Ford Transit im Check. © Foto: Fabian Faehrmann
Ford hat im Frühjahr 2022 mit dem E-Transit den ersten vollelektrischen Transporter auf den Markt gebracht. Der Ersteindruck war gut – hält der Anspruch auch einem ausgiebigen Test stand?
Etliche Hundert Kilometer hat die AUTOHAUS-Schwesterzeitschrift VerkehrsRundschau während des Testzeitraums am Steuer des Ford E-Transit abgespult. Er bekam diverse Fahraufgaben gestellt – von Autobahnen bis hin zu Waldwegen war alles mit dabei.
Etwas mehr Auswahl gibt es bei den Kabinenvarianten: Der E-Transit kann als Kastenwagen oder Doppelkabine und theoretisch als Fahrgestell konfiguriert werden. Die von unserer Schwesterzeitschrift VerkehrsRundschau getestete Kastenwagen-Version (L2H2) ist in zwei Höhen und drei Längen bestellbar. Ein Blick in den Laderaum: Das Volumen beträgt in der größten Version 15,1 Kubikmeter; die größte Nutzlast von 1.685 Kilogramm wird in der L3H2-Konfiguration erreicht.
Ford E-Transit Custom
Schon bei dem ersten kurzen Test im Frühjahr 2022 hatte sich gezeigt, dass das Fahrverhalten des E-Transit wenig Raum für Kritik lässt. Bedenkt man, dass man in einem Transporter sitzt, darf man gerne auf den Begriff “komfortabel” zurückgreifen. Eine Erklärung für die auffällig gute Abstimmung ist, dass Ford an der angetriebenen Hinterachse seines E-Transits auf eine Einzelradaufhängung mit Schraubfedern setzt. Auch das Lenkverhalten weiß dank elektrisch unterstützter Servotechnik zu überzeugen.
Maximale Reichweite fordert allerdings auch stets eine vorausschauende Fahrweise. Ford greift an diesem Punkt etwas vor: Mehr als 100 km/h sind in keinem Modus drin, zudem wird mit Tritt auf die Bremse automatisch die Rekuperation ausgelöst. Wer allerdings maximale Rekuperation wünscht, muss das Bremspedal ein zweites Mal betätigen oder drückt auf den “L”-Knopf am Drehrad für die Gangwahl. Auch beim Verlassen des Gaspedals greift bereits eine leichte Rekuperation. Es gibt in der Summe also drei Stufen.
Entscheidend ist aber, was der E-Transit auf der Straße verbraucht. Unsere 50 Kilometer lange Testrunde führte zum Teil durch Ortschaften, überwiegend aber auf Landstraßen mit Geschwindigkeiten zwischen 60 und 100 km/h. Am Ende der Testrunde ermittelten wir mit der 800-Kilogramm-Beladung einen Verbrauch von 26,52 Kilowattstunden auf 100 Kilometern. Für Überlandverhältnisse ist das ein guter Wert, wobei der E-Transit erst im Stadtverkehr seine ganzen Stärken ausspielen konnte: Hier zeigte uns der Bordcomputer zwischenzeitlich Werte von unter 20 kWh an.
Anschließend haben wir den E-Transporter für eine zweite Ausfahrt auf die Testrunde gebeten. Denn zuvor musste die Klimaanlage für ein möglichst neutrales Bild ausgeschaltet bleiben. Nun ging es bei anfänglich gemessenen 28 Grad Celsius in der Kabine mit Klima auf nahezu Vollleistung auf die Straße. Das Ergebnis erstaunt: Der Verbrauch stieg um gerade einmal 0,46 kWh auf 100 Kilometer. Das ist, in einem Wort gesagt, vernachlässigbar. Ein Zusatz noch zur Klimaanlage: Diese stellt interessanterweise das mit Abstand lauteste Gerät an Bord dar. Zu Beginn der Fahrt spürt und hört man ein ordentliches Brummen unter dem Fahrersitz, welches mit sinkender Temperatur in der Kabine ebenfalls immer leiser wird.
Der Ford macht nach einem längeren Hands-on einen wirklich guten Eindruck. Der Fahrkomfort ist gegeben, die Leistung mehr als ausreichend und der Onboard-Lader brachte übrigens die Ladeleistung, die Ford ihm bescheinigte – auch das ist leider keine Selbstverständlichkeit. Zudem überzeugt das Bedienkonzept. Die Menüführung ist plausibel und man findet sich schnell zurecht.
Fiat E-Doblò Fahrbericht (2023)

Wenn man etwas kritisieren möchte, dann sind es allemal Kleinigkeiten: Eine Auto-Hold-Funktion wäre insbesondere im Stadtverkehr wünschenswert. Auf was man sich nicht verlassen kann, ist die Ladezeit-Prognose, die der Kölner anzeigt. Abgesehen davon, dass sich die Zeit gefühlt jede Minute ändert, stimmte die Voraussage quasi nie mit dem tatsächlichen Ende des Ladevorgangs überein.
Und: Ein paar Kilometer mehr Reichweite wären schon noch ganz nett. Im Stadtverkehr fällt das dank des niedrigen Verbrauches und der stets kurzen Strecken natürlich nicht so stark ins Gewicht. Doch sobald es mehrere Kilometer über die Autobahn oder Landstraße geht, kann man der Tanknadel beim Sinken zusehen. Diese Kritik ist mehr als Entwicklungspotenzial zu verstehen. Denn sieht man sich in der Landschaft der E-Transporter mal genauer um, erreicht kaum ein Marktbegleiter die Reichweiten des E-Transits.
Ford hat bald einen zweiten Pfeil im noch übersichtlichen E-Köcher. Der E-Transit Custom erweitert das Portfolio im Bereich der Ein-Tonnen-Nutzlast-Vans. Technisch gesehen baut er auf der Plattform des Geschwisterchens auf, wobei fast alle Komponenten nochmals in die Hand genommen und verfeinert wurden.
Ford Bronco Fahrbericht (2022)
Eine Änderung ist auf jeden Fall der Akku des neuen Transit: Dieser wird aus Pouch-Zellen – also Handy-Akku-ähnlichen Batterien – bestehen und soll 74 Kilowattstunden nutzbarer Energie speichern können. In Reichweite umgerechnet: Bis zu 380 Kilometer traut Ford seinem E-Transit Custom auf einer Strecke zu. Möglich macht es unter anderem ein neues aerodynamisches Konzept, das zehn Prozent Stromersparnis durch den geringeren Luftwiderstand garantieren soll.
Zudem versucht Ford, eine generelle Trendwende herbeizuführen. Das Fahrzeug soll den Nutzern künftig auch als Büroplatz dienen. Dafür hat man sich einige interessante Kniffe überlegt: Nicht weit hergeholt ist die 5G-Anbindung, die der Transit Custom künftig haben wird. Bemerkenswerter ist dafür das Lenkrad des Transporters, welches sich den Namenszusatz “Multifunktions-” wirklich verdient. Denn mit einem Handgriff verwandelt sich das Volant wahlweise in eine Laptop-Halterung oder in einen kleinen, aber auf den ersten Blick brauchbaren Esstisch.