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Honda Civic Type R (2023) im Test: Mein Gott, Schalter!

329 PS ohne Hybrid, Elektro oder Automatik. Japan lässt uns jubeln ...

honda civic type r (2023) im test: mein gott, schalter!

Euro 7 am Horizont. Feilschen um jedes Gramm Flottenverbrauch. Neue Autos stehen inzwischen mehr unter Strom als eine Spülmaschine. Leider sind als Folge davon viele Spülmaschinen aufregender geworden. Motto: Spaß? Vielleicht. Aber bitte nur politisch korrekt. Und dann kommt ER. Fetter Spoiler auf dem Heck, drei mächtige Endrohre einen guten halben Meter tiefer. Gestatten: Honda Civic Type R, Modelljahr 2023.

Was ist das?

Nun gut, seit 1996, als der erste Civic Type R in Japan startete, war das Modell immer eine Art Trash-TV-Teilnehmer mit Doktortitel: Sieht prollig-wild aus, hat aber was auf dem Kasten. 7:43,8 etwa anno 2017 auf der Nordschleife. Wohlgemerkt mit Frontantrieb. Kein Wunder, dass Nürburgring-Nerds den Type R gerne als Track-Tool verwenden. Das verpflichtet. Kann der neue Civic Type R noch eine Schippe drauflegen? 

Durchaus, nämlich mit 329 PS exakt neun PS mehr. FL5 heißt der Kollege intern und ist 37 Millimeter länger als sein Vorgänger, zudem gibt es gut 30 mm mehr Spur. Standard sind Reifen im Format 265/30 R19. Aber erst einmal lasse ich das Design des rund 4,60 Meter langen Wagens auf mich wirken. Harmonischer als der Vorgänger steht er da, das mag manch Fan bedauern.

Zu den R-spezifischen Teilen der Karosserie zählen geänderte Stoßfänger, ein Diffusor, der mächtige Heckspoiler und die Alu-Motorhaube mit Lufthutze. Die Heckklappe speckt dank Kunststoff um 20 Prozent ab. Auch ein Teil wie die Schwungscheibe der Kupplung wurde im Gewicht reduziert, ebenso die Felgen. Exakt 1.480 Kilogramm bringt der neue Civic Type R auf die Waage. Zum Vergleich: Der “normale” Civic wiegt 30 Kilogramm mehr, wohl aufgrund dessen Hybridtechnik.

Darauf verzichtet der Type R, doch dazu später mehr. Zunächst bewundere ich den rot ausgeschlagenen Innenraum samt seiner sehr ansprechenden Gestaltung. Vor allem das Gitterelement vor den Luftausströmern ist gut gemacht. Ebenfalls lobenswert: Recht schmale A-Säulen und eine gute Sicht nach vorne. Hinten gibt es viel Platz plus 410 Liter Kofferraum. Le-Mans-Besuch mit der Familie? Kein Problem.

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Honda, Marke der Ingenieure

Sie wollen sich lieber an der Technik des neuen Civic Type R delektieren? Nun, alle Details würden ein längeres Referat ergeben. Deshalb an dieser Stelle nur einige Stichpunkte: Wie gehabt Turbo-Vierzylinder in Gestalt des 2.0 VTEC, künftig mit 329 PS sowie 420 Newtonmeter Drehmoment bei 2.200 und 4.000 U/min. Sechs Gänge manuell, 5,4 Sekunden auf 100 km/h und 275 Spitze.

Die Anzahl der Turbinenschaufeln im Turbo wurde optimiert, ebenso die Rev-Match-Funtion. Drehzahlanpassung klappt nun auch vom zweiten in den ersten Gang. An der Schaltmechanik und dem Schaltgefühl wurde gefeilt. Mehr Sturzsteifigkeit, noch standfestere Bremsen und mehr Lufteinlässe. Für Letztere mussten die Nebelscheinwerfer dran glauben.

Meinereiner ist geneigt zu sagen: Dieses Auto ist “Gran Turismo” plus Playstation in einem. Wer dort beim virtuellen Tuning seine Freude hat, ist die Zielgruppe des Civic Type R. Dazu passt die Performance-Anzeige im R-Plus-Modus mit Laptimer und zig Anzeigen für Drücke, Temperaturen und mehr. Vor allem die Scoring-Funktion mit Bewertungen des Fahrerkönnens von C bis S+ erinnert mich an die nötigen Lizenzen bei “GT”.  

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Wie fährt er sich?

Nun denn. Als Kurs bitte Estoril in Portugal auswählen und die X-Taste drücken. Oh, Moment. Ich habe gar kein Joypad in der Hand, sondern das Lenkrad des Type R mit griffiger Ummantelung in Wildleder-Art. Plus einen Helm auf dem Kopf. Und neben mir Thomas Neumann, der unter anderem schon bei Langstreckenrennen unterwegs war. Dann mal los!

Zu einem zweiten Niki Lauda werde ich wohl nicht mehr, insbesondere bei zunächst unbekannter Strecke und Auto. Aber ich merke schnell (im wahrsten Wortsinne): Dem neuen Civic Type R kannst Du vertrauen. Bremsen, ab dem Scheitelpunkt der Kurve wieder aufs Gas und ab dafür. Leuchtpunkte über dem Tacho zeigen mir wie im Motorsport an, wann ich den nächsten Gang auf kürzestem Weg reinschnipse. 2. Gang, Rot!, zack, nachladen, 3. Gang, und so weiter.

Untersteuern? Kaum zu spüren und wenn, liegt es eher an mir als am Auto. Einzig die recht hohen Lenkkräfte der adaptiven elektrischen Servolenkung deuten auf den Frontantrieb hin. Ja, man muss zupacken. Aber der neue Civic Type R ist kein tollwütiger Kampfhund, der wild um sich beißt. Eher ein Dobermann: Sieht gefährlich aus, ist aber in Wahrheit ein guter Kumpel mit Spieltrieb.

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In jedem Fall kann das Auto mehr als sein Fahrer, wie eine heiße Runde mit Neumann am Steuer zeigt. Er steigt voll in die Eisen und prügelt den Honda durch die Kurven. Warum? Weil es geht. Ermüdungserscheinungen am Auto: Null. Ermüdungserscheinungen beim Autor: Eins. (Was auch an dem nicht ganz optimalen Seitenhalt der Sportsitze liegen mag.)

Was kostet er?

Wie enorm die Spreizung beim neuen Civic Type R ist, zeigt die spätere Fahrt zurück zum Flughafen im Comfort-Modus. Der Antrieb hält sich akustisch zurück, der Wagen lässt sich überraschend angenehm im Alltagsverkehr bewegen. Klar, eine Sänfte ist er nicht, aber die Abstimmung des Fahrwerks haut auch keine Plomben raus. 

Anfang 2023 kommt der Super-Civic auf den deutschen Markt. Leider zu einem Preis, der fast schon Schwarzmarkt-Niveau hat: 55.500 Euro. Schluck. Zwar ist die Neuauflage deutlich besser ausgestattet als der Vorgänger. Doch der startete vor gut einem Jahr bei “nur” 38.550 Euro. Klar, ausstattungsbereinigt reduziert sich die Differenz. Aber wie schon beim neuen BMW M2 zeigt sich auch hier: Sport hat seinen Preis. 

Fazit: 9/10

Danke, dass es solche Autos wie den neuen Honda Civic Type R noch geben darf. Vor allem seine Spreizung zwischen Alltagsauto und Rennstrecken-Tier begeistert. Nur der happige Preis zeigt, dass der Type R künftig eher im Feinkost-Regal steht. Durchaus mit Recht. Von den Fahreigenschaften und der Schaltung kann man seinen Enkeln noch in 50 Jahren vorschwärmen. Am besten hebt man den Type R bis dahin auf.

Honda Civic Type R (2023)

  • Motor: Vierzylinder-Turbobenziner mit variabler Ventilsteuerung, 1.996 ccm
  • Leistung: 242 kW (329 PS) bei 6.500 U/min
  • Max. Drehmoment: 420 Nm bei 2.200 – 4.000 U/min
  • Antrieb: Frontantrieb
  • Getriebeart: 6-Gang-Schaltgetriebe
  • Brakes: 350 mm (vorne), 305 mm (hinten), innenbelüftet und gelocht
  • Beschleunigung 0-100 km/h: 5,4 Sek.
  • Höchstgeschwindigkeit: 275 km/h
  • Länge: 4.594 mm
  • Breite: 1.890 mm
  • Höhe: 1.401 mm
  • Kofferraumvolumen: 410 – 1.212 Liter
  • Leergewicht: 1.480 kg
  • Zuladung: 320 kg
  • Verbrauch: 8,2 Liter/100 km (WLTP)
  • Emission: 186 g CO2/km (WLTP), Euro 6d
  • Basispreis: 55.500 Euro

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