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Heydaer BMW-Bande: Verteidiger zweifelt Glaubwürdigkeit von Zeugen an

In einer Halle des Autoservice Heyda sind BMW im Wert von 10,41 Millionen Euro zerlegt worden. Was der Vermieter der Halle dazu sagt.

heydaer bmw-bande: verteidiger zweifelt glaubwürdigkeit von zeugen an

In einer Halle des Autoservice Heyda hat eine siebenköpfige Bande vorzugsweise teure BMW in ihre Einzelteile zerlegt und diese nach Osteuropa verkauft. © Artchiv: Polizeidirektion Chemnitz

Chemnitz/Döbeln. Was wusste der Vermieter der Halle beim Autoservice Heyda, in der die BMW-Bande Fahrzeuge zerlegt und die Einzelteile nach Osteuropa verkauft hat? Diese Frage stand über dem sechsten Verhandlungstag gegen den möglichen Bandenchef vor dem Landgericht Chemnitz.

Der heute 62 Jahre alte Döbelner Unternehmer war bei der Razzia im Mai 2020, bei der die BMW-Bande aufgeflogen ist, ebenfalls verhaftet worden. Verurteilt wurde er aber nicht. Seine Schilderungen vor dem Landgericht variieren, je öfter Richter, Staatsanwalt oder Verteidiger nach einem Sachverhalt fragen. Auch bleibt er häufig unkonkret und antwortet mit „kann sein“ oder „ich gehe davon aus“.

Der Kontakt zu den Osteuropäern, die später die Halle gemietet haben, sei über einen Deutschen zustande gekommen, den der Döbelner auf einer Auktion in Dahlen getroffen habe. Zwei Russisch sprechende Männer hätten sich die freie Halle später angesehen.

Die Arbeiten darin hätten vier bis acht Wochen später begonnen. Eigentlich habe der Döbelner mit den Ausländern einen Mietvertrag über zwei Jahre abschließen wollen, doch diese hätten auf einem Jahr bestanden.

Miete in bar und ohne Quittung

Einer der Männer habe einen Reisepass vorgelegt. Das Lichtbild habe er mit der Person verglichen und keinen Zweifel gehabt, dass es sich um denselben Mann handle. Dieser habe den Mietvertrag unterschrieben und ihm auch stets die Miete gebracht. Ob er sich denn nicht gewundert habe, dass die Miete plötzlich nicht mehr von einem dänischen Dienstleister überwiesen, sondern in bar gezahlt wurde, will der Verteidiger wissen.

„Es war mir egal, woher die Miete kam, Hauptsache, sie wurde gezahlt. Eine Quittung wollten sie nicht haben, aber ich habe alles in meinen Büchern vermerkt und versteuert“, sagt der Zeuge. Er nennt immer wieder denselben Vornamen. Dieser Mann sei seine Kontaktperson gewesen.

Für Notfälle habe er auch eine Telefonnummer gehabt, aber diese nie angerufen. Auch die Kriminalpolizei hat diese Nummer nie überprüft, wie sich in der späteren Vernehmung eines Beamten herausstellt.

Der Döbelner sei darüber informiert gewesen, dass die Mieter der Halle im Fahrzeugteilehandel tätig sind. „Aber hätte ich gewusst, was dort wirklich vor sich geht, wäre es nicht zu einem Mietvertrag gekommen“, beteuert er. Sattelzüge habe er etwa zweimal in die Halle fahren sehen, von den gestohlenen BMW aber keinen einzigen.

Auch habe er sich nie darüber Gedanken gemacht, wo die Fahrzeugteile, die die Ausländer verkauften, eigentlich herkamen. Dass die Fenster der Halle abgedunkelt waren, sei ihm nicht merkwürdig vorgekommen, schließlich lägen sie auf der Sonnenseite. Wie viele Personen in der Halle gearbeitet haben, könne er auch nicht sagen. Er habe stets nur mit Zweien zu tun gehabt.

Ein Beweis fürs Wegschauen

Am Tag der Razzia in Heyda standen auf dem Hof noch zwei Schrottcontainer. Etwa fünf habe der Döbelner insgesamt für die Ausländer bestellt, weil diese nicht so gut Deutsch sprachen. Die Abfuhr der Container habe nichts gekostet. Den Erlös für den Schrott habe er als Aufwandsentschädigung behalten.

Anfangs spricht er von 80 bis 100 Euro pro Container. Nach wiederholtem Nachfragen steigt der Preis auf bis zu 200 Euro. Und wieder betont der Döbelner, alle Einnahmen in seinen Büchern vermerkt zu haben.

Sowohl bei seiner Festnahme im Zusammenhang mit der Razzia, als auch bei zwei Vernehmungen durch Beamte der Kriminalpolizei und vor dem Landgericht behauptet der Unternehmer, den Volvo nicht zu kennen, der damals parallel zu seinem Auto gestoppt wurde. Auch die Insassen seien ihm unbekannt. Zu denen gehörte allerdings der Mann, von dem der Döbelner regelmäßig die Mietzahlungen in bar erhielt.

„In diesem Raum haben sich gerade die Balken gebogen“, sagt der Verteidiger in Anlehnung an ein Sprichwort nach der Vernehmung des Vermieters der Halle. Dieser sei nicht glaubwürdig. Und die Geschichte, dass er das Schrottgeld als Lohn behalten habe, sei der Beweis dafür, dass der Döbelner darüber hinweggeschaut habe, was in der Halle tatsächlich passierte.

Beweislage gegen Angeklagten dünn

Zwei Kriminalbeamte berichten als Zeugen von Vernehmungen des Döbelners nach der Razzia, der dabei kooperativ gewesen sei, von Durchsuchungen der Wohnung und der Firma des Unternehmers sowie der Sicherstellung von Unterlagen und eines Laptops. Auch dabei sei immer wieder der Name der Kontaktperson des Döbelners gefallen, nur einmal sei auch von einem Chef die Rede gewesen.

Unterdessen hegt Richter Janko Ehrlich offenbar Zweifel daran, ob das Gericht „noch mehr Zeit, Geld und Anreisen von Zeugen in den Prozess investieren sollte.“ Die Beweislage gegen den jetzt angeklagten Belarussen sei dünn. Bereits am vorangegangenen Verhandlungstag hatten Gutachter 180 Spuren ausgewertet.

Keine konnte dem Angeklagten zugeordnet werden. Die jetzigen Aussagen hätten ebenfalls nichts ergeben, das gegen ihn spricht. Einzig ein Handy, das noch ausgewertet werden muss, könnte Beweismaterial liefern.

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Auf dem Gerät waren Fotos von der Halle und ein Chatverlauf gefunden worden, in dem es darum gegangen sei, dass „unsere Garage aufgeflogen ist.“ Die Auswertung des Handys könne allerdings noch Monate dauern.

Der Verteidiger stellt daraufhin den Antrag, den Haftbefehl gegen den Angeklagten aufzuheben und erklärt noch einmal, dass die Aussage des Vermieters der Halle unglaubwürdig ist. „Wir haben ein unvollständiges Puzzlespiel, das heute nur noch schlimmer geworden ist“, meint er.

Der Staatsanwalt hält den Tatverdacht nach wie vor für gegeben und plädiert für eine Aufrechterhaltung des Haftbefehls. Die Sprachnachrichten auf dem Handy würden belegen, dass der Angeklagte in die Bandenstrukturen involviert sei. Diese würden eine Planung und Organisation erfordern.

Und die Handydaten würden darauf hindeuten, das der Belarusse in der Planungsebene anzusiedeln sei. Richter Janko Ehrlich hat sich die Entscheidung über den Haftbefehl für den kommenden Verhandlungstag vorbehalten.

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