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Gehasst, aber auch geliebt: Wer E-Scooter nutzt und warum

gehasst, aber auch geliebt: wer e-scooter nutzt und warum

Fluch und Segen: Für viele Nutzer sind E-Scooter sehr praktisch, für andere lediglich ein absolutes Ärgernis.

Für Fußgänger Hürden auf dem Bürgersteig, für Fahrradfahrer Gegenspieler auf dem zu teilenden Radweg, für Autofahrer wackelige Störenfriede im Verkehrsfluss und für manch einen Klimaschützer mit Lithium gefüllte Metallgehäuse. Wenn es um E-Scooter geht, sind einander eigentlich feindlich gesinnte Verkehrsteilnehmer in ihrer Meinung vereint: Die Roller könnten weg.

Doch da sind jene, die regelmäßig auf den E-Scootern der Anbieter Lime, Voi, Tier und Bolt durch die deutschen Städte fahren. Allein in der Frankfurter City, zwischen Freßgass’ und Opernplatz zum Beispiel, sausen E-Scooter-Fahrer manchmal im Minutentakt an den Fußgängern vorbei. Die Scooter-Fahrer tragen Anzug und Aktentasche, Winterjacke und Einkaufstaschen oder Mütze und Rucksack.

Christian Schuhegger lebt in Frankfurt und ist Büro-Pendler. Das heißt, dass er jeden Tag zwischen zwei Standorten des Unternehmens, bei dem er arbeitet, hin und herfahren muss. Die beiden Büros sind im Westend und in der Nähe des Opernplatzes – ungefähr 1,5 Kilometer voneinander entfernt, ein Fußweg von fünfzehn Minuten. „Zu lang“, um den Weg mehrmals am Tag in der Arbeitszeit abzulaufen, findet Schuhegger. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sei er noch länger unterwegs. Er zeigt auf den eben abgestellten E-Scooter. „Damit dauert es drei Minuten.“ Das Angebot sei gerade in Frankfurt sehr passend. Denn auch für andere Termine habe der Stadtkern so knappe Strecken, dass sie schnell mit den Rollern zurückzulegen seien.

Beschränkung der Anzahl

Gerade hier will die Stadt Frankfurt aber strengere Regeln für die E-Scooter einführen. Bereits seit dem vergangenen Jahr müssen die „Sharing“-Anbieter eine Sondernutzungserlaubnis für jeden Roller einholen. Dabei ist auch festgelegt, dass im erweiterten Innenstadtbereich nur noch 1000 Scooter je Betreiber angeboten werden dürfen. In einem nächsten Schritt sind feste Abstellplätze in der Innenstadt geplant. So soll das Herumliegen der sorglos abgestellten Roller auf Bürgersteigen vermieden werden.

Für Christian Schuhegger sind feste Parkplätze für die Roller allerdings ein Ausschlusskriterium. „Ich fände es schön, wenn es in Frankfurt bleibt wie es ist.“ Den Roller beliebig abstellen zu können – „genau dort, wo ich hin will“ – ist ihm wichtig. Er parke bewusst immer an einem Platz, wo entweder schon mehrere E-Scooter stünden oder er keine anderen Verkehrsteilnehmer störe. Auch Eugen Derzapf sagt, dass die Scooter ordentlich abgestellt werden müssten. „Wenn sie so kreuz und quer liegen, ist das schon nervig.“ Er selbst nutze wöchentlich einen E-Scooter in der Frankfurter Innenstadt, um von zu Hause zur Arbeit zu kommen. Sein eigenes Fahrrad habe einen Platten. Dazu kommt, dass „ich nicht immer treten will“, so Derzapf.

Felix van den Dool schließt gerade seine E-Scooter Fahrt mit seinem Handy ab, als er auf einen weiteren Nachteil des Radfahrens hinweist. „Man muss das Fahrrad dann überall mit hinnehmen.“ Ihm gefalle besonders die Spontanität und Flexibilität, die E-Scooter böten. Er fahre damit alle Wege in der Innenstadt, das Auto sei hier viel zu umständlich und das öffentliche Nahverkehrsnetz nicht gut genug ausgebaut.

Wohin mit den Kleinstfahrzeugen?

Der Frankfurter Abdullah Rashwani stimmt dem zu. „Beim Autofahren suche ich alleine einen Parkplatz für eine halbe Stunde in der Innenstadt.“ Manchmal nutze er den E-Scooter auch, um zu einer U- oder S-Bahnstation zu kommen. Eine Alternative zu den Rollern gibt es für Rashwani nicht mehr. Ohne die „Sharing“-Anbieter würde er sich einen eigenen E-Scooter kaufen. „Ich habe mich zu doll daran gewöhnt.“ Auch solche privaten E-Roller zischen über den Opernplatz. Meistens sind sie leicht zu erkennen – ganz in Schwarz, manche mit Fahrradkorb. Bis zu 900 Euro kostet so ein Gefährt. Für Leute, die beruflich viel reisten, lohne sich das kaum, sagt der Münchener Rudolf Geyer; er nutzt lieber lokale Angebote. Gerade kommt er von einem Mittagessen in der Frankfurter Innenstadt und fährt wieder ins Büro. Google Maps zeigt ihm dafür eine Strecke von 4,8 Kilometern an, die laut der App 13 Minuten dauert. Er sitze den ganzen Tag drinnen und genieße nun die frische Luft, „vor allem weil das Wetter stimmt“. Der Fußweg von 30 Minuten hin und auch wieder zurück sei ihm zu lang.

Auch Samantha Neoh ist mehrmals im Monat beruflich in Frankfurt. Sie kommt aus Singapur und nutzt die E-Scooter dann oft. Den soeben angemieteten Roller hält sie zwischen ihren Beinen fest. Gerade fährt sie vom Büro wieder ins Hotel; eine Strecke, die sie mittlerweile auswendig kenne. „Der Scooter ist einfach zuverlässiger als die Bahn.“ Moaz Rankoussi aus Qatar erklärt, dass er gerne Spritztouren mit den Rollern mache, um die Stadt zu sehen. Ab und zu ersetze er so auch eine Taxifahrt. „Ich bin auch faul“, räumt er ein. Trotzdem: Jeder, der zu Besuch komme, liebe die E-Scooter.

Eines teilen die meisten Verkehrsteilnehmer, inklusive den E-Scooter-Fahrern: Sie wissen seit der Straßen-Einführung der sogenannten Kleinstfahrzeuge vor über drei Jahren eigentlich nicht so richtig wohin damit. Dabei verleitet der E-Scooter zum Opportunismus; das allgemeine Unwissen wird schnell ausgenutzt und wer auf dem E-Scooter steht, fährt auf Bürgersteigen und Radwegen oft so, wie es gerade passt. Dabei gelten für die Roller die selben Regeln wie für Fahrradfahrer: Radweg immer, Straße wenn notwendig, Bürgersteig nie. Und Abstellen auf der Seite.

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