Die Govecs Elektro-Schwalbe begeistert im Test mit einem Design von gestern, der Technik von heute und zischt ab, als gäbe es kein Morgen! Der Hersteller gewährt aktuell zwar einen ordentlichen Rabatt, kann aber nicht liefern.
- Elektrifizierter Oldie
- Boost: Das fetzt!
- Akku und Reichweite
- Komfort und Bedienung
- Nicht besonders smart
- Preis und Verfügbarkeit aka “Haken an der Geschichte”
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- Test-Fazit: Govecs Schwalbe
Die “Sonderedition Rot Schwarz” der Govecs Schwalbe kostete 2021 7.750 Euro zuzüglich Überführungskosten und ist 2022 leider nicht mehr verfügbar.
Elektrifizierter Oldie
Die sehr gute LED-Beleuchtung verleiht der Schwalbe einen modernen Auftritt.
Elektroroller befreien Städte und Mitmenschen von Lärm und Schadstoffen, sind wartungsarm, nehmen wenig Verkehrsfläche ein und sind obendrein kinderleicht zu fahren. Ein besonders emotional aufgeladener Vertreter ist die Schwalbe von Govecs. Das Design zitiert bis ins Detail den DDR-Kultroller Simson KR 51, der im Volksmund den Namen “Schwalbe” bekam und von 1964 bis 1986 gebaut wurde. Und obwohl die Neuauflage der Firma Govecs mit Kunststoff beplankt ist, liegt das Gewicht mit rund 140 kg fast 70 Prozent über dem blechernen Verbrenner. Und trotzdem sieht die alte Schwalbe bei der Dynamik keine Sonne!
Der Eindruck täuscht: Die Schwalbe ist mit 140 kg (mit zwei Akkus) kein Leichtgewicht.
Boost: Das fetzt!
Der Bosch-Motor Drive Unit 48 V leistet bis zu 8.000 Watt und gibt seine Kraft über einen Doppelriemenantrieb an das Hinterrad weiter.
Schon die kleine L1e-eSchwalbe mit 4 kW verblüffte mit ihrem Temperament. Die L3e-Schwalbe kommt im Boost-Modus auf 8 kW und fühlt sich nach noch viel mehr an. Die ersten Meter an der Ampel gehören praktisch immer ihr. Da kommt richtig Fahrspaß auf. Maximal sind 90 km/h drin. Von längeren Vollgas-Etappen über 15 Minuten rät der Hersteller aber ausdrücklich ab. Im Cruise-Modus (4,7 kW) ist bei 75 km/h Schluss. Der Go-Modus drosselt die Leistung auf 3,2 kW, die Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h und den Fahrspaß signifikant. Zum Rangieren gibt es den Crawl-Modus, mit dem Sie auch langsam rückwärts fahren können. Bei dem Gewicht kann das auf einer abschüssigen Auffahrt ganz hilfreich sein. Für meinen Geschmack dürfte die Rekuperation noch stärker zupacken, ohne dass die Bremse bemüht werden muss.
Was den Fahrspaß angeht, orientiert sich die Schwalbe an der Lackierung und fetzt richtig!
Akku und Reichweite
Die L3e-Schwalbe kommt mit 2×2,4=4,8 kWh Akkukapazität. Im etwas schnarchigen Eco-Modus “Go” gibt der Hersteller eine realistische Reichweite von bis zu 90 km an. Im Cruise-Modus sollen es 67 km sein. Bei meinen nicht auf Verbrauch optimierten Testfahrten lag die Reichweite je nach Fahrweise zwischen 56 und 80 km. Alles im Boost-Modus, in dem man auch durchaus gemäßigt fahren kann. Somit betrug der Testverbrauch zwischen 6 und 8,6 kWh/100 km. Leer gefahren braucht das integrierte Bosch-Ladegerät mit 1.200 Watt knapp zwei Stunden auf 50 Prozent und rund fünf Stunden von 0 auf 100 Prozent. Beim Laden offenbart sich eine Besonderheit: Der Akku ist fest verbaut und das bis zu 5 Meter lange Spiral-Ladekabel ist fest verbunden. Wenn eine Steckdose in Reichweite ist, geht das Anstöpseln sensationell schnell und unkompliziert. Einmal volltanken kostet etwa 1,50 Euro. Ohne Steckdose schaut man allerdings in die Röhre. Akku im Büro oder der Wohnung nachladen? Leider nein. Ein No-Go für Laternenparker. Den NIU MQi GT Evo müssen Sie zwar erst verstöpseln, dafür sind die Akkus optional recht einfach entnehmbar.
Helmfach oder entnehmbarer Akku? Fehlanzeige. Dafür gibt es ein Minifach mit USB-Anschluss, das mit dem fest verbundenen Ladekabel aber im Prinzip schon voll ist.
Komfort und Bedienung
Vorn und hinten gibt es Scheibenbremsen mit ABS (Serie im Sondermodell) und Ganzjahresreifen von Heidenau in der Dimension 100/80 R16.
Der Fahrkomfort ist dank der 16 Zoll großen Allwetterreifen gut. Auch Schotterwege lassen sich problemlos passieren. Zwar ist der Federungskomfort nicht mit einem Motorrad vergleichbar und die Sitzbank recht straff, aber verglichen mit anderen Rollern fährt die Schwalbe doch ziemlich stabil und erwachsen. Serienmäßig ist eine automatische Steuerung der Vorder- und Hinterradbremse (CBS). Unser Sondermodell hat sogar ABS an Bord, was blockierende Reifen verhindert und damit die Sicherheit verbessert. Abgesehen von der etwas gewöhnungsbedürftigen Startprozedur (mit gleichzeitigen Druck einer Taste und der Bremse) gibt die Bedienung keine Rätsel auf. Alle Schalter und Hebel wirken robust, auch der Blinker punktet mit einer guten Rückstellung und wird zudem im Cockpit gut sichtbar signalisiert. Im Alltag fehlt allerdings ein Helmfach. Der 5 Liter kleine Stauraum unterm Sitz ist mit dem Ladekabel, einem Handy und einem Labello bereits voll.
Der Arbeitsplatz ist schlicht und übersichtlich. Die Rückspiegel bieten einen guten Blick nach hinten. Die roten Nähte der Sitzbank sind eine Besonderheit des Sondermodells.
Nicht besonders smart
Warum sich die USB-Buchse unter der Sitzbank versteckt und nicht von außen erreichbar ist, erschließt sich mir nicht ganz. Das Handy könnte man gut zur Navigation brauchen, denn der monochrome Tacho ist diesbezüglich keine Hilfe. Zwar lassen sich Geschwindigkeit, Zeit, Fahrmodus und Reichweite meist ordentlich ablesen, aber angesichts des Preises hätte es auch ein Farbdisplay mit Handyanbindung sein dürfen. Lenker und Cockpit sind aber so beschaffen, dass man kaum eine Smartphone-Halterung unterbringt. Tipp: Die Handyhalterung von NIU lässt sich unter dem Rückspiegel festschrauben. Dann müssen Sie nur noch ein USB-Kabel von unter dem Sitz verlegen. Naja. Zur Diebstahlsicherung gibt es ein Lenkradschloss. Die Alarmanlage bimmelt bei Erschütterung kurz schüchtern vor sich hin.
Das 4,4 Zoll große LC-Display mit LED-Beleuchtung ist meist noch ordentlich ablesbar, aber im Vergleich zum restlichen Design eher schmucklos und dröge.
Die Govecs Schwalbe ist 1,96 m lang und bietet eine Sitzhöhe von 84 cm.
Preis und Verfügbarkeit aka “Haken an der Geschichte”
Zwei Mittlere oder ein Großer: Die maximale Zuladung liegt bei 153 kg.
Zuerst die gute Nachricht: Aktuell gibt der Hersteller einen Rabatt von 1.600 Euro auf die kleine 45-km/h-L1e-Schwalbe. Der Preis begann 2021 zwar noch bei 5.590 Euro und startet 2022 bei 6.700 Euro, aber mit zwei Akkus war der Einstiegspreis auch 2021 schon bei 6.580 Euro. Mit dem Rabatt landen Sie aktuell bei 5.100 Euro. Als Farbe gibt es aktuell nur noch “Cremeweiß”.
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Die große 90-km/h-L3e-eSchwalbe (immer mit 2 Akkus) beginnt 2022 eigentlich bei 7.550 Euro. Die Umweltprämie liegt hier bei 1.000 Euro, sodass Sie bei 6.550 Euro landen. Ausstattungsbereinigt (Hauptständer, ABS) ist der Preis für die einzige zur Wahl stehende Farbe (“Sonnenorange”) im Vergleich zu 2021 unverändert und doch kommt das große ABER: Zum einen ist die Schwalbe trotz ihrer Qualitäten auch mit dem Bonus kein Schnäppchen. Ein NIU MQi GT Evo ist mit dem Smartphone vernetzbar, hat ein Farbdisplay und fährt 100 km/h. Der Preis: 4.990 Euro. Aber selbst wenn einem die tolle Schwalbe das Geld wert ist (was wir durchaus nachvollziehen können) bleibt aktuell das große Problem der Verfügbarkeit: Käufer schauen frustriert auf den Button “Momentan leider nicht lieferbar”.
Die Schwalbe mit bis zu 90 km/h ist ein “Elektrisches Leichtkraftrad” der Klasse L3e, das Äquivalent zur alten 125er-Klasse.
Test-Fazit: Govecs Schwalbe
Wer nicht grundsätzlich ein Problem damit hat, einen stinkenden, lärmenden, kultigen Oldtimer mit einem leisen, spritzigen Elektromotor auszustatten, findet in der Govecs Schwalbe einen wahr gewordenen Traum für Kleinkraftrad-affine Ostalgiker, der dank seiner Dynamik ein Grinsen unter den Helm zaubert. Doch wie so oft ist die Erfüllung eines Traums an ein gut gefülltes Portemonnaie und aktuell an eine fragliche Verfügbarkeit geknüpft. Was im Alltag fehlt, ist ein Helmfach, eine Navigationslösung und je nach Standort ein entnehmbarer Akku. Kühle Rechner bekommen Zweirad-E-Mobilität woanders wesentlich günstiger, aber so viel Spaß wie die eSchwalbe macht es dann wohl kaum.