Elektro-Rennwagen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 320 km/h neue Performance-Maßstäbe für elektrische Formelfahrzeuge. Dabei ist es in diesem Fall nicht die Höchstgeschwindigkeit, welche Jaguar auf kommende E-Modelle übertragen möchte. Sondern der Ansatz Leistung effizient zu nutzen. In der Formel E ausgedrückt in der entsprechenden Höchstgeschwindigkeit, im Straßenverkehr durch die Reichweite.

Auch in puncto Rekuperation wird sich Jaguar für die eigenen E-Modelle eine Scheibe vom neuen Formel E-Rennwagen abschneiden können. Als einziges Team der Rennserie hat man sich dazu entschieden auf die hydraulischen Hinterradbremsen zu verzichten. Die leistungsstarke Bremsenergierückgewinnung, auf die ich noch eingehen werde, reiche aus. 600 kW (250 kW vorn, 350 kW hinten) Rekuperationsleistung sind durchaus eine Ansage.

Aber auch beim Laden werden Maßstäbe gesetzt. Bis zu 600 kW Schnellladeleistung sei gegeben. Wobei wir solche Ladegeschwindigkeiten nicht ganz so schnell im Pkw-Bereich zu Gesicht bekommen werden. Aber für die Formel E wird es durchaus ein spannendes Element in der ab der 9. Saison eingeführten Ladestopps sein.

“Race to Road”-Transfer: Was Jaguar aus der Formel E lernen kann

Bereits recht früh ließ Jaguar verlauten, dass die Formel E genau zur richtigen Zeit ihren Start erlebt hat. James Barclay, Chef des Teams gab bereits vor gut vier Jahren zu verstehen, dass das 2014 ins Leben gerufene Motorsport-Event eine „wertvolle Startrampe“ für die Promotion von modernen Batterie-Elektroautos. Darüber hinaus könne man aber auch wichtige Erkenntnisse von der Rennstrecke auf die Straße bringen und vice versa.

Anhand der mittlerweile eingestellten Jaguar I-PACE eTROPHY war der Wissenstransfer von außen betrachtet noch ein wenig greifbarer. Da die Nähe zu den Straßen-Stromer offensichtlicher war. Dort ging es vor allem darum die gewonnenen Daten in die Optimierung der Software einfließen zu lassen, wie Barclay in seinem Exklusiv-Interview mit Elektroauto-News.net zu verstehen gab. Aber auch die gewonnenen Daten aus der Formel E, sowie die technischen Fortschritte könne man entsprechend transferieren. Mit Anpassungen wohlgemerkt.

Neues Design lässt die Veränderung greifbar erscheinen

Aus meiner Sicht wäre es schon ein Gewinn, wenn man das doch sehr ansprechende Design der Formel E-Rennwagen in irgendeiner Art und Weise auf die Straße bringt. Schaut sehr gefällig, modern und minimalistisch aus. Eine Kombination die zumindest mich zu überzeugen weiß. Das Team von Jaguar TCS Racing geht mit einer neuen und unverwechselbaren Livery Design in die Saison 2023. Rein optisch wird auf eine Kombination aus Karbonschwarz, Satinweiß und subtilen goldenen Akzenten gesetzt. Der besondere Clou ist aber sicherlich die Schaffung eines spiegelbildlichen Farbschemas, welches zu zwei individuellen Designs für die Fahrer Mitch Evans und Sam Bird führt.

jaguar i-type 6: rückt „race to road“-ansatz verstärkt in den fokus

Jaguar Land Rover / Jaguar TCS Racing

Ob das Design allerdings als Verkaufsargument für den Jaguar I-PACE greift sei dahingestellt. Nur wegen der spiegelbildlichen Farbschemas wird man sich keine zwei Stromer der Marke in die Garage stellen. Hier sind dann sicherlich eher technische Entwicklungen ausschlaggebend, welcher aber durchaus auch aus der Formel E transferiert werden.

Formel E für Jaguar Land Rover weiterhin ein Lernfeld der E-Mobilität

Im Rahmen der Vorstellung der nächsten Generation der Formel E Rennwagen wurde deutlich kommuniziert, dass diese weiterhin ein Prüfstand für die Praxis sein. „Während das Team neue Spitzentechnologien entwickelt und verfeinert, um in der Weltmeisterschaft erfolgreich zu sein, wird es in den Bereichen elektrischer Antriebsstrang, Nachhaltigkeit und Softwaretechnologien wertvolle Transfers für die Serienentwicklung liefern“, so Jaguar in seiner dazugehörigen Pressemitteilung.

Die Tatsache, dass das Chassis aus Kohlefaser und die Batterie gemeinsame Komponenten und für alle elf Teams gleich sind erlaubt es Jaguar den Fokus bei der Optimierung der Formel E-Rennwagen zu setzen. Man konzentriere sich daher auf die Entwicklung effizienter und leichter Elektrofahrzeug-Antriebsstränge, welche durch den Wissenstransfer ebenfalls die Leistung und Reichweite künftiger Elektrofahrzeuge von Jaguar Land Rover verbessern werde.

jaguar i-type 6: rückt „race to road“-ansatz verstärkt in den fokus

Jaguar Land Rover / Jaguar TCS Racing

So konnte man bisweilen positive Erkenntnisse für das Batteriemanagement, Thermomanagement und die optimale Einstellung relevanter Einstellungsparameter aus den Rennserien für die eigenen E-Fahrzeuge ziehen. Wird dies künftig noch entsprechend vertiefen. Dabei gab das Team von Jaguar TCS Racing zu verstehen, dass Jaguar nicht zu sehr auf Performance-Gewinn aus dem Know-How-Transfer setzt, sondern viel mehr auf einen Effizienz-Gewinn für die eigenen Modelle

Sprich, es muss nicht gezwungenermaßen sein, dass die Leistung von nunmehr 350 kW (475 PS) Leistung mit einer Höchstgeschwindigkeit von maximal 320 km/h auf die Straße gebracht wird. Vielmehr wolle man diese Ansätze nutzen, um beispielsweise den Energieverbrauch effizienter zu gestalten, um den eigenen Elektromodellen mehr Reichweite mit auf die Straße zu geben.

jaguar i-type 6: rückt „race to road“-ansatz verstärkt in den fokus

Jaguar Land Rover / Jaguar TCS Racing

Durch den Fokus auf den Antriebsstrang und die Software zur Steuerung des Formel E-Rennwagens führt dazu, dass dieses Tiefenwissen und die gewonnenen Daten aus Simulationsfahrten sowie Rennen ausgewertet und in Serienfahrzeuge überführt werden können. Greifbar wird dies beispielsweise beim Laden der Fahrzeuge. Werden die Formel E-Fahrzeuge ab der 9. Saison mit bis zu 600 kW geladen, gilt es hier auf das richtige Thermomanagement, Ladetemperaturen, usw… zu achten. Dieses Wissen wird man dann – in kleinerem Maßstab – in die Serien-Stromer von Jaguar einfließen lassen.

Dabei spielt es keine Rolle, dass die Stromer auf der Rennstrecke und Straße mit unterschiedlicher Software betrieben werden. Wichtiger ist hier der Ansatz das erlangte Wissen zu abstrahieren und auf den jeweiligen Einsatzzweck auszurichten.

I-PACE übt Einflüsse auf I-TYPE 6 aus

Der Transfer erfolgt aber auch von „Road to Race“. Dies wurde am Beispiel des „Bremsgefühls“ im Formel E-Rennwagen durch Jaguar beschrieben. Hier habe man sich an die Erfahrungen mit dem Jaguar I-PACE angelehnt. Ziel war es ein äußerst natürliches Bremsgefühl zu vermitteln, welches durch entsprechende Software-Anpassung eingespielt wird.

Gedreht wird der Ansatz dann bei der Rekuperation. Denn hier geht Jaguar mit dem neuen Formel E-Rennwagen I-TYPE 6 ganz neue Wege. Erstmals verfügt dieser über einen zweiten Elektro-Motor an der Vorderachse; zusammen mit dem E-Triebwerk an der Hinterachse kann der I-TYPE 6 bis zu 600 kW (250 kW vorn, 350 kW hinten) und damit doppelt so viel Energie wie beim bisherigen Gen2 I-TYPE 5 an Energie zurückgewinnen. 40 Prozent der notwendigen Energie für ein Formel-Rennen gewinnt das E-Fahrzeug durch Rekuperation. Eine Ansage.

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Jaguar Land Rover / Jaguar TCS Racing

Die Frage, ob sich ein solches Rekuperationskonzept auf die Straßen-Stromer übertragen lässt liegt dabei auf der Hand. Möglich sei dies, wie uns im Rahmen des Events mitgeteilt wurde. Benötige aber noch ein wenig Zeit. Da es doch über die „Installation“ eines weiteren E-Motors im Fahrzeug hinausgeht. Auch hier spiele die Software der Fahrzeuge eine entscheidende Rolle. Da zig Parameter zu berücksichtigen und einzuspielen seien.

Weitergedacht würde eine solche Technologie im Serien-Elektroauto durchaus erheblich zur Reichweitensteigerung und Effizienzgewinn beitragen. Das Thema der richtigen Reifen kam im Rahmen der I-TYPE 6-Vorstellung ebenfalls auf. Hier habe das Team auch seine Hausaufgaben gemacht, beziehungsweise sei noch dran. Im Detail konnten wir dies für euch im Rahmen der Hankook iON Experience betrachten.

Nachhaltigkeit: Mehr als ein Schlagwort. Eine Mission!

Die Formel E wird nicht nur genutzt, um die eigenen Fahrzeuge zu optimieren und künftige Elektroautos mit noch überzeugenderem Gesamtpaket auf die Straße zu bringen. Auch das Thema Nachhaltigkeit treibt man innerhalb von Jaguar Land Rover durch die elektrische Rennserie.

“Mit dem nachhaltigsten Rennwagen der Welt in einer emissionsfreien Motorsportkategorie anzutreten, unterstreicht darüber hinaus die Verpflichtung von Jaguar Land Rover, im Rahmen seiner Reimagine-Strategie bis 2039 in der gesamten Lieferkette, bei den Produkten und in seinen Fertigungsstätten keine Emissionen mehr zu verursachen.”

Jaguar TCS Racing

Wie Jaguar TCS Racing ausführt habe man vor dem Auftakt der Saison 2023 mit der Drei-Sterne-Umweltzertifizierung die höchstmögliche Bewertung der FIA in Sachen Nachhaltigkeit erhalten. Dies liegt auch darin begründet, dass 2023 die erste Saison von Jaguar mit dem neuen Gen3-Auto ist, welcher zugleich der weltweit erste „NetZero“-Rennwagen sei.

CO2-Neutralität als Leitmotiv von Jaguar Land Rover

Im Pkw-Bereich geht man ähnlich konsequente Schritte. Der britische Autohersteller Jaguar Land Rover lädt derzeit  seine wichtigsten Lieferanten weltweit dazu ein, sich an seinen Nachhaltigkeitszielen bis 2030 auszurichten. Das Vorhaben, die Treibhausgasemissionen um 46 Prozent zu senken, hatte die unabhängige Science Based Targets Initiative (SBTi) überprüft und bestätigt. Damit soll das Unternehmensziel erreicht werden, bis 2039 alle Arbeitsprozesse und Produkte von Jaguar Land Rover sowie die Lieferkette CO2-neutral zu gestalten.

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Elektroauto-News.net

Zurück zur Formel E. Diese dient nicht nur für Jaguar Land Rover als Türöffner im eigenen Unternehmen, um die Nachhaltigkeit voranzutreiben. Auch bei der Ansprache der Formel E-Fans öffnet sich die „Nachhaltigkeit-Tür“ hierdurch. Denn auf einmal hat das Thema nicht mehr dieses trockene, verstaubte Image, sondern wird greifbar und mit einer Eventserie in Verbindung gebracht.

„Nachhaltigkeit wird cool“, wie es bei der Podiumsdiskussion von Jaguar in Worte beschrieben wurde. Vor allem da ersichtlich wird, dass nicht nur über Verzicht Verbesserungen herbeigeführt werden können. Auch oder besser gesagt durch Innovation können hier große Schritte gegangen werden.

Denn die Effizienzsteigerung von Jaguar TCS Racing besteht nicht nur darin, dass man bestehende Bauteile optimiert. Sondern diese, wenn möglich gar wegrationalisiert und kleiner/ effizienter macht. Dies führt dann wieder dazu, dass weniger Rohstoffe und Fertigungsprozesse hierfür benötigt werden.

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Elektroauto-News.net

Dennoch ist es auch bei der Formel E so, dass Fortschritte nur gemeinsam erreicht werden können. Der Großteil der CO2-Emissionen wird durch die Reisen von und zu den Rennen verursacht. Daher sei man auch hier im stetigen Austausch mit Fluggesellschaften, usw…, um nachhaltige Lösungen voranzutreiben. Bis dahin wird CO2-Offsetting betrieben. In der Regel für lokale Projekte, vor Ort der jeweiligen Rennen. Da man hierdurch an entsprechender Stelle für eine Verbesserung eintreten wolle.

Die Nachhaltigkeit im Unternehmen Jaguar Land Rover als auch in der Formel E geht über die reine CO2-Betrachtung hinaus. Auch engagiert man sich gezielt, um Mitarbeiter zu entwickeln und darauf zu achten, dass der Anteil von Frauen dem der Männer gleichgestellt wird. Allein dieses Thema könnte noch mehrere Artikel auf Elektroauto-News.net bereichern. Wird es sicherlich auch, da wir in den Austausch mit den Herstellern gehen möchten, wie konkret das Thema Nachhaltigkeit vorangetrieben wird.

Von Seiten Jaguar Land Rover konnte im Rahmen der Vorstellung des neuen voll elektrischen I-TYPE 6 schon einiges an Wissen mitgenommen werden. Sowohl hinsichtlich der Fortschritte beim Wissenstransfer „Race to Road“ und „Road to Race“, als auch beim Punkt Nachhaltigkeit. Was interessiert dich in Zukunft bei diesen Themen noch?

Jaguar Land Rover hat zur Vorstellung des neuen voll elektrischen I-TYPE 6 nach London eingeladen und hierfür die Reisekosten übernommen. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf meine hier geschriebene ehrliche Meinung.

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