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Ford: Neue Sparwelle mit Entlassungen befürchtet

Nachdem Ford im vergangenen Jahr seine eigenen Ziele verfehlt hat, versucht der Konzernchef einen Befreiungsschlag. Es soll noch härter gespart werden, auch in Europa – und dann ein Formel-1-Weltmeistertitel her.

ford: neue sparwelle mit entlassungen befürchtet

Ford: Neue Sparwelle mit Entlassungen befürchtet

Zum Glück ist der F150 so groß. Seit Jahrzehnten steht der sogenannte ‘Fullsize’-Pickup auf Platz 1 der US-Zulassungsstatistik und lässt Ford wie einen erfolgreichen Automobilhersteller aussehen. Doch in seinem Schatten sieht es längst düster aus: Jenseits des günstigen Nutzfahrzeugs fehlen der Marke vor allem im margenstarken Bereich echte Bestseller, und zwar in den USA ebenso wie im Rest der Welt.

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Das SUV Explorer: Hinter Toyota, Honda, Tesla, Jeep und Chevy, und von Rückruf-Aktionen gebeutelt. Das Limousinen-Segment: komplett aufgegeben. Das europäische Angebot: zusammengeschnurrt auf den Kompaktwagen Focus, wenige SUV und den Bestseller Transit, ebenfalls ein margenschwaches Nutzfahrzeug.

Lange ist es her, dass Ford die günstige, aber respektable Marke für die breite Masse war.

In der Nacht zu Freitag verkündete Konzernchef Jim Farley (60) nun in Detroit Geschäftszahlen für das vergangene Jahr und ließ seiner Enttäuschung fast schon freien Lauf: “Wir haben tief verwurzelte Probleme in unserem industriellen System”, sagte er und fügte hinzu: “Das war sowohl für mich als auch für mein Team demütigend.” Der Konzern habe “etwa zwei Milliarden Dollar an Profit auf dem Tisch liegen lassen”.

Kosten zu hoch, Qualität zu niedrig

Ford verfehlte sein eigenes, ohnehin niedriges Ziel von 11,5 Milliarden Dollar beim bereinigten operativen Ergebnis um etwa 10 Prozent und erreichte nur 10,4 Milliarden. Dabei war die Entwicklung gerade im Schlussquartal negativ und enttäuschte so auch im direkten Vergleich zum Konkurrenten General Motors. Die Nummer eins in den USA hatte mit einem operativen Gewinnplus im vierten Quartal geglänzt und Analysten mit einem optimistischen Ausblick überrascht. Die Aktie von Ford tauchte am Freitag um mehr als 5 Prozent ab.

Als Konsequenz kündigte Finanzchef John Lawler “sehr aggressive” Maßnahmen an, um die Kosten in Produktion und in der Lieferkette zu senken, die weit über die schon bekannten hinausgehen. “Alles ist auf dem Tisch.” Entlassungen und Werksschließungen könnten dazugehören. “Wir haben Chancen bei den Materialkosten. Wir haben Chancen bei der Fertigung. Wir haben Chancen in unserer gesamten Lieferkette. Es geht wirklich um die industrielle Plattform und ein Teil davon wird die Produktivität sein”, sagte er. Es gebe auch Möglichkeiten, die Komplexität zu reduzieren.

Lawler vermied jede Aussage zu konkreten Maßnahmen oder konkreten Einsparzielen. Zugleich machte er deutlich, dass die bereits bekannten Sparprogramme wie etwa in Europa ein halbes Jahr nach Verkündung schon nicht mehr ausreichten. “Es gibt noch mehr zu tun in Europa. Es gibt mehr zu tun in China. Wir haben hier in den USA zu tun”, sagte Lawler. “Unsere Kostenstruktur ist nicht wettbewerbsfähig und unsere Qualität nicht dort, wo sie sein sollte.”

Abwärtsspirale in Europa, Abschreibungen auf Argo AI

Ford steckt wie auch GM mitten in einem Komplett-Umbau zum Elektroauto-Hersteller und investiert Milliarden. Vergangenen März hatte das Unternehmen verkündet, das Geschäft für Verbrenner und Elektroautos künftig zu trennen. Allerdings erleidet es immer wieder Rückschläge. Das gemeinsam mit Volkswagen gestartete Roboterauto-Projekts Argo AI wurde im vergangenen Jahr überraschend komplett geschlossen und belastete mit Abschreibungen in Milliardenhöhe die Bilanzen beider Konzerne.

Neue Kompaktmodelle in Europa sollen in den nächsten Jahren aus Kostengründen nur auf der Elektroauto-Plattform von VW aufbauen, mit allen Nachteilen für Markenprofil und Wertschöpfung. Das Werk in Köln wird gerade für den Bau von E-Autos umgerüstet. Die eigene Entwicklung in Europa gibt Ford weitgehend auf. Bis zu 3200 Stellen werden hier gestrichen. Die Fabrik in Saarlouis soll nach dem Produktionsende des Focus 2025 geschlossen oder verkauft werden; zuletzt gab es Gespräche mit dem chinesischen Elektroautobauer Build Your Dream (BYD).

Das über Jahrzehnte erfolgreiche Europageschäft ist zwischen einem schrumpfenden Markt und einer immer unattraktiveren Modellpalette in eine Abwärtsspirale geraten, die mittlerweile alles möglich scheinen lässt: Im vierten Quartal 2022 verdoppelte sich der Vorsteuerverlust hier gegenüber dem Vorjahr auf 400 Millionen Dollar bei unverändertem Umsatz.

Konzernchef Farley ist daran nicht unbeteiligt. Von 2015 bis 2017 war er Europachef, bis 2019 dann zuständig für das gesamte Auslandsgeschäft. GM hat sich schon vor Jahren aus Europa zurückgezogen und die Tochter Opel an den späteren Stellantis-Konzern verkauft.

Imagekorrektur mithilfe der Formel 1

Gleichzeitig belasten Qualitätsprobleme Fords Ergebnisse weiter. Finanzchef Lawler sagte, der Konzern sollte in der Lage sein, die Garantiekosten jährlich um zwei Milliarden US-Dollar zu senken. Aktuell sieht es allerdings so aus, dass mehr Kosten auf Ford zukommen könnten: Die US-Behörde für Straßen- und Fahrzeugsicherheit NHTSA hatte jüngst eine Überprüfung von mehr als 1,8 Millionen Fahrzeugen des Ford Explorer eingeleitet. Bei dem SUV der Baujahre 2011 bis 2019 könnten sich Teile der Windschutzscheibenverkleidung bei höherer Geschwindigkeit lösen.

Zudem droht ein Preisverfall ausgerechnet bei Fords Vorzeige-Zukunftsauto, dem Mustang Mach-E. Nach den massiven Preissenkungen von Tesla hatte Ford die Preise für um bis zu 5900 Dollar gesenkt und trotz steigender Zinsen billigere Finanzierungen angeboten.

Helfen soll nun eine Partnerschaft mit Formel-1-Weltmeister Red Bull, der an diesem Freitag in New York seinen neuen RB19 präsentiert. Die Rennklasse erlebt derzeit weltweit einen Boom, speziell aber in den USA. Auch die amerikanische Rennsport-Größe Michael Andretti (60) drängt mit der GM-Marke Cadillac ins Starterfeld. Ford ist dank großer Erfolge in den 60ern und 70ern mit insgesamt 176 Grand-Prix-Siegen noch immer dritterfolgreichster Formel-1-Motorenhersteller hinter Ferrari und Mercedes.

Los geht es allerdings erst in drei Jahren, 2026. Bis dahin muss sich Ford weiter hinter dem F150 zu verstecken versuchen. Der bekam zwar im vergangenen Jahr mit großem Getöse die Elektroversion Lightning, die bei den Verkaufszahlen einen kleinen Achtungserfolg erzielte. Unter Druck ist der Pickup trotzdem. Allein 2022 fiel der Absatz um zehn Prozent.

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