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Freitag Special: AVATR 12 & Zeekr 007 – zwei eindrucksvolle Beispiele für Chinas Limousinen-Offensive.

China: AVATR 12 und Zeekr 007 – Chinas Limousinen-Offensive

Gestern kam die Meldung, dass Ferdinand Dudenhöffer, der ungekrönte „Autopapst“ Deutschlands, aus seinem eigenen Institut, dem CAR (Center Automotive Research) herausgeflogen sei. Einer der angeführten Gründe, so die Mainstreampresse, sei seine China-Affinität gewesen. Dudenhöffer hat einmal zu oft vor der technologischen Überlegenheit der OEMs des Reichs der Mitte gewarnt. Möglichweise gilt hier der Spruch: „Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd.“ Anyway.

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Lotus EMEYA: die Geely-Nobelmarke stellte gerade ihre erste Sportlimousine vor.

Chinesisches Neuheitenfeuerwerk in der zweiten Jahreshälfte

Erlebt die Elektrolimousine eine Renaissance? Stopp. Fangen wir nochmal an. Eigentlich war die Elektrolimousine bislang relativ unterrepräsentiert. In den letzten 12 Monaten sind derart viele neue Elektro-SUVs und -Crossover erschienen, dass die Limousinen-Fangemeinde sich bereits in der absoluten Defensive sah. Aber mit dem modellgepflegten Model 3, dem BYD Seal, den kommenden Polestars 4 und 5 und anderen Autos, scheint sich einiges geändert zu haben.

Vor allem in China wurden gerade in den letzten Wochen eine Menge neuer Limousinen vorgestellt, viele jedoch in Preiskategorien, die für den Ottonormalverbraucher recht schwer erreichbar erscheinen, wie beispielsweise der Lotus EMEYA. Weitere Vorstellungen waren unter anderem der Xiaomi SU7, der mit 4.997 mm Länge und einem Gewicht von 1.980 kg äußerst gute Voraussetzungen mitbringt. Die Top-Speed des Autos liegt bei sagenhaften 265 km/h, bei einer Leistung von 495 kW (673 PS) kein Wunder.

The latest Chinese EV just dropped. The thing is, these Chinese EVs actually get built, unlike other automakers' prototypes. pic.twitter.com/FULT86z80D

— Taylor Ogan (@TaylorOgan) November 13, 2023

Neue Marken und neue Modelle

Dann sind da natürlich Newcomer-Marken wie der Skyworth, dessen Limousinen-CGI-Studie (siehe oben), wie sollte es anders sein, mit Selbstmördertüren aufwartet und vermutlich auch nicht gerade untermotorisiert erscheint. Demnächst aber dürften zwei neue Limousinen für Furore sorgen: einmal der AVATR 12 von CATL, Changan und Huawei und natürlich der Zeekr 12 von Geely, der gerade einen fulminanten Auftritt hingelegt hat.

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AVATR 12: die große Elektrolimousine zeigt einmal mehr den Hang des chinesischen Designs zu klaren Linien ohne Schnickschnack.

AVATR 12

Der AVATR 12 (gesprochen One Two) ist eine 5.022 mm lange Limousine mit einem Radstand von 3.020 mm. Wie die Polestars hat der Wagen keine Heckscheibe mehr, das Glasdach wird in der coupéhaften Linie so weit heruntergezogen, dass mit dem Kofferraum zusammen das Heckfenster entfällt. Der Vorteil: die Heckklappe liefert eine richtig opulente Öffnung zutage.

AVATR ist, wie eingangs erwähnt, eine gemeinsame Marke von CATL , Changan und Huawei, weshalb es auch nicht verwundert, dass die verbaute Batterietechnik State of the Art ist. Die Kapazität liegt bei 94,5 kWh, was für eine Reichweite von bis zu 650 Kilometern (CLTC) sorgen soll. Dabei sollen innerhalb von nur 20 Minuten 350 km nachgeladen werden können. Der typische Zyklus von 0-80% SOC dauert demnach nur 30 Minuten.

Die Topspeed liegt bei allen Modellen bei abgeregelten 220 km/h. Dank des guten cW von 0,22 soll die Geräuschkulisse bei 140 km/h nur 68 dB(A) betragen, was in der Tat kein schlechter Wert ist. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h ist in 3,9 Sekunden (Topmodell) erledigt, die bis zu 575 PS (650 Nm) dürften dabei durchaus hilfreich sein.

Das Auto kostet in der Grundausstattung und als 230 kW-Version (RWD) umgerechnet 41.000 US-Dollar und mit Top-Ausstattung und 575 PS (AWD) 54.000 US-Dollar. Der AVATR kommt übrigens ab 2024 auch nach Europa.

Torque-Vectoring und intelligentes Fahrwerk

Wie alle modernen chinesischen Autos der Oberklasse verfügt der „One-Two“ über ein intelligentes Fahrwerk (iTrack – Torque Management), das von Huawei kommt. Das dürfte auch der Grund für einen hervorragenden „Elchtest“ sein – der Hersteller gibt eine Einfahrgeschwindigkeit von 82 km/h an.

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Die Silhouette kann die Größe des Autos kaum cachieren. Das Interieur könnte man durchaus als „nordisch-futuristisch“ bezeichnen.

Wer die Innengestaltung des Autos sieht, der erkennt, dass der große 16″ Touchscreen auch hier in der Mitte nicht fehlen darf. Zusätzlich läuft ein Monitorband unterhalb der Frontscheibe entlang in das unter anderem auch die Bildschirme für die optionalen Kamerarückspiegel eingepasst ist. Der Arbeitsplatz strahlt dank cleanem Design eine wohltuende Ruhe aus – Pikant: das Lenkrad wartet mit den Billig-Schaltern aus dem Model 3 auf, so scheint es. Das passt einfach nicht.

Das Betriebssystem stammt übrigens auch von Huawei. Vergleicht man die Responsivität und Usability mit europäischen Systemen (im Wheelsboy-Bericht eindrucksvoll präsentiert), wird schnell klar, warum Dudenhöffer kaum unrecht hatte … was hier geboten wird, ist ebenfalls absolutes State of the Art.

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Zeekr 007: die Elektrolimousine zeigt einmal mehr, wie gutes, schnörkelloses Design wirken kann (wir schauen nach München …), ohne wie ein Stück Seife (das schauen wir nach Stuttgart) wirken zu müssen.

Zeekr 007

Die Marke Zeekr ist hierzulande bereits präsent, mit dem 001, dem X und vermutlich demnächst mit dem scharf gemachten 001R, der als supersportliche Version für die „Hektiker“ unter den Autofahrern gedacht scheint. Viel interessanter aber ist der heute auf der Guangzhou Auto Show vorgestellte 007, der übrigens genau so ausgesprochen wird wie der Agent mit der Lizenz zum Töten, „Double-O-Seven“.

Der Zeekr kommt aus der Geely-Familie. Die Eckwerte des Stromers sind nicht minder beeindruckend. Mit einer Länge von 4.865 mm rangiert er in der Model 3-Klasse und ist auch direkter Mitbewerber des BYD Seal. Der Radstand liegt bei 2.928 mm. Den 007 gibt es in zwei Versionen, einmal als Single Motor RWD mit 310 kW (421 PS) und mit Allradantrieb und 646 (!) PS Systemleistung. Das Fahrzeuggewicht liegt bei 2.160 kg.

Die Batterie ist eine gemeinsame Entwicklung von Geely und CATL. Die Basis ist die PMA2+ Architektur von Geely. Bei beiden Versionen beträgt die Top-Speed übrigens 210 km/h, über weitere Werte berichten wird eventuell noch im Laufe des Tages, wenn der Stromer offiziell vorgestellt wurde.

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Der deutsche Konkurrent: ID.7. Obwohl der ID.7 ein tolles Auto geworden ist, haben die chinesischen OEMs bereits kräftig nachgelegt. Ab 2024 drängen die auf den europäischen Markt …

e-engine meint: wer den chinesischen Markt aufmerksam betrachtet, der kann nicht umhin die Kürze der Innovationszyklen zu bewundern. Der von VW vorgestellte ID.7, der von vielen Testern über den grünen Klee gelobt wird, hat innerhalb von nur wenigen Wochen also heftige Konkurrenz bekommen. Der Wolfsburger startet bei mindesten 57.000 Euro, allerdings als RWD und mit einer Batterie mit nutzbarer Kapazität von 77 kWh. Dank der Markenstärke des VW dürfte das zunächst kaum ein Problem für den deutschen OEM sein – in China jedoch dürfte es der ID.7 infolge der gigantischen Konkurrenz äußerst schwer haben.

Bericht: Bernd Maier-Leppla
Fotos: Wheelsboy (Youtube Stills), AVATR, Zeeker, VW

Wheelsboy | AVATR 12 – Thick, but Slick

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